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Nach Gruner + Jahr-KahlschlagRTL-Gewinn bricht um 15 Prozent ein – Bertelsmann vor Problemen

Lesezeit 3 Minuten
Blick auf den RTL-Turm in Köln-Deutz.

Blick auf den RTL-Turm in Köln-Deutz: Das Unternehmen hat seine Jahresbilanz 2022 vorgestellt und einen Rückgang von 15 Prozent registriert.

Der Bertelsmann-Konzern steht vor neuen Problemen: Gewinnbringer RTL kämpft mit einem schwachen Werbemarkt und dem wenig profitablem Streaming-Geschäft.

Nach Bekanntwerden von massivem Stellenabbau beim Verlagshaus Gruner + Jahr Anfang Februar sorgt nun ein Gewinnrückgang bei der wichtigsten Bertelsmann-Tochter sowie ein bislang unprofitabler Streamingdienst für Unruhe.

Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebita) erzielte RTL Deutschland einen Überschuss von 459 Millionen Euro – ein Rückgang von rund 15 Prozent zum Vorjahr, wie aus der Jahresbilanz 2022 der RTL Group hervorgeht. Im Jahr 2021 erwirtschaftete RTL Deutschland ein Ergebnis in Höhe von 541 Millionen Euro.

RTL leidet unter schwachem Werbemarkt

Die im MDax notierte Privatsendergruppe leidet vor allem unter einem schwachen Werbemarkt. RTL erzielt rund 43 Prozent seiner Umsätze durch TV- und Radio-Werbung. Viele Unternehmen würden angesichts der unsicheren und krisenhaften Lage oft zuerst an ihren Werbeausgaben sparen, sagte Bertelsmann-Chef Thomas Rabe bei der Vorstellung der Jahreszahlen am Donnerstag.

Thomas Rabe, Vorstandsvorsitzender von Bertelsmann, äußert sich bei der Bilanz-Pressekonferenz von Bertelsmann.

Thomas Rabe, Vorstandsvorsitzender von Bertelsmann, äußert sich bei der Bilanz-Pressekonferenz von Bertelsmann.

Die Werbeumsätze in Deutschland gingen um acht bis neun Prozent zurück: „Das hat mit der Werbezurückhaltung insbesondere im Mittelstand und bei Start-ups zu tun, die ihr Geld zusammenhalten wollen“, erklärte Rabe, der auch Vorsitzender der Geschäftsführung von RTL ist.

Job-Kahlschlag bei Gruner + Jahr Anfang Februar

Anfang Februar hatte der Konzern verkündet, dass im Zuge einer Neuausrichtung der Zeitschriften-Sparte bis 2025 massiv Stellen abgebaut werden. Insgesamt sind 1000 Stellen betroffen, 300 von 4000 am Hauptsitz in Köln-Deutz und 700 von 1900 am Hamburger Standort, wo der Verlag Gruner + Jahr sitzt. RTL hatte Gruner + Jahr 2021 übernommen.

In der Kölner RTL-Zentrale sollen die betroffenen Stellen bis 2025 gekürzt werden, 100 Stellen jährlich. Dieser Abbau sei „im Wesentlichen über Fluktuation und Einzelansprachen zu bewerkstelligen“, sagte Rabe am Donnerstag.

RTL Deutschland: Neuaufstellung des Publishing-Geschäfts

Der Stellenabbau hat zur Folge, dass Magazintitel eingestellt und Verkäufe geprüft werden, während in die verbleibenden Kernmarken wie zum Beispiel „Stern“, „Gala“ oder „Geo“ investiert wird, wie der Medienkonzern mitteilte. So sollen 70 % der Kernmarken bestehen, 20 % verkauft und 10 % eingestellt werden. Insgesamt sind 45 von 58 Marken von Verkauf und Einstellung betroffen.

Bei Gruner + Jahr haben die Verkaufsverhandlungen zu Titeln wie „Landlust“, „11 Freunde“ oder „Beef“ begonnen: „Etliche Interessenten“ hätten sich laut Rabe gemeldet, bis zum Sommer sollen die Gespräche abgeschlossen sein. Bertelsmann wollte zunächst auch nachweislich profitable Magazine wie „Geo Epoche“ einstellen, überprüft diese Entscheidung nun aber.

Neben Kürzungen plant RTL auch große Investitionen: So sollen 80 Millionen Euro in die Neuausrichtung der Publishing-Sparte gehen: 30 Millionen Euro in den Ausbau vom digitalen Angebot „Stern+“, 30 Millionen in die Kernmarken von Gruner + Jahr sowie 20 Millionen Euro in neue Räumlichkeiten.

RTL-Chef Thomas Rabe hält an Hoffnungsträger Streaming fest

RTL will darüber hinaus sein Streaminggeschäft 2023 weiter ausbauen, auch wenn sich das Wachstum dort zuletzt verlangsamte. Bis Ende 2022 wuchs die Zahl der zahlenden Abonnenten auf rund 5,5 Millionen, was einem Anstieg von 44,3 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Der Großteil davon entfällt auf den deutschen Streamingdienst RTL+, den der Konzern etwa über eine strategische Partnerschaft mit der Deutschen Telekom vermarktet.

RTL-Chef Rabe will deshalb weiter Millionen von Euro in die Sparte investieren. Mit dem Vorhaben ist die Vorstellung verbunden, eine Chance gegen konkurrierende Streamingdienste wie Netflix oder AppleTV zu haben. Allerdings ist man mit einem Marktanteil von rund zwei Prozent noch weit entfernt von Konkurrenten wie Netflix, die laut Schätzungen auf einen Anteil von rund 30 Prozent kommen. Der Dienst soll trotz zuletzt deutlich gestiegener Umsätze erst 2026 profitabel sein.

Für 2023 rechnet Rabe erneut damit, dass operativ weniger Gewinn übrig bleiben dürfte. Dieses Jahr soll der Umsatz auf 7,3 bis 7,4 Milliarden Euro wachsen, teilte der Fernsehkonzern am Donnerstag mit. Allerdings dürfte der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (Ebita) leicht auf 1,0 bis 1,05 Milliarden Euro sinken. Das wäre der zweite Rückgang in Folge.