Kölner Uhrenhändler mit 100-Millionen-UmsatzChronext streicht Jobs nach Finanzspritze
- Der Kölner Online-Händler Chronext macht mit Luxusuhren einen dreistelligen Millionen-Umsatz.
- Nach einer Finanzspritze über 65 Millionen Dollar entließen die Gründer jedoch einen erheblichen Teil der Belegschaft.
- Die Ex-Angestellten machen Gründer Philipp Man Vorwürfe, dieser wiederum versucht, die Kündigungen zu erklären.
Köln – Gut 26,8 Milliarden Euro setzten die Händler von Luxusuhren im vergangenen Jahr mit Zeitmessern laut dem Statistikportal Statista weltweit um. Mit knapp 100 Millionen Dollar – umgerechnet etwa 92,5 Millionen Euro – hatte die Firma Chronext einen zwar kleinen, aber dennoch beachtlichen Anteil daran.
Philipp Man nennt diese Zahl bei einem Gespräch im Kölner Büro in Ehrenfeld. Man hat den Onlinehändler für neue und gebrauchte Luxusuhren 2013 gegründet und ist noch immer Chef. Als solcher führt er in der vergangenen Woche durch die Räume und zeigt immer wieder auf Monitore, auf denen Umsätze, Ziele oder Verkaufsranglisten für alle Mitarbeiter in Echtzeit einsehbar sind. Philipp Man zeigt die Zahlen unter der Prämisse, dass der Reporter sie im Text nicht nennt. Eine Marke kommuniziert er aber doch: „Unser Ziel ist es, in den nächsten 48 Monaten 500 Millionen Dollar Umsatz zu machen.“
Hauptsitz im Schweizer Ort Zug
Seinen Hauptsitz hat Chronext eigentlich im Schweizer Ort Zug, in Köln sitzen jedoch zahlreiche Manager, Uhrenmacher, Verkäufer und Logistiker. Es sind Dutzende Arbeitsplätze, die Man und sein Mitgründer Ludwig Wurlitzer in Köln geschaffen haben. Auch Philipp Man ist Kölner, oder wie er sagt: „Ich bin ne kölsche Jung. Ich lebe in der Schweiz, aber fühle mich als Kölner und bin hier aufgewachsen. Meine Eltern kommen aus Russland, sind über Wien mit medizinischem Asyl in Deutschland eingewandert. Und ich bin sehr stolz, hier etwas aufzubauen.
Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ und der Rotonda Business Club haben den 28-Jährigen für seine unternehmerischen Erfolge erst kürzlich als „Top 40 unter 40 – Macher im Rheinland“ ausgezeichnet.
Die Idee kam in der WG-Küche
Auch in England hat Man gelebt, ging dort aufs Internat, es folgte der Wirtschafts-Bachelor am King’s College, dann der Master in Cambridge. Internat und King’s College besuchte er gemeinsam mit Wurlitzer. In der WG-Küche kam ihnen, die beide Uhren sammeln, die Idee, eine Handelsplattform für Luxusuhren zu gründen.
Sie haben dem stationären Handel, den Man als hartnäckigste Konkurrenz bezeichnet, in den vergangenen sieben Jahren einen großen Anteil am Milliarden-Markt für Luxusuhren von Marken wie Rolex oder Patek Philippe abgenommen. Für Deutschland beziffert Man den Marktanteil von Chronext mit „wahrscheinlich knapp unter zehn Prozent“.
Gelungen ist das auch mit dem Geld von Investoren – mehr als 100 Millionen Euro Risikokapital sind bereits an Chronext gegangen. Erst Ende Februar, am Veilchendienstag, berichtet das „Handelsblatt“ von einer Finanzspritze in Höhe von umgerechnet gut 60 Millionen Euro durch mehrere Investoren, an deren Spitze der Amsterdamer Fonds Slingshot Ventures steht.
Die neue finanzielle Freiheit will das Unternehmen nutzen, um weiter zu wachsen. Auf der anderen Seite steht das Ziel, nach sieben Jahren endlich Gewinne abzuwerfen: „Das Ziel ist, die Firma in diesem Jahr nachhaltig profitabel zu machen“, sagt Man.
Was allerdings nicht öffentlich gemacht wird: Am gleichen Tag, an dem die Finanzierungsrunde bekannt wird, entlässt Philipp Man einen erheblichen Teil der Chronext-Belegschaft. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ werden 28 Angestellte entlassen – 18 festangestellte, zehn studentische Arbeitskräfte. Zum Zeitpunkt der Entlassung hatte Chronext vermutlich rund 190 Angestellte, was aus einem Interview mit Man aus dem vergangenen Jahr hervorgeht. Aktuelle Mitarbeiterzahlen will er nicht nennen, bloß dass es mehr als 100 seien.
Abfindung angeboten
Demnach wird den gekündigten Personen ein Abfindungsangebot gemacht, das bei 70 Prozent eines Bruttomonatslohns pro halbem Jahr Betriebszugehörigkeit liegen soll. Mehrere Personen berichten dieser Zeitung anschließend, Man habe die Entlassungen ohne echte Erklärung verkündet, auch langjährigen Mitarbeitern sei das Ende in der Firma ohne besondere Fürsorge mitgeteilt worden. Nach Informationen dieser Zeitung klagt mindestens ein Ex-Mitarbeiter gegen die Höhe der Abfindung.
Philipp Man versteht die Kritik an den Entlassungen nicht: „Es gibt keinen schönen Weg, das zu tun, und es gibt schönere Dinge, als sich morgens vor die Firma zu stellen und Angestellte zu entlassen.“ Zudem hätten 80 Prozent der Betroffenen die Abfindung, über deren Höhe Man nicht reden möchte, noch am selben Tag angenommen. Und: „Klagen liegen uns derzeit nicht vor“. Darüber hinaus habe er selbstverständlich erklärt, warum er Mitarbeiter entlassen habe. Alles sei fair abgelaufen: „Mangelnde Transparenz kann man uns nicht anheften.“
Keine Alternative zu Kündigungen
Eine Alternative zu den Kündigungen habe es nicht gegeben, sagt Man. Es hätten sich mit der Zeit Ineffizienzen gebildet, die langfristig nicht mehr tragbar seien, wenn das Unternehmen schwarze Zahlen schreiben wolle. Das habe auch mit der Bereinigung des Portfolios zu tun, so der Chronext-Chef. 3000 Uhren mit einem Preis von weniger als 3000 Euro wurden aus dem Sortiment genommen, noch immer sind rund 7000 Modelle im Angebot. „Seitdem wir das gemacht haben, ist der Umsatz um 50 Prozent gestiegen“, sagt Man, „wir versenden gleichzeitig aber fast 50 Prozent weniger Pakete.“
Philipp Man gibt auch eigene Fehler zu, etwa dass sich das Unternehmen vor Jahren für ein fehlerhaftes Warensystem entschieden habe, das die Arbeit über längere Zeit nicht erleichterte, sondern verkompliziert habe.
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Als Chef von Chronext müsse er nun für die gesamte Belegschaft und die Investoren liefern, „und das heißt, profitabel zu werden“, so der Gründer, was wiederum nichts anderes heißt als Kosten zu sparen, wo immer es geht. „Wir denken weiter wie ein Start-up, wollen uns aber auf der Gewinnseite wie ein Mittelständler aufstellen“.