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Meta will Low-Performer loswerdenWer zu wenig Leistung bringt, fliegt – Geht das auch bei uns?

Lesezeit 4 Minuten
Mark Zuckerberg ist der CEO von Meta. Der Facebook-Konzern will Medienberichten zufolge in diesem Jahr rund fünf Prozent seiner Mitarbeiter austauschen. (Archivbild)

Mark Zuckerberg ist der CEO von Meta. Der Facebook-Konzern will Medienberichten zufolge in diesem Jahr rund fünf Prozent seiner Mitarbeiter austauschen. (Archivbild)

Meta-Chef Zuckerberg will loswerden, wer nicht genug leistet, und dafür Leistungsträger einstellen. Wäre so etwas auch hierzulande denkbar?

Der Facebook-Konzern Meta will Medienberichten zufolge in diesem Jahr rund fünf Prozent seiner Mitarbeiter austauschen. Geht es nach Chef Mark Zuckerberg, fliegen diejenigen raus, die zu wenig Leistung bringen, um Platz für High-Performer zu machen. Als Entscheidungsgrundlage will Zuckerberg Leistungsbewertungen heranziehen. Im Februar sollen sie für das abgelaufene Jahr fertiggestellt sein, dann wird sich zeigen, ob der Meta-Gründer Ernst macht. Meta hatte nach jüngsten Angaben rund 72.000 Mitarbeiter, sodass etwa 3600 Jobs betroffen sein könnten.

„Wir haben kein Problem mit Leistung“

Auch in Deutschland dreht sich die Diskussion immer wieder um die Leistungsbereitschaft von Beschäftigten. 2024 ist unsere Wirtschaft erneut geschrumpft, wir befinden uns im Spagat zwischen Vier-Tage-Woche und dringend benötigter Arbeitskraft. Und wir alle kennen den einen Kollegen, die eine Kollegin, die – zumindest gefühlt – weniger leistet als andere.

„Die Studienlage zeigt, dass wir kein Problem mit Leistung haben. Wir sehen ein hohes Arbeitsengagement und den Wunsch, die eigenen Kompetenzen einzubringen“, sagt Ökonomin Andrea Hammermann, die sich am Institut der deutschen Wirtschaft Köln mit der Arbeitswelt auseinandersetzt. „In den vergangenen Jahren war die Zufriedenheit konstant recht hoch: Neun von Zehn machen ihre Arbeit gerne und sind auch bereit zu leisten.“

Regelmäßig ziehen Unternehmen vor Gericht, um unliebsame Beschäftigte loszuwerden. Der Kölner Arbeitsrechtler Volker Görzel muss Arbeitgebern immer wieder vermitteln, dass es gar nicht so leicht ist, sich von Beschäftigten aufgrund ihres Verhaltens zu trennen. „Die Kündigung wegen Low Performance gehört zu den schwierigsten überhaupt. Die Problematik besteht oft darin, dass schlechte Leistung auch bewiesen werden muss“, sagt er. Während in den USA die sogenannte Hire-and-Fire-Mentalität herrscht, Beschäftigte also gut und gerne direkt nach der Kündigung ihre Sachen packen müssen, legt das deutsche Arbeitsrecht harte Kriterien an.

Soll einem Arbeitnehmer gekündigt werden, weil derjenige zu wenig Leistung erbringt, muss das Unternehmen nachweisen, dass der Mitarbeiter seine Pflicht verletzt und der Firma Schaden zugefügt hat. Generell sei es schwierig, Leistung überhaupt zu beziffern, sagt Görzel: „Der Arbeitgeber muss darlegen, dass der Mitarbeiter unter dem Leistungsniveau liegt. Doch was ist hier der Maßstab?“

Das Gesetz sagt, dass der Mitarbeiter im Rahmen seiner Möglichkeiten das Beste bringen muss. Könnte eine individuelle Leistungsvereinbarung für mehr Klarheit sorgen? Die kann laut dem Arbeitsrechtler hilfreich sein, muss aber messbare Ziele enthalten, die auch realistisch sind: „Wenn ein Vertriebler im Monat 100 Autos von Tesla verkaufen soll, die aber gerade keiner haben will, ist es objektiv gar nicht möglich, die gewünschte Leistung zu erreichen“, sagt Görzel.

Arbeitgeber muss dabei helfen, besser zu werden

Zudem müssen Beschäftigte die Möglichkeit haben, sich zu verbessern. Heißt in der Praxis: Wird man wegen ungenügender Leistung abgemahnt, muss man die Chance kriegen, es besser machen zu können. Man darf also nicht einfach so auf die Straße gesetzt werden. Und: Der Arbeitgeber muss laut deutschem Arbeitsrecht alles unternehmen, um den Mitarbeiter bei der Verbesserung seiner Leistung zu unterstützen.

Statt Beschäftigte direkt abzumahnen, schaut man erst einmal darauf, warum derjenige die gewünschte Leistung nicht erbracht hat, sagt Ökonomin Hammermann: „Waren die Ziele nicht adäquat? Ist der Beschäftigte in einer Situation, in der er vielleicht nicht mehr leisten kann?“ Wenn das Können nicht zu den Anforderungen der Stelle passe, könnten Arbeitgeber den Low-Performer besser qualifizieren oder ihn auf eine Position versetzen, wo seine Leistung eher den Anforderungen entspricht.

Ohnehin rücken immer mehr Unternehmen von der Leistungsbewertung des Einzelnen ab und schauen auf die Performance von Teams und Abteilungen. Auch variable Vergütungen werden immer öfter an Team- oder Unternehmenserfolge geknüpft. „In der Akquise kann ich beispielsweise sagen, wie viel Geschäft ich gemacht habe. Aber wie misst man, ob ich einem Kollegen geholfen habe? Zahlen sind immer nur ein kleiner Ausschnitt der Leistung“, sagt Hammermann.

Jedes Unternehmen hat mit Low-Performern zu tun

Arbeitsrechtler Görzel bekommt immer mehr Anfragen von Unternehmen, die wissen wollen, wie sie mit Low-Performern umgehen sollen. „Jeder Arbeitgeber hat mit ihnen zu tun“, sagt er. Warum er aktuell deutlich mehr Anfragen dazu bekommt, kann er nur vermuten: „Arbeitgeber sind seltener bereit, Low-Performer durchzubringen, vor allem in Bereichen, die wirtschaftlich unter Druck stehen.“

Tipps und Tricks, unmotivierte Mitarbeiter zu Höchstleistung zu animieren, gibt es genügend. Bringen würde das wenig, sagt Görzel: „Wenn der Arbeitgeber einen Low-Performer loswerden will, dann ist das Tischtuch schon zerschnitten.“ Dann bringe es nichts, zu motivieren oder einen Kulturwandel für das gesamte Unternehmen einzuleiten. „Wenn der Chef einmal mitgekriegt hat, dass einer nicht leistet, ist Transformation schon zu spät.“