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Kostenexplosion bei Kfz-ReparaturWarum die EU den Autobauern bei ihren Preiserhöhungen hilft

Lesezeit 3 Minuten
21.03.2023, Köln-Raderthal, das Linea-Autohaus am Raderberggürtel will die 4-Tage-Woche für Mechaniker einführen.

Mechaniker in einer Kfz-Werkstatt.

Automobilhersteller können durch eine EU-Richtlinie immer mehr Geld für sichtbare Ersatzteile verlangen - zum Leidwesen der Versicherer und Autofahrer.

Wer in den vergangenen Monaten einen Unfall mit seinem Pkw hatte, dürfte es auf der Abrechnung seiner Werkstatt überdeutlich gesehen haben: Die Preise für Ersatzteile wie Scheinwerfer, Windschutzscheiben und Kotflügel sind enorm gestiegen.

Laut Berechnungen des Versicherungs-Gesamtverbands GDV haben die Fahrzeughersteller die Preise für bei Unfällen häufig beschädige Komponenten allein zwischen August 2022 und August 2023 im Schnitt um 9,7 Prozent erhöht. Und auch im laufenden Jahr seien sie laut Branchenexperten weiter auf dem Weg nach oben. „Einige Ersatzteile wurden noch teurer: So kostet eine hintere Autotür sogar über 13 Prozent mehr als im Vorjahr“, sagte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen jüngst.

Inflation ist laut GDV keine Erklärung

Dabei sei der signifikante Preisanstieg nicht wie in anderen Wirtschaftsbereichen mit der vergleichsweise hohen Inflationsrate zu erklären. „Die Kosten für Pkw-Ersatzteile steigen rasant und deutlich schneller als die Inflationsrate“, sagt Asmussen. Denn während der Verbraucherpreisindex seit Januar 2013 um knapp 28 Prozent stieg, erhöhten Autohersteller ihre Ersatzteilpreise laut dem Verband um mehr als 70 Prozent. Kofferraumklappen und hintere Seitenwände wurden in diesem Zeitraum 93 Prozent teurer, Rückleuchten um 97 Prozent.

Dahinter steht ein klares Kalkül der Autobauer, deren Ertragslage durch die Transformation zur Elektromobilität leidet. Auch der starke Wettbewerb durch neue Anbieter aus China und den USA setzt der heimischen Autoindustrie zu. Bei Ersatzteilen hingegen haben die Hersteller ein Quasi-Monopol. Das gilt vor allem für solche, die am Auto besonders sichtbar sind. Anders als etwa bei Kupplungen, Elektrik-Komponenten oder Motorteilen können Werkstätten Kotflügel, Windschutzscheiben oder Scheinwerfergehäuse in der Regel nicht einfach bei günstigen Alternativ-Anbietern kaufen.

Dabei hilft der Autoindustrie die sogenannte Designschutz-Richtlinie der EU. Sie gibt vor, dass die Erscheinungsform und das Aussehen eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon unter bestimmten Voraussetzungen geschützt werden kann. So soll etwa verhindert werden, dass ein Wettbewerber ein Auto auf den Markt bringt, das dem Konkurrenz-Modell zu ähnlich sieht.

In der Praxis heißt das, dass für die Reparatur eines Unfalls, selbst bei einem geringfügigen Blechschaden, teure Original-Ersatzteile verwendet werden. Denn der Designschutz gilt laut deutschem Recht für alle sichtbaren Karosserieteile wie Kotflügel, Motorhauben, Außenspiegel, Scheinwerfer, Leuchten oder Türen – alles Teile, die bei Unfällen häufig beschädigt werden.

Schadensumme steigt von 2400 auf 3700 Euro

In der Folge können die Hersteller also munter die Preise erhöhen, ohne Wettbewerb oder Absatzeinbußen fürchten zu müssen. Sehr zum Leidwesen der Versicherer, die die Schäden regulieren müssen. Im Jahr 2022 habe ein Pkw-Sachschaden die Kfz-Haftpflichtversicherer im Durchschnitt rund 3700 Euro gekostet, was gegenüber dem Jahr davor bereits einen Anstieg um 8,4 Prozent brachte. 2013 habe der Durchschnittswert noch bei 2400 Euro gelegen, heißt es vom GDV.

Die Leidtragenden sind am Ende die Verbraucher. „Im Kfz-Markt sind die Kosten explodiert – sowohl die Stundensätze in den Werkstätten als auch die Preise für Ersatzteile. Deshalb kann es im Markt zu deutlichen Anpassungen bei den Tarifen in der Kfz-Versicherung kommen“, sagt Oliver Schoeller, Vorstandschef der Kölner Gothaer Versicherung. Er rechne damit, dass einige Kfz-Versicherer die Preise noch in diesem Jahr deutlich erhöhen werden. Auch die BaFin habe die Versicherer aufgefordert, sicherzustellen, dass die Sparte nachhaltig wirtschaftlich agiert, sagt Schoeller im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Mit Blick auf die Kosten der Ersatzteile seien die Autobauer die Treiber der Preise. „Die Hersteller sind unter massivem Ertragsdruck, nicht zuletzt aufgrund des starken geopolitischen Wettbewerbsdrucks aus Asien und den USA.“

Eine Einschätzung, die auch der Chef der Kölner Assekuranz DEVK, Gottfried Rüßmann, teilt. „Die Beiträge für Kfz-Versicherungen sind im abgelaufenen Jahr 2023 um zehn Prozent gestiegen“, sagte Rüßmann jüngst bei der Bilanzpressekonferenz der DEVK. Für das laufende Jahr erwarte er sogar einen Anstieg von 12,3 Prozent.