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Tipps und TricksSo funktionieren dynamische Preise

Lesezeit 5 Minuten
Eine Frau sitzt mit einer Kreditkarte am Laptop.

Preise im Netz ändern sich dynamisch, je nach Angebot und Nachfrage. Auch persönliche Daten spielen in die Preisgestaltung mit hinein. (Symbolbild)

Preise im Netz ändern sich dynamisch, je nach Angebot und Nachfrage. Auch persönliche Daten spielen in die Preisgestaltung mit hinein. Wie man dennoch den besten Preis bekommt.

Als die britische Pop-Band Oasis ihr Comeback ankündigte, brach ein regelrechter Hype aus. Über Jahren waren sich die Brüder Liam und Noel Gallagher nicht grün; dass sie sich nun zusammengerauft hatten, versetzte Millionen Menschen in Euphorie. Zumindest, bis sie versuchten, Tickets für die Reunion-Tour zu ergattern. Die waren nämlich nicht nur sehr teuer, sondern die Plattform Ticketmaster gestaltete die Preise dynamisch. Heißt: Wenn die Nachfrage hoch ist, das Angebot aber begrenzt, gehen die Preise hoch. Das führte dazu, dass Oasis-Tickets ein Vielfaches teurer waren als vorab angekündigt. Die Preisgestaltung war so unübersichtlich, dass sogar die britische Wettbewerbsbehörde eine Untersuchung einleitete, um herauszufinden, ob Ticketmaster gegen Verbraucherschutzgesetze verstoßen hatte.

Die Empörung bei den Fans war groß – und auch abseits emotional besetzter Produkte wie eben jenes Oasis-Comeback sorgt dynamische Preisgestaltung immer öfter für Unmut. Zu undurchsichtig, zu willkürlich, zu stark schwankend, beklagen Verbraucher immer wieder. Dabei sind dynamische Preise nicht neu. Man kennt sie von Tankstellen: Hier ändert sich der Preis mehrmals am Tag, je nach Angebot, Nachfrage und Tageszeit. Dass sich Preise verändern, ist nichts Schlechtes, im Gegenteil: Wenn sich der Preis an Nachfrage und Angebot anpasst, zeigt das, dass die freie Marktwirtschaft funktioniert.

Gibt es bestimmte Produkte, bei denen sich Preise oft ändern?

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Ja. Besonders augenfällig sind Preisanpassungen bei Urlaubsreisen und Flügen. Algorithmen werten dauerhaft Daten aus, etwa das Wetter, Wochentag und Uhrzeit, Suchanfragen anderer Nutzer und und und. Auch beim Fahrdienstleister Uber ändern sich die Preise nahezu sekündlich. Ein Algorithmus berechnet unter anderem, wie lange die Strecke bei der aktuellen Verkehrslage dauert, wie viele Menschen in einem bestimmten Radius gerade nach einem Uber suchen und wie viele Fahrer verfügbar sind.

Wovon hängt es ab, welchen Preis ich angezeigt bekomme?

Das hängt von vielen Faktoren ab. Der Zeitpunkt des Kaufs spielt beispielsweise eine große Rolle: Wer an einem verregneten Sonntag auf der Couch liegt und im Netz nach Klamotten stöbert, ist damit nicht alleine – wahrscheinlich tun das zehntausende andere Menschen auch, was die Preise in die Höhe treiben kann. Preise variieren zudem je nach verwendetem Endgerät: Es kann einen Unterschied machen, ob man von einem Desktop-PC aus bestellt oder über ein Smartphone. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat im Jahr 2020 untersucht, ob iPhone-Nutzer höhere Preise angezeigt bekommen als Android-Nutzer. Dafür haben die Forscher 400.000 Datensätze mit sieben Millionen Datenpunkten analysiert, darunter Preise von Reisen, Flüge, Bekleidung, Mietwagen, Waschmaschinen und Staubsaugern. Die Preisdifferenzen waren allerdings so marginal, dass die Behörde hier keine Unterschiede feststellt.

Theoretisch ist es sogar möglich, Preise individuell an die Zahlungsbereitschaft der Kunden anzupassen, ähnlich wie bei personalisierter Werbung. Hierbei spielt der Standort eine Rolle: Wer sich in Köln-Lindenthal einloggt, hat statistisch gesehen mehr Geld zur Verfügung als ein Konsument in Köln-Kalk.

Gibt es dynamische Preisanpassungen nur online oder auch in stationären Geschäften?

Das Handelsinstitut EHI mit Sitz in Köln hat Technologie-Trends im Handel beleuchtet und hierfür im vergangenen Jahr IT-Verantwortliche aus 92 Handelsunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt. Das Ergebnis: 19 Prozent setzen Dynamic Pricing bereits stationär ein, 35 Prozent planen es. Elektronische Preisschilder sind längst Standard, hier lassen sich Preise leicht anpassen. Der Elektronikhändler Mediamarkt-Saturn beispielsweise erhält stündlich Updates zu den Preisen der Wettbewerber. Kann es passieren, dass ein Kunde sich zum Beispiel einen Laptop aus dem Regal nimmt und an der Kasse feststellt, dass er in den vergangenen zehn Minuten teurer geworden ist? „Theoretisch ist das möglich, kommt aber wirklich nur in seltenen Einzelfällen vor“, sagt Florian Serr, der bei Mediamarkt-Saturn die Preisgestaltung verantwortet.

„Aus diesem Grund wurden bis vor einigen Jahren die Preise nur außerhalb der Marktöffnungszeiten aktualisiert. Dies haben wir zu Beginn des Lockdowns während der Corona-Pandemie jedoch geändert.“ Das Unternehmen habe „explizit Kundenfeedback dazu eingeholt“, hier habe der positive Aspekt der aktuelleren Preise deutlich vor der Gefahr einer möglichen zwischenzeitlichen Preiserhöhung überwogen. „Zudem möchten wir unseren Kundinnen und Kunden natürlich den bestmöglichen Service bieten, sodass unsere Mitarbeitenden in diesem Fall angehalten sind, Kulanz zu zeigen und das Produkt zum vorherigen Preis zu verkaufen“, sagt Serr.

Sind dynamische Preise überhaupt erlaubt?

Ja, denn die Preisgestaltung obliegt jedem Unternehmen selbst. Dennoch gehen bei der Verbraucherzentrale NRW immer wieder Beschwerden ein, wenn Preise im Laufe eines Tages mehrfach wechseln oder auch je nach Standort verschieden sind. Das liege unter anderem daran, dass die Preisgestaltung online sehr viel unübersichtlicher sei, heißt es von der Verbraucherzentrale, und dass die Verbraucher meist nicht wissen, warum sich der Preis ändert. „Verbraucher können dies dann als unfair empfinden“, sagt Christine Steffen, Juristin der Verbraucherzentrale NRW.

Es gelten daher bestimmte Transparenzregeln. Anbieter müssen zum Beispiel, wenn sie mit einer Preisermäßigung bei Waren werben, auch über den niedrigsten Preis in den vergangenen 30 Tagen vor der Ermäßigung informieren. „Ist der Preis aufgrund einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisiert, muss dies kenntlich gemacht werden. Es gibt aber keine Pflicht für Händler, genauer aufzudröseln, wie der Preis konkret zustande kommt“, so die Juristin. Es ist also nicht immer leicht zu bewerten, ob der angezeigte Preis ein guter Preis ist oder nicht. Hier können Preisvergleichsportale helfen oder ein Blick in die Preisentwicklung der vergangenen Wochen und Monate, empfiehlt Steffen.

Wie kann ich dynamische Preise vermeiden?

Umgehen kann man sie wohl kaum, wohl aber dafür sorgen, dass Algorithmen weniger Daten zur Verfügung haben. Experten empfehlen beispielsweise, Cookies zu löschen, da sie Informationen über das Surfverhalten speichern. Es lassen sich auch Zusatzfunktionen im Internetbrowser installieren, die dafür sorgen, dass bestimmte Daten nicht an die Website-Betreiber übermittelt werden. Wer keine Daten im Browser speichern oder weitergeben möchte, kann in den privaten Modus wechseln, auch Inkognito-Modus genannt. Anonym ist man dadurch aber nicht - Website-Betreiber können das Surfverhalten dennoch einsehen. Cookies hingegen werden beim Verlassen der Website direkt gelöscht.