Das Kaufhaussterben ist in vollem Gange, wie nicht nur der Fall Galeria beweist. Das Statistische Bundesamt hat nun Zahlen vorgelegt, die zeigen, wie schlecht es um Warenhäuser steht.
Neue ZahlenSo schlecht steht es um die Warenhäuser
Es kommt wenig überraschend, dass die deutschen Warenhäuser kräftig an Umsatz eingebüßt haben. Wie stark der Rückgang ausfiel, zeigt nun die Einzelhandelsauswertung des Statistischen Bundesamtes: In den vergangenen 20 Jahren sind die Umsätze der Kauf- und Warenhäuser preisbereinigt um 34,8 Prozent gesunken. Der stationäre Einzelhandel insgesamt konnte seit 2003 hingegen um 11,3 Prozent zulegen, der Online- und Versandhandel um 170 Prozent.
Einzig der Einzelhandel mit Büchern verzeichnete 2023 mit einem realen Umsatzrückgang von 44,1 Prozent gegenüber dem Jahr 2003 noch höhere Einbußen als die Warenhäuser. Vergleichsweise gut davon kamen der stationäre Einzelhandel mit Bekleidung (+4,6 Prozent), Spielwaren (+6,0 Prozent) sowie mit Uhren und Schmuck (+9,1 Prozent). Schuhe und Lederwaren steigerten ihre Umsätze um mehr als 40 Prozent, das Geschäft mit Unterhaltungselektronik verbuchte sogar ein Umsatzplus von knapp 176 Prozent.
Nach der Coronapandemie hatte es eigentlich gut ausgesehen. Im Jahr 2022 haben die Kauf- und Warenhäuser ein preisbereinigtes Umsatzplus von 13,1 Prozent gegenüber 2021 gemacht. Doch 2023 gingen die Umsätze im Vergleich zum Vorjahr erneut zurück, und zwar real um 3,9 Prozent.
„Selbst wenn ein Drittel Umsatzverlust in 20 Jahren nicht überraschend klingt, erklären die Zahlen dennoch die wirtschaftliche Schieflage von Warenhäusern wie Galeria Karstadt Kaufhof“, sagt Kai Hudetz, Geschäftsführer beim Handelsinstitut IFH in Köln. „Sie haben hohe Fixkosten, zahlen gerade in 1A-Lagen der Großstädte horrende Mieten und locken immer weniger Kunden an. Da fällt jeder Euro weniger Umsatz ins Gewicht.“
Einen großen Teil der Fixkosten macht das Personal aus. Kein Wunder also, dass die Zahl der Beschäftigten über alle Kauf- und Warenhäuser hinweg zwischen 2003 und 2023 um gut ein Fünftel (21,7 Prozent) abgenommen hat. Zwar haben sich die Beschäftigtenzahlen in 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 5,2 Prozent erhöht, doch die Vorlage war schwach. Während der Coronajahre 2020 und 2021 hatte die Branche Personal abgebaut, das nun wieder gebraucht wird.
Karstadt-Umsätze schrumpften noch stärker
Als Galionsfigur des Kaufhaussterbens werden häufig Karstadt und Kaufhof bemüht. Die beiden Unternehmen waren bis 2020 Konkurrenten, bevor sie in der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH gebündelt wurden. Wie stark die Einbußen in den 2010er Jahren im Warenhausgeschäft ausgefallen sind, zeigen exemplarisch die Umsätze von Karstadt: Laut dem Statistikportal Statista sind die nämlich von 2008 bis 2017 um mehr als 46 Prozent eingebrochen - und damit deutlich stärker als die ohnehin schon angeschlagenen Wettbewerber. Der damalige Konkurrent Kaufhof büßte im gleichen Zeitraum knapp 20 Prozent ein.
Die Fusion zu Galeria Karstadt Kaufhof sollte neue Kräfte mobilisieren. Seit 2020 war der Konzern dreimal insolvent, aktuell sucht die bisherige Signa-Tochter einen neuen Eigentümer. Im Gegensatz zu den zwei vorigen Sanierungen in Eigenverwaltung geht Galeria Karstadt Kaufhof diesmal in eine Regelinsolvenz. Damit ist die Zukunft der 92 Warenhäuser und ihrer mehr als 15.000 Beschäftigten erneut ungewiss. In Köln ist Galeria mit drei Filialen vertreten: den beiden ehemaligen Kaufhof-Standorten an der Hohe Straße in der Innenstadt und an der Neusser Straße in Nippes sowie dem ehemaligen Karstadt in der Breite Straße. Insgesamt betreibt Galeria in NRW derzeit laut eigener Liste 23 Warenhäuser in 19 Städten.
Doch es gibt nicht nur Negativbeispiele in der Kaufhausszene. Im Gegenteil, sagt IFH-Geschäftsführer Hudetz: „Breuninger mit Filialen von Ludwigsburg bis Düsseldorf, Engelhorn aus Mannheim oder Ramelow aus Norddeutschland machen es beispielsweise sehr gut. Sie profitieren von ihrer Regionalität, hoher Aufenthaltsqualität und davon, dass sie ihr Sortiment gezielt auf die Bedürfnisse der Kunden im Einzugsgebiet ausrichten.“
Geschlossene Filialen stehen lange leer
Ist ein Warenhaus erst einmal dicht gemacht, dauert es mitunter Jahre, bis der geschlossene Standort wieder bewirtschaftet wird. Das Mainzer Institut für Internationales Handels- und Distributionsmanagement hat nachgezählt: Mehr als 50 Prozent der Galeria-Warenhäuser, die 2019 und 2020 geschlossen wurden, stehen heute noch leer. Die Denkfabrik führt das unter anderem auf fehlende oder mangelhafte Konzepte, Uneinigkeiten von Eigentümern und potenziellen Nachnutzern sowie lange Genehmigungs- und Bauphasen zurück. Von der Schließung eines Warenhauses bis zur Wiedereröffnung nach einer Umnutzung vergehen demnach durchschnittlich vier bis fünf Jahre.
Um mehr Kunden in die Warenhäuser zu locken, braucht es diverse Angebote im Gebäude, sagt IFH-Chef Hudetz: „Besonders beliebt sind zum Beispiel eine qualitativ hochwertige Gastronomie, ein Kino oder ein Fitnessstudio.“