Mit seiner „Botterramm“ leitete ein Kölner Apotheker den Siegeszug der Margarine ein, sogar Willy Millowitsch pries das Streichfett im Fernsehen an. Den Niedergang der Marke konnte aber selbst er nicht stoppen.
Kölner Marken-SerieWie Botterram Köln zur deutschen Margarinehauptstadt machte
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Ein Botterram-Werbegeschenk von 1921.
Copyright: Museum für Arbeit in Hamburg
Wer sich in Köln eine Botterram schmiert, meint damit wohl kaum die einst gleichnamige Margarinemarke. Dass das kölsche Butterbrot über die Tore der Stadt hinaus bekanntwurde, lag am Apotheker Benedikt Klein: Vor 150 Jahren stellte er in Köln Margarine im großen Stil her – und nannte sein Streichfett „Botterram“.
Ursprünglich kommt Margarine jedoch nicht aus Köln, sondern aus Frankreich. 1869 befinden sich die Franzosen kurz vor einem Krieg mit Deutschland, das Geld ist knapp. Deswegen sucht Kaiser Napoleon III. nach einer günstigeren Alternative zu Butter, um seine Truppen zu versorgen. Der Chemiker Hippolyte Mège-Mouriès entwickelt daraufhin ein preiswertes Fett aus Rindertalg. Weil sein Streichfett wie eine Perle schimmert, heißt es „Margerine-Mouriés“ – inspiriert vom griechischen Wort für Perlmuschel.
Die erste deutsche Margarinefabrik entstand in Nippes
Der moderne Butterersatz gewinnt rasch an Popularität, schon zehn Jahre später produzieren dutzende Fabriken tonnenweise Margarine. Darunter auch der Apotheker Benedikt Klein: In Köln-Nippes gründet er 1874 die erste Margarinefabrik Deutschlands und produziert dort seine „Botterram“-Margarine. Das Geschäft läuft gut, im Jahr 1888 zieht die Firma an den Gereonswall zwischen Klingelpütz und Hansaring, 1899 nach Neuehrenfeld.
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An der Nußbaumer Straße in Neuehrenfeld ist heute nichts mehr von der alten Margarinefabrik zu sehen: Nur eine Parkfläche lässt noch erahnen, wo die Fabrik einst stand.
Copyright: Marek Michaelis
Margarine gehörte inzwischen zum Alltag der Deutschen, zwischen 1950 und 1955 stieg der Pro-Kopf-Verzehr des Pflanzenfettes von neun auf fast 13 Kilo im Jahr an. Bei den Benedikt-Klein-Werken lief es wortwörtlich wie geschmiert: Bis zu 16 Tonnen Botterram pro Stunde sollen die Maschinen in der Neuehrenfelder Fabrik Anfang der 1960er-Jahre angerührt haben. Im Fernsehen warb derweil ein bekanntes Vater-Sohn-Duo für die Margarine: Willy Millowitsch und Sohn Peter priesen bei einem Ausflug ins Grüne die Margarine als „vitaminreiche, gesunde und hochwertige Pflanzenkost“ an.
Mysteriöse Margarine-Krankheit verunsicherte Verbraucher
Trotz hochkarätiger Werbeträger geriet das Geschäft mit Pflanzenfett ins Stocken. Die Menschen schmierten wieder lieber Butter auf ihr Brot. Zwischen 1958 und 1965 sank die Margarineproduktion in Deutschland von 620 Tonnen im Jahr auf 580 Tonnen – die von Butter stieg im selben Zeitraum um 100 Tonnen an. Zusätzlich machten der Branche Medienberichte über eine mysteriöse Margarine-Krankheit in den Niederlanden zu schaffen. 100.000 Menschen klagten über fiebrige Bläschen auf der Haut, nachdem sie Margarine des Konzerns Unilever gegessen hatten, so berichteten es zumindest die Medien derzeit. Zwar blieb Deutschland von der Epidemie verschont, aber eine Welle der Verunsicherung ließ den Umsatz auch hierzulande einbrechen.
Der Niedergang der Margarine war nicht aufzuhalten. Schließlich verkaufte Firmenchef Robert Klein Botterram 1971 an den niederländischen Konkurrenten Unilever. Vorerst blieb die Produktion in Köln, bevor sie 1987 nach Kleve am Niederrhein zog.
Für einige Jahre war Botterram aus den Supermarktregalen verschwunden. 2017 brachte Unilever dann eine Rapsöl-Butter unter dem Namen „Botterram“ auf den Markt, ein Jahr später kaufte der Lebensmittelkonzern Flora Food Group die Brotaufstrich-Sparte von Unilever. Die Rückkehr auf den Markt war allerdings nur von kurzer Dauer: 2019 fiel Botterram bei „Stiftung-Warentest“ durch – und ist nicht mehr erhältlich. Wer sich heute in Köln noch eine Botterram schmieren möchte, muss dabei also ohne den traditionsreichen Aufstrich auskommen.