Bayer weist in der Bilanz erneut einen Milliardenverlust aus, auch dieses Jahr wird ein schwieriges, das ist schon jetzt klar. Noch wird an Bill Anderson nicht gezweifelt, doch er muss jetzt weiter liefern.
KommentarBayer bleibt im Krisenmodus – hoffentlich nur vorerst


Das Bayer Kreuz, das Logo des Unternehmens, leuchtet auf dem Werksgelände von Bayer in Leverkusen.
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Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne – dieser viel zitierte Satz von Hermann Hesse passte auch gut zum Amtsantritt von Bill Anderson als Vorstandschef beim Leverkusener Bayer-Konzern im Sommer 2023. Der US-Amerikaner schaffte es, trotz aller Probleme, die Bayer damals schon hatte, eine gewisse Euphorie zu entfachen. Denn der gebürtige Texaner trat so ganz anders auf als seine Vorgänger. Gänzlich unkompliziert im Umgang, direkt in der Ansprache, klar in der Problemanalyse – und enthusiastisch.
Dass er damals schon die wohl schwierigste Position aller Dax-Chef einnahm, dürfte auch ihm klar gewesen sein. Nun, eineinhalb Jahre später, scheint Anderson in den „Mühen der Ebene“ angekommen. Die Anfangs-Euphorie ist etwas verflogen, bei all den schwerwiegenden Baustellen, die der Traditionskonzern hat.
Bayer weist in der Bilanz erneut einen Milliardenverlust aus, auch dieses Jahr wird ein schwieriges, das ist schon jetzt klar. Die Glyphosat-Klagen bleiben schwer belastend, das Agrargeschäft läuft nicht rund, im Bereich Pharma sind die neuen Bestseller noch nicht so weit am Start, dass sie die Rückgänge der alten, deren Patente sukzessive auslaufen und die kostengünstiger nachgeahmt werden, kompensieren können. Die Aktie dümpelt seit Langem auf unteren Ebenen.
Umstrukturierung kostet tausende Jobs
Dennoch, die Zahlen sind besser ausgefallen, als zuvor von vielen befürchtet. Und in der von Anderson eingeleiteten Umstrukturierung gibt es auch erste Erfolge zu vermelden. Die Schuldenlast, die den Konzern viel Handlungsfähigkeit gekostet hat, konnte gesenkt werden. Es wurde gespart und das soll es auch weiterhin, und zwar deutlich. Zahlreiche Hierarchien wurden abgeschafft, Teams bekommen mehr Eigenverantwortung, um die Beschäftigten endlich weg von kräftezehrenden internen Prozessen und wieder an das Produkt und den Kunden zu bringen.
Das hat viele Jobs gekostet. 7000 Stellen hat Bayer bereits abgebaut, vor allem im mittleren Management. Das ist bitter für viele Beschäftigte. Allerdings sind die Abfindungen im Vergleich zu vielen anderen Unternehmen im Dax großzügig bemessen. Hilfe bei der Suche nach einem neuen Job und weitere Leistungen mögen die Situation so hoffentlich für viele handhabbarer machen.
Ab 2026 will Anderson den Turnaround schaffen und es soll dann wieder bergauf gehen. Wie er selbst gesagt hat, gibt es noch viel Arbeit. Die Anleger und Beobachter sind zwischen Krisenmodus und Comeback-Hoffnung. Und warten ab. Noch wird nichts lautstark infrage gestellt – weder eine mögliche Zerschlagung des Konzerns, wie es etwa noch vor einem Jahr der Fall war, noch Änderungen in der Führung. Sollte die Strategie nicht aufgehen, wird sich das allerdings schnell ändern.