Auch der Kölner Handelskonzern Rewe steigt ins Rennen um firmeneigene Bonusprogramme ein. Was sich dadurch für Kunden ändert - und wie viel man mit den Händler-Apps sparen kann.
Payback-Aus nach WeihnachtenErste Details zum Rewe-eigenen Bonusprogramm sickern durch
Am 28. Dezember verabschiedet sich die Rewe-Gruppe nach mehr als zehn Jahren von Payback und startet ihr eigenes Bonusprogramm. Der Abschied vom Punktesammeln ist seit längerem bekannt, nun gibt es allerdings Details, wie die neue Vorteilswelt von Rewe aussehen soll.
Die Deutsche Presse-Agentur hat nun aus Unternehmenskreisen erste Details erfahren. Während Kunden bei Payback Punkte sammeln, die sie dann in Prämien umtauschen oder damit ihren nächsten Einkauf bezahlen können, gibt es bei Rewe künftig einen Bonus in Euro. Für einige Artikel gibt es jeweils zehn oder 20 Cent, bei anderen einen Euro oder mehr. Mehrere Hundert wechselnde Artikel sollen mit Coupons verknüpft sein.
Der Kölner Lebensmittelkonzern macht auf Anfrage daraus indes ein großes Geheimnis: Erst zum Start am 29. Dezember sollen Details öffentlich werden, aus vertragsrechtlichen Gründen mit Payback, sagt ein Sprecher gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Wer viel Geld bei Rewe ausgibt, kriegt Rabatt im Folgemonat
Das gesammelte Guthaben kann laut dpa beim Shoppen eingelöst werden. Wer innerhalb eines Monats einen Warenwert von 400 Euro knackt, erhält außerdem zehn Prozent auf den ersten Einkauf im Folgemonat. Zusätzlich gibt es weiterhin Angebote, die App-Nutzern vorbehalten sind. Penny, die Discounter-Tochter von Rewe, erhält ebenfalls ein neues Bonus-System.
Aus dem Umfeld des Unternehmens wird der Schritt auch mit hohen Kosten begründet. Knapp 150 Millionen Euro soll allein die Supermarktkette Rewe pro Jahr an Payback gezahlt haben, wie aus Branchenkreisen zu hören ist. Payback ist mit mehr als 30 Millionen Nutzern in Deutschland das mit Abstand bekannteste und meistgenutzte Bonusprogramm.
Bonusprogramme sollen Kunden ködern
Rewe ist mit seinem eigenen Bonusprogramm in guter Gesellschaft: Große Handelsketten wie Lidl oder Obi gewähren in diesen Tagen Rabatte auf allen Kanälen für ihre Apps sowie die eigenen Bonus- und Treueprogramme. Ziel ist es, die Kunden zu ködern und fester an sich zu binden. Dabei greifen die Händler zu einem Trick. „Immer mehr Sonderangebote können nur genutzt werden, wenn man sich für die Händler-App anmeldet und bereit ist, seine Daten offen zu legen. Wenn nicht, hat man Pech gehabt“, sagt Carsten Kortum, Professor der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn.
In den Apps gehen Kunden und Händler ein Tauschgeschäft ein: Kunden winken exklusive Vorteile. Teils sind zusätzliche Artikel im Angebot, teils gibt es einen Extra-Rabatt auf reduzierte Produkte. Der Discounter Lidl brachte vor ein paar Tagen eine eigene Dubai-Schokolade in den Verkauf. Lidl-App-Nutzer zahlen 45 Prozent weniger als alle anderen.
Die Händler erhalten dafür - im besten Fall - loyalere Kunden und deren Daten. Die helfen ihnen, zu verstehen, was die Käufer wollen. Sie können besser auf deren Vorlieben eingehen und das Kaufverhalten beeinflussen. Mehr als vier von fünf Kunden in Deutschland nutzen laut einer Umfrage des Kölner Handelsforschungsinstituts IFH händlereigene Bonusprogramme oder Payback.
Einkaufsapps ersetzen gedruckte Prospekte
Shopping-Apps wecken allein deshalb schon Interesse, weil man etwas sparen kann, erklärt Christine Steffen, Juristin bei der Verbraucherzentrale NRW: „Es geht um Produkte, die wir alltäglich konsumieren, und die Apps sind mittlerweile so gestrickt, dass es einfach auch Spaß macht, sie zu verwenden. Vor allem der Anreiz, etwas damit sparen zu können, lockt uns einfach sehr, diese Apps dann auch zu nutzen.“
Unternehmen verdienen daran Geld: etwa mit den Informationen, die der Nutzer über sich preisgibt. „Nicht nur, wenn es darum geht, welche Produkte angeschaut werden, welche Produkte vielleicht auf eine Einkaufsliste gesetzt werden oder welche digitalen Coupons, mit denen man Rabatte erzielen kann, eingelöst werden, sondern auch darüber hinaus“, sagt Steffen. Zu welcher Tageszeit werden die Apps genutzt? Bei welchen Angeboten bleibt man hängen? Wie oft? An welchen Wochentagen wird nach Angeboten geschaut? „All das verrät sehr viel über einerseits die Interessen der Nutzer, aber andererseits auch über ihre Nutzungsgewohnheiten, über ihre Tagesabläufe. Diese Informationen können Anbieter sehr gut nutzen, um ganz gezielt persönliche Angebote auszuspielen“, so die Juristin.
Ein weiterer positiver Effekt für Firmen: Sie sparen sich einerseits teure Marktforschung und können andererseits durch die gesammelten, personalisierten Daten dafür sorgen, dass Kunden öfter und mehr einkaufen, als sie ursprünglich wollten. Laut Verbraucherschützern sind die digitalen Bonusprogramme daher mit Vorsicht zu genießen. „Es ist auch überhaupt nicht gewährleistet, dass der Rabatt wirklich der günstigste Preis ist. Es könnte ja sein, dass in einem Geschäft eine Straße weiter, dessen App ich zufälligerweise eben nicht auf dem Smartphone habe, das Angebot auch ohne Rabatt grundsätzlich günstiger zu haben ist an diesem Tag“, sagt Juristin Steffen.
Das Kölner Handelsinstitut IFH hat den Effekt der Programme in einer Umfrage belegt: 56 Prozent der Nutzer kaufen demnach häufiger bei einem Händler, jeder Dritte gibt mehr Geld aus. Viele Kunden haben vier oder mehr verschiedene Einkaufsapps auf dem Handy, nutzen aber nicht alle regelmäßig. Dabei sind Treueprogramme nicht neu. Eines der Ersten hatte der schwedische Möbelhändler Ikea, die „Family Card“ wurde 1984 eingeführt. Aldi ist das einzige große Handelsunternehmen, das kein Vorteilsprogramm hat.
Künstliche Intelligenz in Shopping-Apps gern gesehen
Bei den Vorteilsprogrammen dürfte sich in Zukunft einiges tun, vor allem durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz. Die Supermarktkette Albert Heijn hat kürzlich eine KI in ihre App eingebunden, die Kunden beim Einkaufen unterstützt und auf Nachfrage Rezeptideen liefert. Auch in Deutschland sind viele offen dafür. Laut einer Bitkom-Umfrage würde jeder Zweite gern eine KI nutzen, um Schnäppchen zu finden. 22 Prozent fänden es gut, wenn benötigte Drogerieartikel oder Lebensmittel automatisch nachbestellt würden. (mit dpa)