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Rückblick 2024Auch Bill Anderson beendete Bayers Leiden nicht

Lesezeit 3 Minuten
Bill Anderson vor Bayers Konzernzentrale

Bill Anderson versucht, das Ruder bei Bayer herumzureißen. Bisher mit wenig Erfolg.

2024 sollte für den Leverkusener Konzern ein Jahr des Aufbruchs werden. Doch der lässt auf sich warten.

Es hätte auch ein schönes Jahr werden können: 125 Jahre Aspirin, eine neue Biographie zu dessen von den Nazis nicht mehr gewollten Miterfinder Arthur Eichengrün – Bayer hatte durchaus etwas zu feiern. Das galt zwar schon nicht für die Mitglieder des Vorstands. Denn deren Boni waren wegen der mauen Geschäftszahlen schon im Vorjahr dermaßen zusammengeschrumpft, dass unterm Strich nur noch halbe Jahresgehälter blieben.

Das galt aber nicht für Bill Anderson: Dessen Einkommen wurde durch eine Ausgleichszahlung aufgestockt, die mit seinem Weggang von Roche zusammenhängt. Vier Millionen Euro waren das. So setzte sich der im Frühjahr 2023 berufene, neue Bayer-Chef weit von seinem Vorstandsteam ab. Finanzchef Wolfgang Nickl etwa wurden nur 1,4 Millionen Euro ausgezahlt. Anderson bekam sechseinhalb.

Das hatte etwas von Schmerzensgeld, wie sich im Jahresverlauf zeigen sollte. 2024 war für den Konzern mal wieder das, was Andersons Vorgänger gerne als „Jahr des Übergangs“ bezeichneten. Gemeint war: Es läuft mau, aber bald wird alles besser.

Ob’s so kommt, muss sich indes noch erweisen: Neben dem Trauma Glyphosat bekam im Lauf von 2024 ein anderes Monsanto-Erbstück immer mehr Aufmerksamkeit: PCB. Auch da gibt es Klagen, auch da schließt Bayer Vergleiche, die natürlich viel Geld kosten. Die sind bei weitem nicht so kostspielig wie im Glyphosat-Komplex, der immer weitere Milliarden verschlingt. Jetzt soll Bayer dieses Thema ganzheitlich angehen, ist Andersons Rezept. Ob der Konzern damit Erfolg hat? Das ist kaum abzuschätzen. Herr des Verfahrens ist weder Bill Anderson noch sonst irgendjemand an der Kaiser-Wilhelm-Allee.

Dort indes kreist der Hammer, seit der Neue an der Spitze dem in 161 Jahren gewachsenen Hierarchie-System eine tiefgreifende Entschlackungskur verordnet hat. Bayer preist DSO – das steht für Dynamic Shared Ownership – nach außen hin als „beispiellose Transformation“. Sie soll aus einem nach Andersons Geschmack reichlich unbeweglichen Konzern ein agiles Unternehmen machen, in dem alles sehr viel schneller geht. Das kostet Jobs in verantwortlichen Positionen und sorgt für viel Verunsicherung in der Bayer-Verwaltung.

Daran ändert auch nichts, dass die Verluste an Führungspositionen oder gleich der ganzen Stelle ordentlich ausgepolstert werden. „Bayer-like“, diese Umschreibung für großzügige Abfindungen, Hilfe bei der Suche nach einem neuen Job und weitere Leistungen mögen die Situation für viele handhabbarer machen.

Die Stimmung im Konzern hebt das aber nicht. Allerdings ist es Anderson damit gelungen, den Betriebsrat und die Vertretung der Leitenden Angestellten, den Sprecherrat, zu befrieden. Nach außen gibt sich Bayers oberste Betriebsrätin Heike Hausfeld als Befürworterin der neuen Personalstruktur. Die muss jetzt nur noch bilanzierbare Erfolge zeitigen. Zwar müht sich Bayer, die eine oder andere Neuerung als DSO-Effekt darzustellen. Aber auf den großen Umbruch wird man noch warten müssen, da ist Geduld gefragt.

Die haben die Anleger aber schon lange verloren, die Zahlen geben auch nichts anderes her. Bayer hat in den wesentlichen Geschäftsbereichen Probleme. Das fängt bei einer dürftig bestückten Pharma-Pipeline an und hört bei Wetterkapriolen auf, die dem seit dem Monsanto-Kauf prägenden Agrochemie-Geschäft weht tun. Das Ergebnis: Die Bayer-Aktie wird immer billiger.