Deutschlands letzte große Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof bekommt eine letzte Chance – aber der Steuerzahler und die Gläubiger verlieren erneut enorme Summen.
Kommentar zur RettungGaleria bekommt eine letzte Chance – zurück bleibt ein Scherbenhaufen
Die Gläubiger hatten keine andere Wahl als dem Insolvenzplan für Galeria Karstadt Kaufhof zuzustimmen, denn ansonsten hätten sie noch mehr, wenn nicht gar alles verloren. Nun also wieder alles auf Neuanfang, mit der bangen Hoffnung, dass dieser nun endlich gelingen soll.
Insolvenz Galeria Karstadt Kaufhof: Zurück bleibt ein Scherbenhaufen
Zurück bleibt, wie nach der letzten Insolvenz, ein Scherbenhaufen. Wieder verlieren rund 4000 Menschen ihre Jobs, wieder werden mehr als 40 Filialen vor allem in kleineren Städten geschlossen. Und nach zwei Milliarden verlieren die Gläubiger diesmal eine Milliarde Euro. Den größten Anteil trägt dabei der Steuerzahler mit mehr als einer halben Milliarde Euro an verlorenem Kredit.
Schon bei der letzten Pleite verausgabte sich die öffentliche Hand etwa mit dem Insolvenzgeld für die damals noch knapp 20.000 Beschäftigten in Millionenhöhe. Zu bedeutend war die Existenz der vielen Beschäftigten zu Beginn der Pandemie und die Funktion der Warenhäuser in vielen Städten in den Augen der Politik damals – obwohl es auch viele Stimmen gab, die ernsthaft bezweifelten, dass ein neuer Start gelingen würde. Sie haben leider recht behalten.
Galeria Karstadt Kaufhof: Wechsel in der Führung an einen Vertrauten
Und reicht es diesmal? Galeria ist zwar vorerst gerettet, aber noch lange nicht saniert. Der Plan für eine Neuaufstellung von Deutschlands letztem Warenhauskonzern liest sich im Kern ähnlich wie beim letzten Mal. Mehr Regionalisierung, mehr Mode und mehr Wertigkeit, ein größeres Gastronomieangebot sowie Kooperationen mit „innenstadtrelevanten Partnern wie Bürgerbüros“. Klingt nicht nach grundlegender Neuausrichtung. Aber vielleicht schafft es die Galeria-Führung wenigstens diesmal, das Konzept konsequent umzusetzen.
Ebenfalls wie bei der letzten Pleite – ein neues, aber bekanntes Gesicht im Chefsessel. Der ehemalige Kaufhof-Chef Olivier Van den Bossche, der bereits als Vertriebschef bei Galeria arbeitet, bewegt sich in der neuen Position auf vertrautem Terrain. Zuvor vollzog sich der Wechsel an der Spitze von Stephan Fanderl zu Führungsmitglied Miguel Müllenbach.
Der behauptete einst, dass der Steuerzahler durch den Galeria-Kredit weder ein Risiko noch einen Nachteil erleiden würde. Nun kann er sich über einen Job in der Geschäftsführung der Galeria-Muttergesellschaft Signa Retail sowie einen Sitz im Aufsichtsrat von Galeria freuen. Einer klaren Neuausrichtung hätte unter Umständen auch eine mutigere Besetzung der Spitzenposition gutgetan.
Dass die Konzern-Eigentümerin, die österreichische Signa-Gruppe von René Benko, 200 Millionen Euro zur Verfügung stellt, ist richtig – immerhin. Es ist nicht das erste Mal, dass der Milliardär Benko den Konzern stützt. Aber ist es dabei auch fraglich, ob er sich sein Warenhaus-Imperium nicht schon zum zweiten Mal auf Kosten der Gläubiger und des Steuerzahlers „gesund“ schrumpfen lässt. Denn ohne Insolvenz wäre er Schulden, Filialen und Mitarbeiter nicht so einfach losgeworden.
Schutzschirmverfahren für Galeria Karstadt Kaufhof
Schließlich bleibt er bei einem Schutzschirmverfahren, wie Galeria es beide Mal gewählt hat, mit am Verhandlungstisch sitzen und kann im Gegensatz zu einer klassischen Insolvenz, wo der Insolvenzverwalter komplett übernimmt, weiter mitentscheiden. Und bei den glänzenden Zahlen von Signa auch in der Pandemie, bleibt auch die Frage, ob Benko nicht noch deutlich mehr hätte tun können oder sogar müssen.
So oder so – eine dritte Insolvenz wird es nach Einschätzung von Experten wohl kaum geben. Jetzt muss der Neustart gelingen – sonst ist wohl Schluss.