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Streit ums GeldGaleria macht Beschäftigten ein Angebot und umgeht Verdi

Lesezeit 3 Minuten
02.08.2024 Köln. Noch hat der Kaufhof seine Beschilderung. Foto: Alexander Schwaiger

Der ehemalige Kaufhof auf der Hohe Straße in Köln.

Galeria bietet seinen Beschäftigten mehr Geld - das allerdings an ein paar Bedingungen geknüpft ist. Verdi fühlt sich hintergangen und kritisiert das Vorgehen als Erpressung.

Seitdem die neuen Eigentümer die angeschlagene Warenhauskette Galeria aus der Insolvenz gerettet haben, ist es ruhig geworden um den Konzern. Es wurde gestrichen, zusammengelegt, reduziert - 83 Filialen sind noch übrig, die Konzernzentrale zieht von Essen nach Düsseldorf und das neue Management hat sich formiert. Doch hinter den Kulissen wird um die Entlohnung der Beschäftigten gerungen.

Galeria will wohl nicht weiter verhandeln

Die Gewerkschaft Verdi fordert einen Tarifvertrag, der an den Flächentarif im Einzelhandel angelehnt ist. Bei der letzten Verhandlungsrunde Mitte September winkte Galeria dem Vernehmen nach ab und kehrte nicht zurück an den Verhandlungstisch. Nun unterbreitet das Unternehmen seinen Beschäftigten selbst ein Angebot: Zum November 2024 sollen die Beschäftigten unter anderem eine Inflationsausgleichsprämie erhalten, die Gehälter sollen zum 1. Oktober 2024 um drei Prozent und ein Jahr später um weitere 2,5 Prozent steigen. So steht es zumindest in einem Musterschreiben, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus internen Kreisen vorliegt.

„Dieses Vorgehen an der Gewerkschaft vorbei ist unüblich“, sagt ein Brancheninsider. Verdi kritisiert in einer Mitteilung offen das „vergiftete Angebot“ der Unternehmensleitung. Die Gewerkschaft stört sich etwa daran, dass die Galeria-Beschäftigten laut Verdi fast 30 Prozent weniger als Einzelhandelsbeschäftigte mit Tarifvertrag erhalten. Dass die Geschäftsführung den Beschäftigten mehr Geld in Aussicht stelle, sei daher gut – aber die Bedingungen dafür seien pure Erpressung. Jeder Mitarbeiter bekommt ein Vertragsangebot und hat dann Verdi zufolge bis zum 8. November Zeit, zu unterzeichnen. Damit verzichten sie laut Verdi aber beispielsweise darauf, bisherige tarifvertragliche Leistungen des Einzelhandels einzuklagen. Was künftig an Leistungen gewährt werde, liege dann allein in der Entscheidung des Arbeitgebers.

Gehaltserhöhung kommt wohl nur, wenn fast alle zustimmen

90 Prozent der Beschäftigten in einer Filiale müssen Verdi zufolge dem Angebot zustimmen, damit es umgesetzt werde. „Offenkundig wird damit versucht, die Zustimmung zum Angebot zu erpressen, indem Beschäftigte gegenseitig Druck unter Druck gestellt werden. Dies widerspricht dem Prinzip der individuellen Vertragsfreiheit“, sagt Verdi-Bundesvorstandsmitglied Silke Zimmer. Galeria sei im Zuge der Kündigung des Integrationstarifvertrages verpflichtet, mit Verdi eine Anschlussregelung auszuhandeln. Galeria hat sich auf Anfrage bislang nicht geäußert.

Karstadt war laut der Gewerkschaft Verdi im Jahr 2013 aus der Tarifbindung ausgestiegen, für die Beschäftigten galt seit Ende 2016 ein sogenannter Zukunftstarifvertrag mit deutlichen Einbußen beim Entgelt im Vergleich zur Fläche. Kaufhof hatte im Frühjahr 2019 die Tarifbindung aufgekündigt. Als sich Karstadt und Kaufhof 2019 zusammenschlossen, gerieten Unternehmensleitung und Gewerkschaft im Vorfeld der Fusion aneinander: Die einen wollten Einschnitte beim Gehalt durchsetzen, die anderen hielten dagegen und forderten, dass Galeria zum Flächentarifvertrag des Einzelhandels zurückkehrte.

Beschäftigte verzichteten, eine Einigung gab es nie

Letztlich einigten sich Gewerkschaft und Geschäftsführung auf einen Tarifvertrag, der unter anderem das Gehalt der Karstadt-Beschäftigten um elf Prozent auf das Niveau von Galeria Kaufhof angehoben hatte. Gleichzeitig verzichteten die Beschäftigten auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Im November 2023 hatten sich Verdi und Galeria nach vielen zähen Verhandlungsrunden auf eine Sonderzahlung vor Weihnachten geeinigt und wollten im Januar noch einmal über die Rückkehr zum Flächentarifvertrag sprechen. Doch dann rutschte Galeria erneut in die Insolvenz.