Immer mehr Unternehmen zahlen laut Creditreform ihre Rechnungen mit größerer Verzögerung. Schuld ist die schlechte Wirtschaftslage - auch in Köln und der Region.
Mehr offene RechnungenZahlungsmoral ist in NRW besonders schlecht
Die Zahlungsmoral der Unternehmen hat sich deutlich verschlechtert – sowohl landes- als auch bundesweit. Im dritten Quartal 2024 haben laut der Auskunftei Creditreform Firmen branchenübergreifend 8,4 Tage zu spät gezahlt, im Vorjahreszeitraum waren es noch 7,6 Tage. Die Unternehmen in Nordrhein-Westfalen sind besonders stark in Verzug: Sie bezahlten von Juli bis September im Schnitt 9,9 Tage zu spät, vor einem Jahr waren es hier ebenfalls noch 7,6 Tage.
Damit ist die Zahlungsmoral in Nordrhein-Westfalen mit am schlechtesten, nur Firmen in Schleswig-Holstein (11,2 Tage) und Mecklenburg-Vorpommern (11,5 Tage) zahlten noch später. Am pünktlichsten bezahlen übrigens Unternehmen in Bayern (6,9 Tage), Baden-Württemberg (7,3 Tage) und Hessen (7,7 Tage).
Liquidität könnte sukzessive aufgezehrt werden
„Die gesamtwirtschaftliche Rezession und vor allem die Verwerfungen in der Industrie sowie den Betrieben in der Wertschöpfungskette führten in vielen Fällen zu Liquiditätsengpässen. Die verschlechterte Zahlungsmoral ist eine Folge davon“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform. „Wir gehen davon aus, dass die Liquidität vor allem bei kleinen und mittelständischen Unternehmen sukzessive aufgezehrt wird.“
Trotz der zahlreichen Krisen hatte sich der Zahlungsverzug im vergangenen Jahr wieder verbessert. Dies scheint nun vorbei zu sein: „Viele der staatlichen Subventionen aus der Corona-Zeit müssen nun zurückgezahlt werden, die Wettbewerbssituation für deutsche Unternehmen hat sich signifikant verschärft und politisch blicken wir auf eine längere Phase der Unsicherheit, die gerade jetzt zur Unzeit kommt“, sagt Hantzsch.
Mit Abstand am schlechtesten ist die Zahlungsmoral im Baugewerbe: Firmen sind hier im Schnitt 12,6 Tage im Verzug, ähnlich wie im Vorjahreszeitraum (12,3 Tage). Bei den Grundstoffen haben sich die Verzugstage um 1,6 auf 9,1 Tage erhöht. Noch schlechter ist die Entwicklung nur bei den Konsumgütern (plus 1,7 Tage) und im Großhandel (plus 2,7 Tage). Im Einzelhandel stehen 6,5 Tage im dritten Quatal 2023 den 7,3 Tagen im dritten Quartal 2024 gegenüber.
Insolvenzen auf Höchststand seit 14 Jahren
Die schwierige wirtschaftliche Lage spiegelt sich auch in der Zahl der Insolvenzen wider. So ist die Zahl der Firmenpleiten jüngst auf einen Rekordwert gestiegen. Im dritten Quartal 2024 lag die Zahl der Insolvenzen so hoch wie in keinem anderen Quartal seit 2010. Das geht aus den Daten des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hervor.
In den ersten neun Monaten 2024 sei mit 3.991 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften ein Höchstwert der vergangenen 14 Jahre verzeichnet worden. Zuletzt habe im zweiten Quartal 2010 mit 4.071 Insolvenzen der Wert höher gelegen. Damals habe noch die Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008/2009 nachgewirkt, heißt es seitens des IWH. „Das Insolvenzgeschehen befindet sich derzeit auf einem deutlich erhöhten Niveau“, sagt Steffen Müller, Leiter der IWH-Insolvenzforschung. Neben der aktuellen Schwächephase der deutschen Wirtschaft spielen dabei auch Nachholeffekte aus der Corona-Pandemie eine Rolle, sagt auch Müller. Damals wurde die Zahl der Insolvenzen durch staatliche Stützungsprogramme künstlich niedriggehalten.
Verlust von Arbeitsplätzen
Viele dieser Firmen geraten nun in Schwierigkeiten. Basierend auf den IWH-Frühindikatoren rechnet Steffen Müller in den kommenden Monaten mit weiter steigenden Insolvenzzahlen. Deutlich schneller als die amtliche Statistik liefert der IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) damit einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen.
Schließungen großer Unternehmen führen zudem zu erheblichen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den betroffenen Beschäftigten, heißt es weiter. Und natürlich auch zum Abbau und Verlust von Arbeitsplätzen. Die Zahl der von Großinsolvenzen betroffenen Jobs liefert zudem einen guten Hinweis für die Gesamtzahl der von Insolvenz betroffenen Arbeitsplätze.
Laut IWH-Insolvenztrend waren im September in den größten zehn Prozent der insolventen Unternehmen fast 23 000 Arbeitsplätze betroffen. Damit liegt die Zahl der betroffenen Beschäftigten mehr als die Hälfte über dem Vormonatswert, 75 Prozent höher als im September 2023 und 350 Prozent über dem Durchschnitt eines typischen Septembers der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019.