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Lanxess-Chef„Haben mehr als eine Milliarde Euro für Übernahmen zur Verfügung“

Lesezeit 4 Minuten
Lanxess_Tower

Lanxess hat sich klare Ziele für Klimaneutralität gesteckt.

Köln – Matthias Zachert, Vorstandschef des Kölner Spezialchemiekonzern Lanxess, hat am vergangenen Wochenende die Übernahme des US-Unternehmens Emerald Kalama Chemical unterschrieben. Mit einem Volumen von rund 870 Millionen Euro ist es die zweitgrößte Übernahme der Lanxess-Geschichte. Drei Viertel seines Umsatzes erzielt Kalama mit Spezialchemikalien für Lebensmittel, Haushalt und Kosmetik. Innerhalb eines Monats hat Lanxess nun drei Zukäufe angekündigt. Konzernchef Zachert hat mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ über die Einkaufstour gesprochen, welche Strategie der Kölner Konzern verfolgt und was er vom neuen US-Präsidenten Joe Biden hält.

Herr Zachert, Lanxess ist mitten in der Corona-Krise auf großer Einkaufstour. Gestern haben Sie die dritte Übernahme in kurzer Zeit in die Wege geleitet. Was ist Ihre Strategie dabei?

Wir richten uns auf Klasse statt Masse aus und haben uns in den vergangenen Jahren zunehmend starke Positionen in spezialisierten Märkten erarbeitet. Nachdem wir uns von Massengeschäften getrennt haben, sind wir 2021 ganz klar in einer Phase des anorganischen Wachstums, also der Zukäufe. Lanxess kann dabei aus einer Position der Stärke agieren, weil wir 2020 operativ sehr gut gemeistert haben. Mit Kalama übernehmen wir nun ein Geschäft, dessen Produkte unter anderem in der Lebensmittelindustrie zum Einsatz kommen, etwa bei Geschmacks- und Aromastoffen. Das ist sehr konsumentennah und verspricht hohe Margen.

Lanxess-Chef Matthias Zachert

Matthias Zachert, Vorstandsvorsitzender von Lanxess, beim Interview im Lanxess Tower am Kölner Rheinufer

Sie übernehmen auch den Verpackungsspezialisten Intace, der in der Lebensmittelbranche angesiedelt ist. Agieren Sie nach dem Motto: Gegessen wird immer – und wir wollen daran verdienen?

Es gibt in der Lebensmittelbranche den Trend zu immer höheren Standards und noch mehr Produktsicherheit. Das ist ein Wachstumsmarkt. Und wir können mit unseren Technologien für höchst reine Produkte in diesem Bereich sehr erfolgreich punkten. Wir sind hier bereits stark und bauen unsere Position mit Kalama weiter aus.

Die junge Sparte Consumer Protection, in der neben Lebensmittel-Technologien auch Desinfektionsmittel angesiedelt sind, war 2020 sehr erfolgreich. Nimmt sie im Konzern auch künftig eine wichtigere Rolle ein?

In der Pandemie-Krise wächst die Sparte, denken Sie an unsere Desinfektionsmittel. Nicht nur den Umsatz des Segments haben wir erweitert, sondern konnten auch die Profitabilität steigern. 2020 werden wir hier mit einer Marge über 20 Prozent abschließen. Jetzt kaufen wir mit Kalama einen Umsatz von rund 400 Millionen Euro zu, der das Segment auf 1,5 Milliarden Euro katapultieren wird. Das ist eine starke Säule im Lanxess-Konzern.

Soll die Sparte auch gegenüber zuletzt schwächeren Geschäften im Konzern aufgewertet werden?

Wir mögen alle unsere vier Segmente und wollen in allen Bereichen wachsen. Ich gehe davon aus, dass sich 2021 sämtliche Segmente wieder erfreulich entwickeln werden. Auch die, die durch die Automobilindustrie stark gebeutelt waren. Wir sehen schon jetzt, dass das Segment Engineering Materials, das hart getroffen war, mit Verve zurückkommt.

Zu Person und Unternehmen

Matthias Zachert, 1967 in Bonn geboren, ist seit 2014 Vorstandsvorsitzender des Kölner Spezialchemiekonzerns Lanxess. Nach seiner Ausbildung zum Industriekaufmann bei Mercedes-Benz studierte er von 1990 bis 1995 Betriebswirtschaft. Zachert war unter anderem tätig für Aventis Pharma, Kamps und Merck. Von 2004 bis 2011 war er Lanxess-Finanzvorstand.

Der Spezialchemiekonzern Lanxess entstand 2004 durch eine Ausgliederung der Chemie- und Teilen der Polymersparte des Leverkusener Bayer-Konzerns. Das Kerngeschäft bilden die Entwicklung, Herstellung und der Vertrieb von zum Beispiel chemischen Zwischenprodukten, Spezialchemikalien oder Kunststoffen. Lanxess beschäftigt derzeit etwa 14400 Mitarbeiter in 33 Ländern. Im Jahr 2019 machte das Unternehmen einen Umsatz von 6,8 Milliarden Euro. (hge, red)

Planen Sie folgerichtig auch Übernahmen bei Zulieferern der Automobilbranche?

Bei unseren Engineering Materials ist organisches Wachstum die Priorität, der Markt ist bereits stark konsolidiert. Sollte sich eine Möglichkeit auftun, würden wir aber auch in diesem Segment Akquisitionen in Betracht ziehen.

Ist Ihre Einkaufstour nun beendet oder stehen weitere Übernahmen an?

Wir sind jetzt, in einer der härtesten Rezessionen der Chemischen Industrie in der Nachkriegszeit, in der Lage, als aktiver Spieler mitzuwirken und weiter zu wachsen. Das ist eine phänomenale Ausgangssituation, für die wir lange Jahre fokussiert und diszipliniert gearbeitet haben. Unsere finanzielle Stärke ist längst nicht aufgebraucht.

In welcher Größenordnung können Sie zukaufen?

Wir haben weiter mehr als eine Milliarde Euro für Übernahmen zur Verfügung.

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Mit Kalama verstärken Sie Ihre Präsenz in den USA. Investieren Sie dort lieber, seitdem Joe Biden Präsident ist?

Regierungen kommen und gehen, und wir haben in den USA immer investiert und auch eingekauft. Aber wir freuen uns darüber, dass dort jetzt nicht mehr dogmatisch, sondern pragmatisch entschieden wird. Und dass die neue Regierung eher auf Multilateralismus statt auf Nationalismus zu schauen scheint und gute Handelsbeziehungen wieder wertschätzt.