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Kölner Taxi-Gewerbe kämpft um Existenz„Einen Preiskampf gegen Uber können wir nicht gewinnen“

Lesezeit 6 Minuten
Taxifahrer warten am Breslauer Platz auf Kundschaft.

Taxifahrer warten am Breslauer Platz auf Kundschaft. Die Konkurrenz von Uber wird immer härter.

Die Kölner Taxi-Branche steht unter erheblichen Druck durch Mietwagendienste wie Uber. Jetzt soll ein Mindesttarif für fairen Wettbewerb sorgen.

Das Gutachten der Stadtverwaltung zur Lage des Kölner Taxigewerbes vom November 2023 ist alarmierend. Die Zahl der Taxis geht seit dem Markteintritt von Uber im April 2019 mit einem Minus von 4,7 Prozent kontinuierlich zurück, gleichzeitig stieg die Zahl der Mietwagenanbieter um 96 Prozent. Ein Jahr später gibt es noch keinen konkreten Zeitplan, wie die im Gutachten vorgeschlagenen Regelungen umgesetzt werden sollen. Am Donnerstag steht das Thema auf Antrag der SPD-Fraktion im Stadtrat auf der Tagesordnung. Alexander Tritschkow, Geschäftsführer von Taxi 17 in Köln, spricht über die Herausforderungen.

Herr Tritschkow, Sie waren lange Jahre im Vorstand Kölner Taxi-Rufs und betreiben mit Taxi 17 seit zehn Jahren ein eigenes Unternehmen. Das Taxigewerbe in Köln kämpft um seine Existenz. Ist das zu dramatisch formuliert?

Alexander Tritschkow: Nein. Wir haben in Köln inzwischen 1500 Anbieter im Mietwagenbereich, die meisten davon von Uber. Das sind inzwischen mehr als die klassischen Taxis. Da liegen wir bei 1100. Uber fährt deutlich günstiger, kostet im Schnitt nur zwei Drittel oder sogar nur die Hälfte. Wie man damit wirtschaftlich überleben kann, entzieht sich jeder logischen Erklärung. Zu dem Umsatz pro Stunde, den Uber macht, kann niemand wirtschaftlich arbeiten, der sich auch nur einigermaßen an die Regeln hält. Das ist völlig ausgeschlossen. Pro Fahrer muss ein Taxi pro Stunde 35 Euro Umsatz machen.

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Alexander Tritschkow Geschäftsführer Taxi 17 Köln

Alexander Tritschkow (65), Geschäftsführer von Taxi 17 in Köln, sieht die Branche im Überlebenskampf gegen Mietwagenkonkurrenten wie Uber.

Wie können Sie sich mit Taxi 17 in diesem Markt behaupten?

Wir haben nur 80 Fahrzeuge und arbeiten in einer Nische. Wir haben sehr viele Patientenfahrten, Stammkunden mit besonderen Wünschen und ein umfangreiches Backoffice, das sich um sie kümmert. Insofern kommen wir klar.

Dennoch haben Sie bei der Stadtverwaltung beantragt, dass die Tarife erhöht werden. Warum?

Das Taxigewerbe ist an einen festen Tarif gebunden. Wir arbeiten mit allen angeschlossenen Unternehmen mit Fiskal-Taxametern. Alle Einnahmen werden aufgezeichnet, versteuert und sozialversichert. Wenn dann der Mindestlohn wie geschehen zum zweiten Mal steigt, die Tarife aber nicht angepasst werden, passt das einfach nicht mehr. Deshalb habe ich die Stadt gebeten zu prüfen, ob die Wirtschaftlichkeit unter diesen Umständen noch gewährleistet ist. Die Stadt ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Tarif erhöht werden muss und formuliert einen entsprechenden Antrag für den Stadtrat. In aller Regel wird die Erhöhung dann beschlossen.

Diesmal aber nicht. Aus welchem Grund?

Der Kölner Taxi-Ruf hat aus Gründen, die aus meiner Sicht mit Wirtschaftlichkeit nichts zu tun haben, die Tariferhöhung abgelehnt. In dem Glauben, dass man Uber über den Preis bekämpfen kann. Einen Preiskampf gegen Uber können wir nicht gewinnen. Das ist völliger Unsinn. Uber wird immer günstiger fahren, als Taxiunternehmen das können, wenn sie korrekt arbeiten.


Alexander Tritschkow (65) ist Geschäftsführer von Taxi 17 in Köln und ein Kenner der Kölner Taxiszene. Bis vor zehn Jahren saß er im Vorstand des Kölner Taxi-Rufs, kehrte der Genossenschaft den Rücken und ist seither mit 80 Fahrzeugen in einem Nischengeschäft unterwegs.


Warum?

Man glaubt offenbar, dass mit der Einführung eines Mindesttarifs für Mietwagendienste, den es in Leipzig ja schon gibt, sich automatisch ein fairer Wettbewerb entwickelt. Das wird aber nicht der Fall sein, weil die halbe Welt inzwischen Uber fährt. Jeder Köln-Besucher, jeder Geschäftsreisende nutzt die Uber-App. Aus dem Kundenkreis kommt doch keiner auf die Idee, zunächst den örtlichen Taxitarif mit dem Uber-Preis zu vergleichen. Auch mit dem Mindesttarif wird man Uber nicht vom Markt verdrängen. Das ist ein Irrglaube.

Das klingt fürs klassische Taxigewerbe ziemlich unerfreulich.

Die Stadt muss die Frage beantworten, ob sie im Rahmen des öffentlichen Nahverkehrs und der Daseinsvorsorge ein Taxiangebot für die letzte Meile haben will. Also ein Transportmittel, von dem der Bürger weiß, dass es immer zur Verfügung steht, es ihn fahren muss und im Groben weiß, was es kostet. Wenn das so weiterläuft, erledigt sich das irgendwann von selbst.

Die Regionalbahnen in NRW werden die Zusammenarbeit mit Uber ab Januar beenden. Sie werfen Uber Lohndumping und mangelnde Kooperation vor. Bei Verspätungen ab 20 Minuten konnte man sich bisher Mietwagendienste bis zu einer Obergrenze von 30 Euro erstatten lassen, nachts sogar bis 60 Euro. Halten Sie das für gerechtfertigt?

Diesen Standpunkt kann man durchaus teilen. Als Auftraggeber kann ich so reagieren, wenn die Sozialstandards nicht eingehalten werden. Den Kunden muss es nicht interessieren, ob der Fahrer Steuern zahlt, ob er sozialversichert ist oder das Auto vernünftige Bereifung hat.

Könnte die Stadt Uber wegen dieser Vorwürfe nicht auch ausschließen?

Die für Uber tätigen Unternehmer können aus meiner Sicht die gesetzlichen Vorgaben nicht einhalten. Es ist ihnen meiner Ansicht nach nicht möglich, die notwendigen Umsätze pro Stunde zu erwirtschaften, die notwendig wären für einen korrekten Betrieb. Ich vermute, dass viel mehr Stunden gemacht werden als gesetzlich erlaubt. Am Ende wird es dann „passend“ gemacht, zu Lasten der Sozialversicherung und des Finanzamts.

Kontrolliert das denn keiner?

Die Genehmigungsbehörden haben kein Personal und zeigen aufs Finanzamt. Das kann gar nicht so viel kontrollieren, wie es erforderlich wäre. Wenn die Unternehmen nur kleine Umsätze angeben, wird das gar nicht erst überprüft. Das Finanzamt weiß auch häufig gar nicht, wie viele Fahrzeuge ein Unternehmen einsetzt. Dazu kommt noch die Praxis der 24-Monate-GmbH. Bevor da eine Prüfung ansteht, hat die längst den Eigentümer gewechselt.

Da hat Köln wenig Handlungsspielraum, oder?

Bis auf den Mindesttarif gibt es für eine Stadt kaum eine Handhabe. Als Bundesland hat es Hamburg immerhin geschafft, den Mietwagenbetrieb einzudämmen. Schon bei der Genehmigung wird dort genau geprüft, ob der Businessplan plausibel ist. Für die Dauer der Genehmigung muss dann ein bestimmter Betrag als Sicherheit hinterlegt werden. Die Allermeisten scheitern daran. Das müsste man in NRW aber landesweit einführen. Selbst wenn es so käme. Bei der Masse an Mietwagen in Köln käme man mit den Kontrollen gar nicht hinterher. So viele Mitarbeiter haben die gar nicht.

Wie geht’s jetzt weiter?

Wir brauchen einen Tarif, der die Taxiunternehmen in die Lage versetzt, mit ihren Fahrten Geld zu verdienen. Deshalb habe ich alle Fraktionen im Stadtrat angeschrieben, die den Tarifantrag abgelehnt haben und gefragt, wie sie auf diese Idee gekommen sind. Und wir werden gezwungen sein, Anfang des Jahres einen neuen Antrag zu stellen, weil ab Januar der neue Mindestlohn gilt. Wir brauchen eine Erhöhung zwischen fünf und sechs Prozent, um das aufzufangen.