Trotz Rezession laufen die Geschäfte bei der Supermarkt-Gruppe. Während die Baumarkt-Tochter Toom schwächelt, boomt eine andere Sparte.
Kaffee und Schokolade teurerKölner Handelsriese Rewe wächst weiter – eine Milliarden-Sparte boomt besonders

Rewe setzte mit Lebensmitteln in Deutschland 2024 41,6 Milliarden Euro um.
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Der genossenschaftliche Handelskonzern Rewe wächst trotz der verhaltenen Konsumlaune. Am Mittwoch sprach Rewe-Chef Lionel Souque mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ über die Geschäfte des Kölner Handelsriesen und gab einen Ausblick auf künftige Pläne.
Preisentwicklung
Die Zeit deutlich spürbarer Inflation, wie in den Vorjahren, ist zwar vorbei, dennoch steigen die Preise weiter. Laut Rewe-Chef Souque betrug die Inflation im gesamten Warensortiment des Handelskonzerns 2024 im Schnitt ein Prozent. Für das laufende Jahr prognostiziert er einen Preisanstieg von rund 2,0 Prozent. Das läge knapp unter der aktuellen bundesweit gemessenen Marke von 2,3.
Bestimmte Produktgruppen werden laut Souque für Verbraucher aber empfindlich teurer. So sei der Kilo-Preis für Rohkakao von Dezember 2023 bis Dezember 2024 von vier auf zehn Euro gestiegen. Inzwischen ist er zwar wieder auf acht Euro gefallen, unterm Strich ist er aber doppelt so hoch wie vor gut einem Jahr. Und ein Pfund Rohkaffee habe sich von 3,92 Euro im Vorjahr auf 6,73 Euro heute deutlich um 72 Prozent verteuert.
Die Rohstoffpreise schlagen unterschiedlich deutlich bei den Produkten im Supermarktregal durch. Eine 100-Gramm-Tafel Vollmilchschokolade der Rewe-Eigenmarke Ja kostete vor einem Jahr 69 Cent, heute bereits 99 Cent – plus 43 Prozent. Dass der Preis, den Verbraucher für Schokolade zahlen, weniger stark gestiegen ist als der des Rohkakaos, kann zwei Gründe haben. Zum einen ist der Zuckerpreis gefallen, zum anderen ist die 100-Gramm-Tafel ein wichtiges Ankerprodukt, das Kunden zum Preisvergleich nutzen und das deshalb möglicherweise von Händlern subventioniert wird.
Der Preis für eine 500-Gramm-Packung Kaffee der Rewe-Eigenmarke stieg binnen eines Jahres um mehr als ein Drittel von 3,99 auf 5,49 Euro. Auch in diesem Fall fällt die Teuerung des Endprodukts deutlich geringer aus als beim Rohstoff.
Geschäftsverlauf
Mit dem Geschäft ist der Rewe-Chef zufrieden. „2024 war ein gutes Jahr für uns.“ Die Rewe-Gruppe steigerte ihren Umsatz nach eigenen Angaben um 4,6 Prozent auf 96 Milliarden Euro. Im deutschen Lebensmittelhandel mit den Rewe- und Penny-Märkten waren es 41,6 Milliarden Euro (plus 3,2 Prozent).
Steigern konnte der Kölner Handelsriese zuletzt auch seinen Gewinn, der um gut ein Drittel auf eine Milliarde Euro gestiegen ist. Dies gehe unter anderem auf eine einmalige Steuerrückerstattung zurück, die aus einem Steuerwiderspruch aus dem Jahr 1998 stammt, sagte Finanzchef Telerik Schischmanow auf Nachfrage. Im Jahresüberschuss sind selbstständige Rewe-Händler und Beteiligungsunternehmen nicht berücksichtigt.
Vollsortimenter wie Rewe und Edeka haben 2024 in Deutschland Marktanteile gewonnen, wie Zahlen des Marktforschers NIQ zeigen. Die Supermarktketten konnten ihre Umsätze demnach stärker steigern als Discounter wie Aldi und Lidl. Die hatten allerdings in den beiden Jahren zuvor größere Zuwächse verzeichnet. In Osteuropa hingegen wächst Souque zufolge das Geschäftsmodell der Discounter schneller als im Westen.
Reisemarkt
Besonders kräftig zulegen konnte die eigene Reisesparte Dertour. Die Umsätze stiegen um knapp 22 Prozent auf 8,7 Milliarden Euro. „Erlebnisse gewinnen an Bedeutung“, sagte Souque. Konsumenten investierten bewusst in ihr Wohlbefinden. Für diesen Sommer liegen die Gästezahlen 15 Prozent höher als im Vorjahr. Neben der andauernden Reiselust wurde die Entwicklung auch durch die FTI-Pleite begünstigt. Der bislang drittgrößte Reiseveranstalter hatte 2024 Insolvenz angemeldet und alle gebuchten Reisen storniert.
Der Tourismus-Bereich von Rewe hatte bereits 2023 ein zweistelliges Plus erzielt. „Die Leute sparen lieber im Baumarkt und gönnen sich eine Reise, gerne auch etwas länger und in einem Hotel mit Meerblick“, sagte Souque weiter.
Nachfragen nach Reisen in die USA seien derweil rückläufig, gleichzeitig aber für Europäer attraktiver, weil der Euro wegen der aktuellen Dollarschwäche eine große Kaufkraft in den USA habe. Für einen Euro erhält man aktuell 1,10 Dollar, was USA-Reisen preiswerter mache.
Baumarkt
Das Geschäftsfeld Baumarkt mit der Tochter Toom habe 2024 mit der Kaufzurückhaltung vieler Konsumenten – auch als Folge nach den starken Pandemiejahren – und einer vergleichsweise schlechten Witterung schwierige Rahmenbedingungen vorgefunden. 2024 war in Mitteleuropa ein ausgesprochen verregneter Sommer. In diesem Umfeld stagnierte der Umsatz im abgelaufenen Geschäftsjahr bei 2,5 Milliarden (minus 1,4 Prozent gegenüber 2023).
Kassen
Rewe setzt in seinen Märkten verstärkt auf Selbstbediener-Kassen. So seien solche Zonen zum selbst Zahlen in 400 Märkten neu aufgebaut worden. Laut Souque soll die Zahl bis Ende des laufenden Jahres auf 2000 steigen. Besonders bei kleineren Einkäufen seien die SB-Zonen bei Rewe-Kunden beliebt. Mehr als 30 Prozent der Kunden nutzten die SB-Zonen, insbesondere weil sie die Wartezeit beim Bezahlvorgang verkürzen.
„Die Kunden werden immer ungeduldiger, Zeit ist immer wichtiger. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Menschen sich weiterhin in lange Warteschlangen stellen“, sagte Souque im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Der Bezahlvorgang werde sich ändern. Selbstbedienungskassen oder Formate wie „Pick & Go“, bei denen Kunden den Markt nach dem Einkaufen schnell verlassen und automatisch per App bezahlen können, werden laut Souque wichtiger. „Aber wir werden die Menschen zu nichts zwingen. Es wird auch in zehn oder 20 Jahren noch klassische Kassen mit Kassiererin geben.“