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BilanzBayer macht erneut Verlust und baut massiv Stellen ab

Lesezeit 5 Minuten
ARCHIV - 10.12.2024, Nordrhein-Westfalen, Leverkusen: Bill Anderson, Vorstandsvorsitzender der Bayer AG, sitzt bei einem Fototermin in der Zentrale des Unternehmens. (zu dpa: «Chemiekonzern Bayer erneut vor schwierigem Jahr») Foto: Henning Kaiser/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Bill Anderson, Vorstandsvorsitzender der Bayer AG, steuert den Konzern in schweren Zeiten.

Der einstige Vorzeige-Konzern im Dax hat weiterhin mit zahlreichen Problemen zu kämpfen. Tausende Mitarbeiter mussten schon gehen.

Der Leverkusener Bayer-Konzern bleibt auch weiter in wirtschaftlich schwerem Fahrwasser. Im vergangenen Jahr musste der Agrar- und Pharma-Riese erneut einen Verlust hinnehmen. Unter dem Strich rutschte er mit einem Minus von 2,55 Milliarden Euro erneut tief in die roten Zahlen. Ein Jahr zuvor hatte der Verlust bereits bei 2,94 Milliarden gelegen. Und auch für das laufende Jahr sind die Aussichten verhalten. Erst 2026 könnte es wieder bergauf gehen. „Wir haben noch Arbeit vor uns“, sagte Vorstandschef Bill Anderson am Mittwoch bei der Vorlage der Bilanz in Leverkusen.

Die Probleme sind die bekannten: Schwäche im Agrargeschäft, Medikamente, deren Patente auslaufen und deren Erträge noch nicht durch neue, sogenannte Blockbuster kompensiert werden können. Hinzu kommen milliardenschwere Klagen in den USA wegen Glyphosat und mittlerweile auch PCB sowie die bürokratische Schwerfälligkeit, die ein Konzern in dieser Größe mit sich bringt.

7000 Jobs sind bereits bei Bayer abgebaut

In letztem Punkt versuchen Anderson und Personalvorständin Heike Prinz massiv umzusteuern. Im Zuge der Einführung des Organisationsmodells „Dynamic Shared Ownership“ (DSO) wurden rund 7000 Stellen gestrichen, vor allem im Management. Ende 2024 beschäftigte Bayer damit auf Vollzeitstellen umgerechnet noch 92.800 Menschen. Zudem sei die Zahl der Führungsebenen etwa halbiert worden, so Prinz, um so den einzelnen Teams in den verschiedenen Bereichen mehr Verantwortung zu geben.

Damit wird auch kräftig gespart. Bis Ende 2024 seien die Kosten wie angekündigt um 500 Millionen Euro gesenkt worden, 2025 sollen es weitere 800 Millionen Euro sein. Ab 2026 sollen dann dauerhafte Einsparungen von zwei Milliarden Euro erreicht werden.

Schuldenlast gesenkt – Bayer-Dividende bleibt auf Minimum

Denn eine weitere Baustelle ist die hohe Schuldenlast – auch in Folge der Übernahme des US-Unternehmens Monsanto. Hier kann Bayer allerdings erste Erfolge vermelden. Bis Ende 2024 sanken die Verbindlichkeiten um 5,4 Prozent auf 32,6 Milliarden Euro.

Dazu müssen aber auch die Aktionäre einen Beitrag leisten. Von 2024 an zahlt der Konzern für drei Jahre nur die vorgeschriebene Mindestdividende, das sind für 2024 elf Cent je Aktie.

Klagewelle bleibt Mühlstein

Weiterhin finanziell sehr belastend bleiben die Rechtsstreitigkeiten in den USA. Verklagt wird Bayer dort nicht mehr nur wegen angeblicher Krebsrisiken des Monsanto-Unkrautvernichters Glyphosat, sondern auch wegen möglicher Folgen der bis 1978 verkauften Chemikalie PCB. Beide gehören zum schweren Erbe von Monsanto. Für Schadenersatzzahlungen und außergerichtliche Vergleiche allein im Fall Glyphosat hat der Konzern bisher weit mehr als zehn Milliarden Euro aufgewendet. Die Zahl der angemeldeten Glyphosat-Klagen stieg hier zuletzt um 4000 auf insgesamt etwa 181.000. 114.000 Klagen hat der Konzern bereits beigelegt, für 67.000 Ansprüche stehen Einigungen derzeit noch aus.

Um die Klagewelle einzudämmen, setzt Bayer zum einen weiterhin auf ein Grundsatzurteil des obersten US-Gerichts, des Supreme Courts. Es sei nicht nachvollziehbar, dass unterschiedliche US-Gerichte zu teils widersprüchlichen Urteilen kommen, betont Anderson. Unklar ist dabei aber weiterhin, ob das oberste US-Gericht, sich der Sache überhaupt annimmt. Bayer ist hier bereits einmal in der Vergangenheit gescheitert.

Zudem habe man die Lobby-Arbeit weiter verstärkt. Man sei im Gespräch mit Politikern auf Bundes- und Staatenebene und hole sich gezielte Unterstützung von Farmergruppen, sagte Anderson. Fakt bleibt aber, dass die Lage unter der neuen Trump-Administration nicht leichter werden dürfte. Mit Trump persönlich habe er noch nicht gesprochen, sagte Anderson, der im Januar an der Amtseinführung von Donald Trump teilgenommen hatte. Der neue Gesundheitsminister Robert Kennedy jr. gilt als Impf- und Glyphosatgegner.

Massiver Umbau bei Bayer im Agrar-Segment

Das Agrarsegment bleibt weiter das Sorgenkind. Dabei hatte man sich mit der Übernahme von Monsanto in Leverkusen genau das Gegenteil versprochen. Zuletzt sank im wichtigen Markt Südamerika die Nachfrage nach Pflanzenschutzmitteln, die Preise fielen drastisch. Der Sparten-Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen brach um 14 Prozent ein. Nun soll massiv gegengesteuert werden. Konzernchef Bill Anderson und sein Crop Science-Vorstand Rodrigo Santos kündigten einen „umfassenden Plan für die kommenden fünf Jahre“ an. Damit soll das Produktportfolio sowie Forschung und Entwicklung gestrafft und der Vertrieb neu ausgerichtet werden. Bis 2029 soll dieses Paket Ergebnisbeiträge von mehr als einer Milliarde Euro jährlich bringen.

Pharma läuft besser als erwartet

Auch in der Pharmasparte sank das operative Ergebnis im vergangenen Jahr. Für einen der Bestseller, den Blutgerinnungshemmer Xarelto, laufen in den verschiedenen Regionen der Welt nach und nach Patente aus. Nachahmerpräparate erhöhen den Wettbewerbsdruck. Das starke Wachstum noch junger Medikamente wie Nubeqa gegen Prostatakrebs und Kerendia zur Behandlung einer chronischen Nierenerkrankung von Diabetikern kann das noch nicht ganz auffangen - auch weil bei noch recht neuen Medikamenten in der Regel erst einmal vergleichsweise höhere Marketing- und Vertriebskosten anfallen.

Einen nur leichten Gewinnrückgang verzeichnete das Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten der Sparte Consumer Health, die Klassiker wie Aspirin oder die Heilsalbe Bepanthen im Programm hat.

Im Gesamtüberblick ging der Konzern-Umsatz 2024 um 2,2 Prozent auf 46,6 Milliarden Euro zurück. Der bereinigte operative Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sackte um 13,5 Prozent auf 10,1 Milliarden Euro ab.

Für 2025 peilt Bayer einen Umsatz von 45 Milliarden bis 47 Milliarden Euro an. Beim bereinigten Ebitda inklusive Währungseffekten rechnet das Unternehmen mit einem Rückgang auf 9,3 Milliarden bis 9,8 Milliarden Euro. Bayer-Chef Bill Anderson hofft allerdings, den Konzern bald aus der Misere führen zu können. Ab 2026 soll es auch dank der fortschreitenden Neuorganisation wieder besser laufen.