- Wegen des Coronavirus wird eine Messe nach der anderen verschoben. Den Messegesellschaften entgehen dadurch Millionen Euro.
- Die Verluste belasten aber nicht nur die Messen in Köln und Düsseldorf, sondern auch Zulieferer, Hotels und Taxifahrer.
- Unsere Autoren analysieren die schwierige Lage der Unternehmen.
Köln – Die Verschiebung zahlreicher Messen in Köln und Düsseldorf dürften nicht nur die Messegesellschaften wirtschaftlich belasten, sondern auch in den beiden Städten zu erheblichen Einnahmeausfällen führen. Zehntausende Besucher, die nicht anreisen, übernachten, essen oder Taxi fahren – auch wenn die Veranstaltungen dieses oder nächstes Jahr nachgeholt werden, so fehlen die Einnahmen zum jetzigen Zeitpunkt.
In Köln wurde die Eisenwarenmesse auf das kommende Jahr vertagt, die Fitnessmesse Fibo wird wohl in den Herbst wandern. Gestern gab die Kölner Messe bekannt, dass auch die Handarbeitsmesse h&h verschoben wird.
„In 30 Jahren nicht erlebt“
„Eine Situation wie diese habe ich in mehr als 30 Berufsjahren im Messegeschäft nicht erlebt – den Irak-Krieg, SARS und die Lehman-Pleite eingeschlossen“, sagt der Kölner Messechef Gerald Böse. Aktuell sei es nicht seriös, konkrete Prognosen abzugeben. Die Folgen für die Bilanz 2020 seien zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht im Detail zu beziffern. Es stehe aber fest, dass es Einbußen in Millionenhöhe geben werde. Stornierungen, so Böse, gebe es auch im internationalen Geschäft, vor allem in China, Singapur und Indien, aber auch in Thailand und Japan.
In Köln müssen auch Dienstleister wie Standbau und technische Services schwere Einbußen verkraften. Hier schätzt der Fachverband Messe- und Ausstellungsbau (Famab) den bereits entstandenen Schaden in ganz Deutschland auf bis zu eine Milliarde Euro im ersten Quartal. „Zum Beispiel wurden Messestände ja bereits aufgebaut und mussten später zurückgebaut werden“, sagt Harald Kötter, Sprecher des Messebranchenverbandes Auma. Viele Messen sollen nachgeholt werden, die Kompensation werde aber nur selten 100 Prozent erreichen, schätzt Kötter. Gegen Ausfälle wie nun im Falle des Coronavirus seien Messegesellschaften in der Regel nicht versichert.
Besucher geben durchschnittlich 384 Euro aus
Um eine Idee der wirtschaftlichen Schäden zu bekommen, kann man sich vor Augen führen, dass sich die Zahl der Besucher etwa bei der Eisenwarenmesse an vier Tagen auf 50.000 beläuft. Laut einer Ifo-Studie gibt jeder Messebesucher durchschnittlich 384 Euro aus, rund die Hälfte davon in Köln. Die Fitnessmesse Fibo hatte im vergangenen Jahr rund 1100 Aussteller und an den vier Veranstaltungstagen insgesamt rund 140.000 Besucher. Die deutlich kleinere Messe für Handwerk und Hobby h&h zählte beim letzten Mal 429 Aussteller und etwa 17.000 Besucher.
„Wir haben Rückmeldungen von großen Hotels, dass jeweils Einnahmen im niedrigen sechsstelligen Bereich weggebrochen sind“, sagt Christoph Becker, Geschäftsführer des Dehoga. Auch er geht davon aus, dass die Schäden in der Stadt weit in die Millionen gehen. Genau lasse sich das natürlich nicht beziffern, aber die Hotels und Gaststätten hätten nicht nur mit der Verschiebung der Messe zu kämpfen, sondern mit dem Buchungsstillstand im Zuge der Corona-Epidemie insgesamt. Die Zahl der Reisenden würde deutlich zurückgehen, zahlreiche Kongresse und Tagungen abgesagt, so Becker. Weitere könnten folgen.
„Wir werden weiterhin wie bisher zu jeder Veranstaltung die Empfehlungen der zuständigen Behörden bezüglich Großveranstaltungen bewerten und weitere Entscheidungen nach sorgfältiger Abwägung treffen“, sagte Messechef Böse mit Blick auf die anstehenden Messen wie etwa der Art Cologne Ende April.
Sieben geplante Leitmessen verschoben
Ähnlich gestaltet sich die Lage in Düsseldorf. Die Messegesellschaft hat sieben für März geplante Messen verschoben. Konkret betrifft es die internationalen Leitmessen Prowein, Wire, Tube, Beauty, Top Hair sowie die Energy Storage Europe. Die Höhe des Umsatzausfalls will man in Düsseldorf zum jetzigen Zeitpunkt nicht beziffern, weil man auf Nachholtermine hofft.
„Wir sind in enger Abstimmung mit den jeweiligen Partnern, um Nachholtermine zu avisieren“, sagt eine Sprecherin der Messe. Das aber dürfte ein organisatorischer Kraftakt werden. Denn in Düsseldorf ist gerade ein Supermessejahr gestartet. 2020 sollen sowohl die Interpack als auch die Drupa in der Landeshauptstadt stattfinden, entsprechend voll ist das Messegelände. Beide Weltleitmessen wurden bislang nicht abgesagt.
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Den Schaden durch die Verschiebungen kann man nur schätzen. Bei Investitionsgütermessen lassen Gäste laut einer Ifo-Studie für Düsseldorf aus 2017 zwischen 400 und 490 Euro pro Tag in der Stadt für Hotel, Gastronomie und Shopping. Die Beauty etwa hatte zuletzt 68.000 Besucher an insgesamt drei Messetagen, die Prowein im vergleichbaren Zeitraum 62.000 Gäste. Erfahrungsgemäß geben Besucher solcher Industriemessen fast fünf Mal so viel am Standort aus wie die Gäste von Verbrauchermessen.
„Unsere Kunden, Partner und Mitarbeiter vertrauen uns“, sagt Düsseldorfs Messechef Werner Dornscheidt. Nicht nur, was die professionelle und erfolgreiche Abwicklung internationaler Großveranstaltungen in Düsseldorf angehe. „Dieses Vertrauen können sie auch dann in uns haben, wenn wir kritische Lagen im Sinne ihrer Sicherheit entscheiden“, so Dornscheidt.