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Nach der Rana-Plaza-Katastrophe„Bangladesch hat die sicherste Textilindustrie“

Lesezeit 4 Minuten
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Näherinnen in einer Textilfabrik in Gazipur, Bangladesch

  1. Der „Bangladesh Accord“, ein Zusammenschluss von internationaler Modemarken und Gewerkschaften, arbeitet seit sechs Jahren daran, die Sicherheit in der Textilindustrie des Landes zu verbessern.
  2. Rob Wayss, Geschäftsführer des Bangladesh Accord, betont, dass mit der Initiative viel in dem Land erreicht wurde.
  3. Auch die Textilindustrie des Landes erkennt nach Wayss Worten die Verdienste des Accord an.

Dhaka – 24. April 2013, Savar, Bangladesch: Die achtstöckige Textilfabrik stürzt in sich zusammen. Mehr als 1130 Menschen sterben. Das ganze Land steht tagelang unter Schock. Die Welt regiert entsetzt, auch weil deutlich wird, dass das Rana-Plaza-Gebäude kein Einzelfall ist. Überall in dem südasiatischen Staat sitzen Näherinnen und Näher in Fabrikgebäuden, die statisch nie für die Nutzung als Textilfabriken konzipiert worden waren. Die Frauen und Männer arbeiten oft unter unsäglichen Bedingungen.

Das zwingt auch die internationale Modebranche, die wegen der extrem niedrigen Löhne gern in Bangladesch produzieren lässt, zum Handeln. Nur drei Wochen nach dem Einsturz wird der „Bangladesh Accord“ am 15. Mai 2013 ins Leben gerufen. Mehr als 220 Modemarken und Textilhandelsketten, zwei internationale und acht Gewerkschaften aus Bangladesch unterzeichneten die auf fünf Jahre ausgelegte, rechtlich verbindliche Vereinbarung.

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Rob Wayss, Geschäftsführer des „Bangladesh Accord“

Ziel des Accord ist es, in allen Textilfabriken, die Kleidung für die Unterzeichner produzieren, die Gebäude- und Feuersicherheit entscheidend zu verbessern und das Bewusstsein für Gesundheit am Arbeitsplatz in Bangladesch voranzubringen. Andere Fragen im Zusammenhang mit Arbeitnehmerrechten wie zum Beispiel das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren oder das Recht auf angemessene Bezahlung waren nicht Teil der Ziele des Accord.

Der amerikanische Gewerkschafter Rob Wayss war von Beginn an Geschäftsführer des Accord.

Herr Wayss, wie lange wird der Accord noch in Bangladesch arbeiten?

Ursprünglich endete die Vereinbarung des Accord über Feuer-und Gebäudesicherheit in Bangladesch Ende Mai 2018. Als das Datum näher rückte, veröffentlichte aber ein Gericht, bei dem damals ein Verfahren eines Fabrikbesitzers aus Bangladesch gegen uns anhängig war, eine Stellungnahme, derzufolge wir bis Ende November 2018 hätten bleiben dürfen.

Wir legten gegen diesen Spruch Einspruch ein. In Verhandlungen mit dem Verband der Textilfabrikanten und -exporteure hier erreichten wir Anfang Mai dieses Jahres ein Memorandum of understanding, das auch die Regierung von Bangladesch akzeptierte. Auf dessen Basis werden wir bis ungefähr Juni 2020 hier im Land sein.

Danach wird eine landeseigene Institution alle unsere Mitarbeiter und unsere Ausrüstung übernehmen.

Wie haben in den Jahren seit dem Rana-Plaza-Unglück die Textilfabrikanten des Landes mit dem Accord zusammengearbeitet?

Der Verband der Textilproduzenten und viele seiner Mitglieder sind überzeugt, dass der Accord gut für die Industrie war. Natürlich beschweren sie sich manchmal über unsere Arbeit. Aber es gibt die Anerkennung, dass der Accord der Branche geholfen hat, sicherer zu werden und dass der Ruf der Branche mit Blick auf die Sicherheit am Arbeitsplatz sich sehr verbessert hat verglichen mit 2013.

Wie sieht es mit anderen Problemen in der Branche aus - Stichwort: sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz oder niedrige Löhne?

Unser Mandat als Accord ist begrenzt auf Sicherheits- und Gesundheitsfragen begrenzt.

Aber Sie haben ja sicher ein Bild von der Situation in den Fabriken bezüglich sexueller Belästigung bekommen.

Ja, wir haben im Accord ein Beschwerde-Management eingerichtet, das sich diesen Fragen annimmt. Mitarbeiter, die zu den neu eingerichteten Sicherheitskomitees in Textilfabriken gehören, erhalten von uns Fortbildungen zu Sicherheits- und Gesundheitsfragen. Da geht es auch um Schutz vor sexueller Belästigung.

Beschwerden zu diesem Thema sind von unserem Mandat gedeckt. Wenn wir von so etwas erfahren, arbeiten wir mit den Sicherheitskomitees und dem jeweiligen Management, um es aufzuarbeiten. Und solche Fälle kommen nicht selten vor. Da geht es um unangebrachte Sprache, sexuelle Anzüglichkeiten, unangebrachtes Verhalten und sexuelle Belästigung.

Unserer Erfahrung nach greifen die Manager das bereitwillig auf, entwickeln Nulltoleranz-Konzepte und machen diese besser als zuvor bekannt. Wir haben von vielen Fällen erfahren, in den Mitarbeiter, die sich so etwas zuschulden kommen ließen, ihre Arbeit verloren haben.

Wo gibt es noch weiteren Nachholbedarf mit Blick auf den Zustand der Textilfabriken in Bangladesch?

Es muss noch einiges in puncto statischer Gebäude- und Feuersicherheit der Fabriken getan werden. Die Frage nach der Gebäudesicherheit war auch die komplizierteste, langwierigste und herausforderndste Arbeit für uns.

Als wir anfingen, wurde aber auch Feuersicherheit von Gebäuden einfach keinerlei Beachtung geschenkt. Es gab hier nur sehr wenig Ingenieurs-Knowhow zu dem Thema. Das wächst gerade heran. Die Komponenten für Sprinklersysteme und Feueralarmsysteme müssen alle importiert werden. Es ist sehr kompliziert und langwierig, ein Sprinklersystem in ein acht-, zehn- oder 17-geschossiges Gebäude zu installieren und anschließend zu testen.

Wenn Sie Bangladesch mit anderen Textilien produzierenden Entwicklungsländern vergleichen: Wie groß sind die Gefahren am Arbeitsplatz hier?

Bangladesch hat die sicherste Textilindustrie unter allen Entwicklungsländern. Kein anderer Staat unter den Entwicklungsländern wurde einem solchen Inspektionsprogramm unterworfen wie Bangladesch.