Rewe-Vizechef Jan Kunath über die Kassen der Zukunft, die Rolle von Markenartikeln und wie sich Rewe von der Konkurrenz abheben möchte.
Rewe-Vize Jan Kunath im Interview„Der Lebensmitteleinzelhandel bleibt ein People Business“
Herr Kunath, in Köln und Umgebung sehen wir immer mehr Supermärkte mit SB-Kassen. Dies ist nicht jedes Kunden Sache. Hat die Kassiererin bald ausgedient?
Jan Kunath: Digitale Innovationen sind für uns nicht nur entscheidend, um effizient und flexibel auf Marktveränderungen und Kundenbedürfnisse reagieren zu können – sie spielen auch in der Mitarbeiterfindung und -bindung eine entscheidende Rolle. Unser Ziel ist es, das Einkaufserlebnis zu optimieren und gleichzeitig unsere Prozesse zu vereinfachen. Initiativen wie unser Pick&Go-Konzept, bei dem Kunden ohne Anstehen an der Bandkasse einkaufen können, zeigen, wie Digitalisierung den Handel neu definiert.
Apropos Digitalisierung: Wie sieht der Supermarkt der Zukunft aus? Welche Rolle spielt KI?
Die Integration von Technologien und KI-gestützten Daten trägt dazu bei, Arbeitsabläufe zu verbessern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Routineaufgaben zu entlasten, sodass sie sich auf wertschöpfende Tätigkeiten konzentrieren können. Das eröffnet auch für die Attraktivität des Arbeitsumfeldes neue Möglichkeiten. Denn: Trotz der zunehmenden Digitalisierung von Prozessen im Markt bleibt der Lebensmitteleinzelhandel ein People Business.
Nach unserem Eindruck steigt die Rolle der Eigenmarken in Supermärkten wie Rewe zu Lasten von teuren Markenprodukten. Stimmt der Eindruck? Sind Markenprodukte in der Defensive?
Die Inflation und die damit verbundenen Preissteigerungen haben das Einkaufsverhalten der Verbraucher stark beeinflusst. Viele Kunden vergleichen Preise intensiver und greifen häufiger zu Eigenmarken, um Kosten zu sparen. Trotz der wachsenden Beliebtheit von Eigenmarken und der stärkeren Fokussierung innerhalb der Sortimentsstrategien sind und bleiben Markenprodukte ein wichtiger Sortimentsbestandteil – gerade im Vollsortiment. Die Vielfalt der Produkte bleibt auch ein entscheidendes Kriterium für die Wahl des Lebensmittelhändlers.
Was müssen Markenartikelhersteller leisten, um nicht aus dem Regal und damit vom Markt zu verschwinden?
Die Herausforderung der Markenartikelindustrie besteht darin, sich an die veränderten Verbraucherpräferenzen anzupassen und innovative Produkte anzubieten, um ihre Relevanz zu bewahren. Zudem sind Kundinnen und Kunden nur in den wenigsten Fällen bereit, nur wegen eines Markennamens das Doppelte zu bezahlen.
Auch Rewe ist, wenn Sie den Vergleich erlauben, ein Markenprodukt. Wie grenzen Sie sich von Discountern wie Aldi und Lidl ab, die ja durchaus am Markt sehr erfolgreich sind?
Das Erfolgsrezept der Rewe Group ist vor allem, dass wir innovativ, schnell und mutig sind. Das haben wir bei der Umstellung auf den digitalen Handzettel gezeigt, und das zeigen wir auch jetzt beim Wechsel zu unserem eigenen Kundenbindungsprogramm. Wenn wir eine strategische Entscheidung treffen, von der wir überzeugt sind, dann verlassen wir die Komfortzone und setzen sie um. Wir schwimmen vor der Welle, das macht unsere Kultur innerhalb der Rewe Group aus. Vor allem beim Thema Digitalisierung.
Welche Rolle spielt der Vertrieb über digitale Kanäle?
Die Entwicklung von innovativen Omnichannel-Maßnahmen nimmt einen entscheidenden Stellenwert in unserer Unternehmensstrategie für die kommenden Jahre ein. Unser Ziel: Kundinnen und Kunden beim Einkauf einen einfachen, intuitiven und lückenlosen Wechsel zwischen den einzelnen Vertriebswegen – stationär, mobil, im Netz – zu ermöglichen. Rewe ist zum Beispiel der erste Lebensmitteleinzelhändler in Deutschland, der einen Online-Shop mit einem Liefer- und Abholservice kombiniert.
Ihr Kerngeschäft sind dennoch die stationären Märkte. Wie heben Sie sich da ab?
Neben Frischetheken und Obst- und Gemüseabteilungen mit fachkundigen Mitarbeitenden wird Regionalität immer wichtiger, die Menschen wollen wissen, wo die Ware herkommt. Ein wesentlicher Vorteil unserer Genossenschaftsstruktur liegt in der lokalen Wertschöpfung: Unsere Kaufleute sind lokal verwurzelt, sie kennen die Erzeuger vor Ort und bilden Partnerschaften auf Augenhöhe. Allein bei Rewe in Deutschland kommen weit mehr als 20.000 Produkte von lokalen und regionalen Herstellern.