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So viel wie in keiner anderen StadtKnapp die Hälfte der Kölner Büroflächen ist sanierungsbedürftig

Lesezeit 3 Minuten
Draufsicht auf den Klett-Campus in Rodenkirchen

Auf dem Klett-Campus in Rodenkirchen wurden zwei Bestandsgebäude saniert. Hier sind im Mai zwei private Hochschulen eingezogen.

Köln müsste 49 Prozent seiner Büroflächen sanieren, um die Klimaziele zu erreichen. In keiner anderen Stadt sieht es so schlecht aus.

In keiner anderen deutschen Großstadt gibt es so viele sanierungsbedürftige Büroflächen wie in Köln - und nirgendwo sonst wird so wenig saniert wie hier. Zu diesem ernüchternden Ergebnis kommen der Projektentwickler Apoprojekt und das Analyseunternehmen Bulwiengesa. Im neu aufgelegten Bestandskompass analysieren die beiden Firmen, wie es um die Sanierungsaktivitäten in Bürogebäuden in den Top-7-Städten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, München, Stuttgart und Köln bestellt ist.

Was bedeutet „sanierungsbedürftig“ überhaupt?

Der Begriff sanierungsbedürftig bezieht sich im Bestandskompass nur auf die energetische Sanierung: also etwa Dämmung der Fassaden und Dächer, Erneuerung der Fenster und Heizungen, Einbau von Photovoltaik oder Solarthermie. Objekte, die vor dem Jahr 2000 entstanden sind, sollten laut den Projektentwicklern von Apoprojekt in den kommenden Jahren energetisch saniert werden, damit sie weiterhin für Investoren oder Mieter attraktiv sind.

„Rund 70 Prozent der Bürofläche in Deutschlands A-Städten ist vor 2000 entstanden und entspricht oft nicht mehr den aktuellen ökologischen und sozialen Anforderungen. Dies betrifft nicht nur Investoren, die sich an steigenden ESG-Standards messen lassen müssen, sondern auch Mieter, die vermehrt nach grünen, gesunden und für ihre Mitarbeitenden attraktiveren Arbeitsumgebungen suchen“, sagt Apoprojekt-Geschäftsführer Stephan Winn.

Wie groß ist der Sanierungsstau in Köln?

In Köln gibt es acht Millionen Quadratmeter Bürofläche - 49 Prozent davon sind vor dem Jahr 2000 entstanden und bisher nicht saniert worden. Trotz dieser hohen Quote wurden zwischen 2019 und 2023 lediglich 0,6 Prozent der Büroflächen saniert – „ein sehr niedriger Wert im Vergleich zu den anderen A-Städten“, schreibt Apoprojekt. Bis 2026 sollen in Köln 143.000 Quadratmeter Bürofläche saniert werden. Saniert bedeutet in diesem Fall: Es geht um Kernsanierungen, für deren Dauer die Flächen meist leer stehen und die Nutzer ausziehen müssen. Kleinere Renovierungsarbeiten gehören hier nicht dazu.

Jüngstes Positiv-Beispiel ist der Klett-Campus in Rodenkirchen. Auf dem Gelände zwischen Bahnstraße und Konrad-Adenauer-Straße wurden zwei Bestandsgebäude umgebaut und saniert. 27,5 Millionen Euro sind in das Projekt geflossen, hier sind im Mai die privaten Hochschulen CBS und EUFH eingezogen.

Warum wird in Köln so wenig kernsaniert?

In Köln gibt es vergleichsweise wenig Eigennutzer, das heißt, der Großteil der Flächen wird vermietet. Wenn Eigentümer ihre Büroflächen sanieren, können und müssen sie diese danach für deutlich mehr Geld vermieten, um die Investitionen wieder reinzuholen - doch es muss auch jemand bereit sein, den Preis zu zahlen. Kölns Gewerbemietpreise sind nämlich vergleichsweise niedrig. Nach einer Sanierung verdoppelt sich der gezahlte Mietpreis im Schnitt, heißt es von Apoprojekt. So überrascht es auch wenig, dass die Hälfte der Flächen, die aktuell saniert werden, noch leer stehen.

Und: Wenn Flächen kernsaniert werden, müssen Nutzer in der Regel ausziehen. Doch Unternehmen prüfen aktuell genau, wo sie Geld sparen können. Ein möglicher Umzug in neue Räumlichkeiten steht hier meist auf der Streichliste. Hinzu kommt, dass sich mit dem Ende der Niedrigzinspolitik das Finanzierungsumfeld für Projektentwicklungen in kürzester Zeit verschlechtert hat. Auch die schwache Konjunktur der deutschen Wirtschaft und der anhaltende Homeoffice-Trend lässt die Büronachfrage durch Investoren und Mieter deutlich sinken.

Wie wenig Mobilität herrscht, zeigen die Flächenumsätze: Das ist die Summe aller Flächen, die innerhalb einer bestimmten Zeit neu vermietet, an Eigennutzer verkauft oder von Eigennutzern für sich selbst errichtet werden. Im ersten Halbjahr 2024 sind die Flächenumsätze in Köln um 65 Prozent zurückgegangen - so stark wie in keiner anderen Top-7-Stadt.

Wie hängen Sanierung und Klimaschutz zusammen?

Die Transformation von Bestandsgebäuden spielt eine zentrale Rolle, um die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Hierfür müssten jährlich mindestens zwei Prozent aller Gebäudetypen in Deutschland energetisch saniert werden. Im Bürosegment ist laut Apoprojekt lediglich Berlin auf einem guten Weg und sanierte in den vergangenen fünf Jahren drei Prozent des Büroflächenbestands. Mit weitem Abstand folgen München und Hamburg mit rund einem Prozent, in Köln sind es 0,6 Prozent. Schlusslicht ist Düsseldorf mit 0,2 Prozent.