Jüngst legte ein Systemfehler bei Netcologne weite Teile des Internets in Köln lahm. Was ein totaler Ausfall in ganz Deutschland kosten würde, hat nun eine Studie errechnet.
Nach Netcologne-AusfallWelchen Schaden ein Internet-Blackout bundesweit verursachen würde

Am 12. Februar 2025 ging acht Stunden lang bei Festnetz- und Internet-Anschlüssen von Netcologne so gut wie nichts.
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Es ist das Horrorszenario einer digitalisierten Welt: ein kompletter Blackout des Internets. In der neuen Netflixserie „Zero Day“, die derzeit in Deutschland auf Platz eins des Streamingdienstes rangiert, zeigt der Thriller, welche Verwerfungen der Totalausfall nach sich zieht. Eine Cyber-Attacke legt nur eine ganze Minute lang sämtliche Mobiltelefone und wichtige Computersysteme lahm und versetzt die gesamte Bevölkerung der Vereinigten Staaten von Amerika in Schockstarre. Altstar Robert De Niro spielt die Hauptrolle des ehemaligen US-Präsidenten George Mullen, der aus dem Ruhestand zurückkehrt, um die Verschwörung im Polit-Establishment aufzudecken.
Kettenreaktion in Köln
Aber es braucht keinen feindlichen Angriff. Auch ein einfacher Fehler im System, wie Mitte Februar bei Netcologne in Köln, zeigt, wie abhängig unser tägliches Leben von einer funktionierenden Internetverbindung ist. Acht Stunden lang ging bei Festnetz- und Internet-Anschlüssen von Netcologne so gut wie nichts. Die Kommunikation in vielen Teilen der Stadt fiel damit nahezu komplett aus – E-Mails, Messenger-Nachrichten und Videokonferenzen funktionierten nicht mehr, ebenso wenig wie die Notrufnummern für Polizei, Notarzt oder Feuerwehr. Ursache war ein Konfigurationsfehler. „Dies hat eine nicht vorhersehbare Kettenreaktion ausgelöst“, sagte Netcologne-Chef Timo von Lepel dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Ein externer Angriff war es nicht, so der Netcologne-Chef.
Anders als in der Hollywood-Produktion kam auch niemand persönlich zu Schaden. Wirtschaftliche Schäden dürfte es durch den Ausfall dennoch gegeben haben.
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Was ein Total-Ausfall ökonomisch für ganz Deutschland bedeuten könnte, hat das Vergleichsportal Verivox errechnet. Ein Internet-Blackout würde täglich fast sieben Milliarden Euro kosten. Auf Basis einer repräsentativen Umfrage ist demnach mehr als die Hälfte der Berufstätigen in Deutschland (57,3 Prozent) täglich auf das Internet angewiesen. Nur 13,6 Prozent gaben in der Befragung an, das Internet nicht oder nur selten für ihren Job zu benötigen. In Deutschland wären folglich von einem mehrtägigen Internetausfall 86,4 Prozent der Berufstätigen betroffen und könnten einen gewichtigen Teil ihrer Arbeit nicht mehr ausüben.
„Obwohl nicht jede Tätigkeit vom Internet abhängt, wäre der potenzielle volkswirtschaftliche Schaden eines längeren Internetausfalls immens“, sagt Jörg Schamberg, Telekommunikationsexperte bei Verivox. Hochgerechnet auf Basis des Bruttonationaleinkommens, also des Maßes für die unmittelbar aus der wirtschaftlichen Tätigkeit aller Inländer entstandenen Einkommen, bedeute dies, dass an jedem Tag ohne Internet in Deutschland ein volkswirtschaftlicher Schaden von bis zu 6,98 Milliarden Euro entstehen könnte.
Fast die Hälfte könnte ohne Internet nur schwer arbeiten
Fast jeder Zweite gab in der Befragung an, in seinem Job funktionierten die wichtigsten Anwendungen nur online. Jeweils 45 Prozent sagen, sie könnten ohne Netz keine Daten erheben und seien vom Kontakt zu Kunden oder Lieferanten abgeschnitten. Ein gutes Drittel speichert alle wichtigen Daten in der Cloud. 30 Prozent könnten Geräte nicht nutzen, die übers Netz gesteuert werden. Nur neun Prozent geben an, ihre Firma sei nicht oder nur am Rande betroffen.
„Stationäre Router sind üblicherweise nicht mit einem Akku versorgt und fallen deshalb unmittelbar aus“, sagt Schamberg. „Telefonie ist dann auch nicht mehr möglich, denn alle modernen Anschlüsse sind Internet-gebunden. Besonders stark würden Beschäftigte im Homeoffice getroffen, denn nur die wenigsten Privathaushalte dürften eine Notstromversorgung haben.“
Im Telekommunikationsgesetz (TKG) werden die Anbieter dazu verpflichtet, eine Mindestversorgung ihrer Dienste auch bei „erheblichen Störungen“ der Versorgung etwa aufgrund von Naturkatastrophen oder Sabotage aufrechtzuerhalten. Dazu gehören laut TKG Sprachkommunikation, Internetzugang, Datenübertragung und E-Mail. Das Netz eines Anbieters gilt als kritische Infrastruktur, wenn es von mindestens 100.000 Kunden genutzt wird.
Die vier großen Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone, Telefonica/O2 und 1&1 versichern auf Verivox-Anfrage, die TKG-Vorschriften erfüllen zu können und auch für einen längeren Stromausfall mit Batteriepuffern und Netzersatzanlagen gerüstet zu sein.