Private HochschulenWarum es in NRW einen Boom an „Privatstudierenden“ gibt
- Nordrhein-Westfalen ist das Bundesland mit den meisten „Privatstudierenden“ in Deutschland.
- Mehr als 80.000 Studierende sind in NRW an einer privaten Hochschule eingeschrieben. Und die Zahl wächst stetig an.
- Wo liegt die Attraktivität der nicht-staatlichen Hochschulen?
Köln – Das Studieren an privaten Hochschulen im Rheinland boomt. Die Zahl der Studierenden wächst seit Jahren.
Und Nordrhein-Westfalen ist dabei das Bundesland mit den meisten „Privatstudierenden“ in Deutschland: Mehr als 80.000 Studierende sind laut einer Studie des Statistischen Bundesamts (Destatis) in NRW an einer privaten Hochschule eingeschrieben.
Zahl verzehnfacht
Der deutliche Anstieg ist an den bundesweiten Zahlen zu erkennen: Während im Jahr 2000 in Deutschland rund 25.000 Studierende an einer privaten Hochschule eingeschrieben waren, hat sich die Zahl zum Jahr 2018 verzehnfacht.
Die Attraktivität der privaten Hochschulen liege insbesondere in der engen Verzahnung mit der Wirtschaft, so Melanie Heger, Sprecherin der Fachhochschule des Mittelstands (FHM). „Zum einen gibt es durch die enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaft eine hohe Anschlussquote der Studierenden nach dem Abschluss und zum anderen können die privaten Hochschulen wirtschaftsnahe Modelle anbieten, die sich an den Bedarf anpassen.“
So sei der Studiengang „Sozialpädagogik und Management“ derzeit der größte Studiengang der FHM, weil sich Erzieher durch ein standardisiertes Anrechnungsverfahren ihre Ausbildung anrechnen lassen könnten und so nur die Hälfte des Studiums absolvieren müssten. „Also perfekt für Erzieherinnen, die eine leitende Funktion übernehmen möchten“, so Heger. Zudem seien das Teilzeit- und das Fernstudium in den vergangenen Jahren zunehmend beliebter geworden.
Studierende in Not
Seit Mitte Juni gibt es in der Corona-Krise auch Hilfen für Studierende. Wer die Leistung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung beantragen will, muss das über das Online-Portal tun. Nicht immer läuft dabei alles rund, wie das Deutsche Studentenwerk (DSW) mitteilt. So muss anstatt von Abkürzungen wie FH, LMU oder TU der korrekte Name der Hochschule eingegeben werden. Weitere Lösungsvorschläge für häufige Probleme beim Online-Antrag hat das Studentenwerk in einem FAQ gesammelt. (dpa)
Auch Peter Thuy, Rektor der IUBH Internationalen Hochschule, sieht einen Vorteil in den flexiblen Angeboten mit Teilzeit, berufsbegleitendem und dualem Studieren, die staatliche Hochschulen kaum bieten. „Wir nehmen den staatlichen Anbietern aber nichts weg, wir vergrößern den Markt“, so Thuy. Es gebe heute allerdings auch deutlich mehr Anbieter auf dem privaten Bildungsmarkt, was den Anstieg der Studierendenzahl ebenfalls erkläre.
25 private Fachhochschulen
In Nordrhein-Westfalen gibt es laut der Studie der Destatis 25 private Fachhochschulen mit insgesamt 35 Standorten und eine private Universität (Stand 2018): die Universität Witten-Herdecke, an der im Wintersemester 2018/2019 rund 2500 Studierende eingeschrieben waren.
Mit 23 199 Studierenden waren demnach in NRW die meisten an der Hochschule für Ökonomie und Management (FOM) eingeschrieben, die ausschließlich berufsbegleitendes Studieren anbietet. „Dass dieses Studienmodell attraktiv ist und angenommen wird, zeigt sich an einer konstanten Steigerung der Studierendenzahl in den letzten Jahren“, sagte Thomas Kirschmeier, Sprecher der FOM, der laut eigenen Angaben mit bundesweit 55 000 Studierenden größten privaten Hochschule Deutschlands. „Und mit 25 200 Studierenden im Wintersemester 2019/2020 in NRW ist erneut ein Anstieg zu verzeichnen“, so Kirschmeier.
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Das Potenzial im Studium für Berufstätige sieht er darin, dass neben der finanziellen Sicherheit durch den Job der Karriere ein Schub gegeben werden kann. „Zudem ist es ein Vorteil der privaten Hochschulen, dass das Präsenzstudium in kleinen Seminargrößen stattfindet und nicht in überfüllten Hörsälen. Die individuelle Betreuung ist ein deutlicher Qualitätsvorteil.“ Natürlich spiele bei NC-belasteten Fächern auch die Zulassungsfreiheit an privaten Hochschulen eine Rolle für die Attraktivität – das treffe aber vor allem die Vollzeitstudierenden.
Chance dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken
Viele Unternehmen sehen in der Weiterbildung auch eine Chance, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, so Kirschmeier. Eine Hochschulzulassung könne nämlich auch nach drei Jahren fachspezifischer Berufserfahrung erfolgen. „Viele Erwachsene switchen aber auch noch einmal um und studieren berufsbegleitend ein neues Fach.“
Viele private Hochschulen haben ihren Schwerpunkt in der Wirtschaft. Laut der Studie des Destatis waren 2018 auch viele Studierende in Gesundheitswissenschaften, Ingenieurwissenschaften und Psychologie an privaten Hochschulen eingeschrieben.
4240 Euro pro Student
Die Kosten an Privat-Hochschulen sind laut Destatis mit einem durchschnittlichen Beitrag von 4240 Euro wesentlich höher als an öffentlichen Hochschulen mit 100 Euro pro Kopf (Stand 2017). Einige private Hochschulen, wie zum Beispiel die FOM, die FHM und die Rheinische FH, sind allerdings gemeinnützig organisiert. Alle Gewinne werden in die Hochschulen zurückgeführt.