Picnic, Lanxess und Co.Diese NRW-Unternehmen profitieren zurzeit von Corona
- Das Coronavirus könnte für viele Unternehmen existenzbedrohende Folgen haben.
- Es gibt aber auch Branchen, die zurzeit von der Ausbreitung des Virus profitieren.
- „Der Markt dreht durch“, sagt ein Händler von Desinfektionsmitteln. Ein Übersicht aus der Region.
Köln – Die Ausbreitung des Coronavirus produziert Krisenmeldungen am laufenden Band: Die Fallzahlen steigen rasant, weltweit ächzen die Gesundheitssysteme, die Politik, die Wirtschaft.
Trotz aller schlechten Nachrichten gibt es aber auch einige Branchen, die – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt – von der Krise profitieren können. Ein Überblick.
Desinfektionsmittel
„Wir verzeichnen eine massiv angezogene Nachfrage nach Desinfektionsmitteln“, sagt Frank Müller von der Kurt Müller GmbH, Großhandel für Hygienebedarf aus Pulheim. Weniger nüchtern ausgedrückt, hört sich das so an: „Der Markt dreht durch“. Das Unternehmen sei aktuell nur bedingt lieferfähig, vor allem Stammkunden würden aber weiter versorgt, sagt Müller im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Nicht jeder Auftrag eines Neukunden könne aber bedient werden, und wenn doch, dauere es womöglich 14 Tage. Aufgrund einiger Großaufträge habe sich der Monatsumsatz vermutlich verdrei- oder vierfacht, die genauen Zahlen seien noch nicht erhoben worden, sagt Müller.
Der Kölner Spezialchemiekonzern Lanxess verzeichnet ebenfalls eine große Nachfrage nach seinem Desinfektionsmittel Rely-On Virkon, das das neuartige Coronavirus auf Oberflächen abtötet. Die Produktion des Mittels im britischen Sudbury sei „so weit hochgefahren, wie es nur irgendwie geht“, sagt ein Sprecher auf Anfrage dieser Zeitung.
Lebensmittelhandel
Sie sind eines der prägenden Bilder der Corona-Epidemie: leergekaufte Supermarktregale. Laut Gesellschaft für Konsumforschung (Gfk) hat der Lebensmitteleinzelhandel in der letzten Februar 14 Prozent mehr Umsatz gemacht als in der Kalenderwoche zuvor. Wie die Lebensmittel-Zeitung berichtet, haben in Lidl-Filialen in Ballungsgebieten die Tagesumsätze vereinzelt um fast 80 Prozent zugelegt.
Vor allem lange haltbare Produkte werden aktuell verstärkt nachgefragt – und hier ganz besonders Konserven und Teigwaren. Die Zahlen sprechen für sich: Der Verkauf von Suppen-Eintöpfen stieg in der letzten Februarwoche um 112 Prozent gegenüber der Vorwoche, der von Gemüse-Konserven um 80 Prozent. Auch Fisch- und Obst-Konserven (plus 70 Prozent) und Teigwaren (plus 73 Prozent) waren extrem gefragt.
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Jörg Hamel, Geschäftsführer des Handelsverbands in der Region Aachen/Düren/Köln, betont aber, dass es sich vor allem um vorgezogene Umsätze handele: „Es gibt schließlich keinen erhöhten Bedarf“, sagt er. Die Produkte, die eingekauft würden, müssten dann auch erst einmal wieder verbraucht werden – die Umsätze würden also auch wieder fallen.
Dennoch: Aktuell hamstern die Deutschen weiter reichlich Lebensmittel. Neben den stationären Händlern verzeichnen dabei auch Lieferdienste große Nachfrage-Sprünge. Der Online-Supermarkt Picnic verbucht aktuell ein Plus von fast 50 Prozent. „Wir sehen sowohl viele neue Kunden, die sich anmelden, als auch größere Bestellungen unserer bestehenden Kunden“, sagt Deutschland-Chef Frederic Knaudt. Besonders gefragt seien haltbare Lebensmittel und Hygieneartikel. Die würden aktuell „bis zu zehnmal mehr bestellt“. Picnic liefert in Deutschland in den Raum Düsseldorf und das Ruhrgebiet.
Auch der Getränkelieferant Flaschenpost aus Münster beobachtet aktuell ein „erhöhtes Bestellaufkommen“. Der Rewe-Lieferservice verzeichnet eine „deutlich erhöhte Nachfrage nach lang haltbaren Lebensmitteln, Nährmitteln, Konserven, Drogerie“, analog zum stationären Handel.
Telefonkonferenzen
Immer mehr Unternehmen bieten ihren Angestellten an, ihre Arbeit vorsichtshalber aus dem Home Office zu erledigen. Andere bereiten sich zumindest auf den Quarantäne-Fall vor und schaffen die Voraussetzungen für die Arbeit aus dem heimischen Büro. Das führt aktuell zu einer rasanten Geschäftsentwicklung bei Anbietern von Telefonkonferenzen und Herstellern von Kommunikationssoftware: Der amerikanische Videokonferenz-Anbieter Zoom habe in den ersten zwei Monaten dieses Jahres mehr Nutzer gewonnen als im ganzen Jahr 2019, berichtet das „Handelsblatt“.
Milliardenverluste
Durch die Absagen und Verschiebungen von Messen in Deutschland wegen des Coronavirus ist der Messestandort Deutschland schon jetzt erheblich betroffen. Das Institut der Deutschen Messewirtschaft Auma hat die Effekte auf Basis von Daten des Ifo-Instituts berechnet. Demnach sind Einbußen für die Gesamtwirtschaft von fast drei Milliarden Euro zu erwarten. Mehr als 24 000 Arbeitsplätze sind betroffen und dem Fiskus entgehen über 470 Millionen Euro Steuereinnahmen. In den Summen sind nicht die den Unternehmen entgangenen Umsätze enthalten, die sie auf Messen getätigt hätten. (cos)
Gut laufen die Geschäfte beispielsweise auch beim Düsseldorfer Unternehmen Cofonico. Der Dienstleister für Telefonkonferenzen, der auch eine kostenlose Variante anbietet, verzeichne aktuell bereits rund 45 Prozent mehr Verbindungen pro Woche als üblich. „Es gibt bei uns einen deutlichen Anstieg von Neuanmeldungen“, sagt Geschäftsführer Pascal Tilly: „Eine andere Erklärung als das Coronavirus habe ich dafür nicht.“