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Interview

Filialen schließen
Postbank baut um – 45 NRW-Standorte verlieren ihre Post-Schalter

Lesezeit 7 Minuten
ARCHIV - 25.03.2019, Brandenburg an der Havel: Ein Schild mit dem Logo der Postbank ist an der Fassade einer Bankfiliale angebracht. Jahre nach der Komplettübernahme der Postbank durch die Deutsche Bank beschäftigen Nachforderungen von Aktionären noch einmal den Bundesgerichtshof (BGH). (zu dpa "Frühere Postbank-Aktionäre und Deutsche Bank streiten vor dem BGH") Foto: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Ein Schild mit dem Logo der Postbank ist an der Fassade einer Bankfiliale angebracht. In NRW sollen zahlreiche Filialen schließen.

Die Tochter der Deutschen Bank schließt in NRW 20 Filialen. Postbank-Manager Dominik Hennen spricht über die Strategie und das Filialnetz.

Herr Hennen, die Deutsche Bank fährt eine Mehrmarken-Strategie, das ist von außen schwer nachvollziehbar. Wo sehen Sie die Marke Postbank?

Dominik Hennen: Ich bin seit anderthalb Jahren bei der Bank. Und als ich kam, habe ich mir unter anderem diese Frage gestellt. Postbank und Deutsche Bank haben ein komplett unterschiedliches Klientel, was die Erwartungshaltung an die Bank angeht. Weniger als drei Prozent der Kunden haben bei beiden Häusern eine Bankverbindung, was zeigt, dass beide Marken ein separates Segment bedienen. Das erhöht unsere Möglichkeiten deutlich. Wir haben 19 Millionen Kunden, zwölf Millionen bei der Postbank und weitere sechs Millionen im Personal Banking der Deutschen Bank.

Ich darf also mit meinem Team 18 Millionen Kunden verantworten. Die restlichen Kunden werden im Bereich Wealth Management und Private Banking betreut. Damit sind wir klarer Marktführer in Deutschland, fast jeder vierte deutsche Bankkunde ist unser Kunde. Die Postbank-Marke hat durch die Folgen der IT-Migration in den letzten zwei Jahren gelitten, das gilt es nicht schönzureden. Das ist abgeschlossen, jetzt kommt die positive Story.

Aber was ist die Stärke der Marke?

Die Stärke der Marke Postbank zeigt sich etwa darin, dass die Kunden sehr loyal sind. Sie waren es bisher gewohnt, vor allem über die Filiale mit uns in Kontakt zu treten. Von den zwölf Millionen kommen etwa dreieinhalb Millionen in unsere traditionellen Standorte. Davon nutzen wiederum zweieinhalb Millionen unsere täglichen Bankservices und eine Million Menschen wollen qualifiziert beraten werden. Alle anderen erledigen heute ihre Bankgeschäfte schon per Online- oder Mobile-Banking. Das heißt: Die Postbank war traditionell eine Filialbank, ihre Kunden sind inzwischen immer stärker digital-affin.  

Deshalb wollen wir neben unserem Filialnetz auch ein führendes Digitalangebot aufbauen. Es gibt heute Banken wie ING oder Comdirect, die rein digital sind, und es gibt die Genossenschaftsbanken oder Sparkassen, die starke Filialnetze haben. Wir wollen als Postbank dazwischenstehen und beides bieten: ein optimiertes Filialnetz und eine moderne Service- und Produktpalette, die komplett digital angeboten wird. Der Mehrwert ist das Zusammenspiel dieser Kanäle aus Sicht des Kunden, der bei uns neben den täglichen Bankprodukten auch die Baufinanzierung oder den Makler für den Kauf oder Verkauf seines Hauses findet. Das ist unser Omnikanal-Ansatz.

Und die neue Postbank-App, die wir in den letzten Monaten Stück für Stück verbessert haben und die mittlerweile wieder sehr gut bewertet wird, wird vieles leisten können. Komplettiert wird das Ganze nun durch eine starke Remote- und Video-Beratung, die wir für die Postbank sukzessive auf- und ausbauen – an elf Standorten und mit einer dreistelligen Anzahl an Beraterinnern und Beratern.


Dominik Hennen (43) ist seit 2023 bei der Postbank Leiter Personal Banking. Der Bereich umfasst das breite Privatkundengeschäft der Marken Deutsche Bank und Postbank und einen Großteil der 19 Millionen Kunden der Privatkundenbank. Damit ist er auch der Deutschlandchef der Postbank. Hennen war zuvor bei Talanx und McKinsey. Der promovierte Diplom-Kaufmann lebt mit seiner Familie in Neuss. Der Zwei-Meter-Mann war einst Profi-Basketballspieler für die Frankfurt Skyliners und wurde 2004 Deutscher Meister.


Nochmal zurück zu den beiden Marken. Sie brauchen zwei Online-Bankings, zwei Apps, zwei Filialnetze. Ist das nicht wirtschaftlicher Quatsch?

Unsere Wettbewerber beneiden uns um unsere beiden starken Marken. Ihre Positionierung ist unterschiedlich. In der Postbank setzen wir künftig auf das Prinzip „mobile first“. Die App ist der erste Anlaufpunkt für den Kunden. Wenn er eine persönliche Beratung haben möchte, dann kann er sich per Video oder Telefon beraten lassen oder auf eine unserer Filialen zurückgreifen. In der blauen Welt (der Deutschen Bank, Anm. d. Red.) ist es eher andersherum.

Hier setzen wir auf einen Omnikanal-Ansatz mit einer starken Beratung. Der physische Kontakt steht dabei weiterhin im Vordergrund. Auch wenn wir zwei Marken haben: Ab diesem Sommer sind die Prozesse und Steuerung im Hintergrund auf einer Technologieplattform. Dann können wir trotz der Mehrmarkenstrategie weitere Synergien heben und noch effizienter arbeiten.

Dafür haben Sie bei den „Blauen“ aber unheimlich viele Filialen geschlossen in den vergangenen Jahren…

Zusammen mit der Postbank haben wir nach den Reduktionen noch das größte Filialnetz aller Privatbanken in Deutschland. Es ist seit Ende 2024 bekannt, dass wir bei der Deutschen Bank eine mittlere zweistellige Zahl an Filialen schließen werden. Das ist deutlich weniger als bei der Postbank. Hier verringern wir bis Ende 2026 unser Netz von 550 Filialen auf 320 Standorte und passen es damit dem geänderten Nutzerverhalten an. Der Deutsche-Bank-Kunde ist anspruchsvoller, was zum Beispiel die Breite der Investmentprodukte angeht, die er nutzen möchte. Der Postbank-Kunde braucht eine Bank, die ihm schnell, bequem und effizient bei seinen täglichen Geschäften hilft. Er braucht eher kein Riesen-Produktportfolio.

Das heißt die Marke Postbank bleibt bis auf weiteres erhalten?

Ja. Übrigens haben wir bei den Postbank-Kunden auch sehr vermögende, die auch im Wealth Management der Deutschen Bank gut aufgehoben wären, die wollen aber bei der Postbank bleiben. Die Norisbank als rein digitale Tochter der Deutschen Bank führen wir übrigens ebenso fort.

Wie viele Stellen werden im Zuge dieser Filialschließungen abgebaut? Wird es betriebsbedingte Kündigungen geben?

In Deutschland werden in diesem Jahr insgesamt rund 2000 Stellen abgebaut, dies geschieht über alle Bereiche hinweg. Es wird dabei einen sozialverträglichen Stellenabbau geben.

Diese Trennung der Deutschen Bank in Privatkunden – Sie sagen Personal-Banking-Kunden, und Vermögenskunden kommt mir sehr vertraut vor. Sind Sie nicht zur Jahrtausendwende mit der Schaffung der „Deutsche Bank 24“ krachend gescheitert, mit der Ausgliederung des Privatkundengeschäfts? Begehen Sie den gleich Fehler wieder?

Nein, den Vergleich zur „Deutschen Bank 24“ sehe ich nicht. Die Deutsche Bank hat ihr Geschäft mit privaten Kunden 2023 bedarfs- und kundengerecht neu aufgestellt. Im breiten Privatkundengeschäft, dem Personal Banking, wollen wir vor allem unsere Zugangswege weiter digitalisieren, weil die Menschen das wünschen. Im Wealth Management und Private Banking hat der  Kunde vielleicht mehr Geld, will investieren und sein Geld vermehren. Das ist, vereinfacht ausgedrückt, das Angebot unserer Privatkundenbank im Heimatmarkt, und damit decken wir die gesamte Palette der Kundenbedürfnisse ab.

Wie wird denn die Postbank-Filiale der Zukunft aussehen?

Das ist zweigeteilt. Für die 320 Filialen, die wir ab 2026 haben, gibt es zwei Schwerpunkte. Es wird 120 reine Beratungsfilialen, also ohne Post-Dienstleistungen, geben, davon startete übrigens die erste in Neuss. Wie der Name schon sagt, setzen wir hier stark auf Beratung unserer Kunden, aber auch auf ein digitales Produkt- und Serviceangebot, und modernes Design. Dort gibt es im Schnitt fünf Mitarbeiter. Man spricht so viel über die Reduktion der Filialen – aber wir investieren auch stark in die verbleibenden Standorte, modernisieren diese und investieren einen dreistelligen Millionenbetrag in Digitalisierung und auch in die Modernisierung der Cash- und SB-Geräte.

Reine Beratung heißt dann auch: kein Geldautomat, keine Kasse?

Das kommt drauf an. In einigen gibt es weiterhin Geldautomaten, Kassen gibt es nicht mehr. Allerdings haben wir letzten Sommer eine Kooperation mit Paysafe abgeschlossen, die es den Postbank-Kunden ermöglicht, mit der App an mehr als 12.500 zusätzlichen Cash-Points Geld abzuheben und einzuzahlen. Wir haben also unser Netzwerk ausgebaut und zugänglicher gemacht.

Was wird mit den anderen 200 Filialen?

In den anderen 200 Filialen werden weiterhin auch Post-Dienstleistungen angeboten.


In Köln betreibt die Postbank aktuell neun Filialen. Eine davon ist eine reine Beratungsfiliale, die anderen acht bieten aktuell noch Post-Dienstleistungen an. Künftig gibt es noch sechs Filialen, drei mit und drei ohne Post-Dienstleistungen. Welche Filialen geschlossen oder umgewandelt werden, ist noch nicht öffentlich bekannt. In der Region gibt es weitere Postbank-Standorte mit Post-Dienstleistungen derzeit unter anderem in Bergisch Gladbach, Frechen, Brühl, Leverkusen, Troisdorf, Siegburg und Euskirchen.


Welche Standorte in NRW werden geschlossen, welche werden zu Beratungsfilialen?

Wir optimieren unser Filialnetz in NRW, um den Menschen dort auch zukünftig ein bedarfsgerechtes Angebot bieten zu können. Aktuell gibt es in NRW 85 Postbank-Filialen, zukünftig werden es 65 sein. Davon werden 25 in Beratungsfilialen umgewandelt, zwei im Kölner Stadtgebiet. Von den 20 anstehenden Schließungen in NRW ist noch keine Filiale geschlossen. Die Standorte geben wir bekannt, sobald alle Details und Schließungstermine feststehen.

Wir haben hier einen sauberen Prozess. Die Kunden werden bis zu sechs Monate vorher angeschrieben und zu einem Beratungsgespräch eingeladen. Hier erläutern wir unseren Kunden, wo sie künftig beraten werden und welche Möglichkeiten es für ihre spezifischen Anliegen gibt, zum Beispiel in der nächsten Filiale, durch die neuen Videoberatungscenter, die App oder auch im Call-Center. Wir nehmen also unsere Kunden an die Hand und sagen, wie es weitergeht.

Wo bekommen die Menschen ihr Bargeld her mit viel weniger Filialen?

Neben unseren Filialen und den Automaten der Cashgroup können Kunden jetzt auch 12.500 Einzelhändler wie Supermärkte oder Drogerien nutzen, um Geld abzuheben. Mithilfe der App können sie dort sogar bis zu 999 Euro am Tag abheben oder einzahlen, wesentlich mehr als bislang, da waren es 100 Euro. Und wir haben in den letzten Monaten unsere bundesweite Selbstbedienungs-Infrastruktur erneuert. Dabei reduzieren wir die Anzahl der SB-Geräte, also SB-Terminals und Geldautomaten, trotz Schließung von Filialen nicht.