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Weniger AbhängigkeitIst Fernwärme eine Alternative zu Gas aus Russland?

Lesezeit 3 Minuten
Kraftwerk Niehl (1)

Heizkraftwerk in Köln-Niehl

Köln – Unter Hochdruck arbeiten Politiker und Unternehmen an einer Alternative dazu, Gas aus Russland zu beziehen. Denn zum einen birgt das eine große Abhängigkeit der Deutschen von den russischen Lieferungen. Zum Anderen unterstützen deutsche Energiekunden und somit auch die Verbraucher indirekt das kriegführende Regime. Eine Alternative könnte Fernwärme sein, die aber auch zum Teil mit Gas gespeist wird. Die Antwort ist nicht trivial.Ein Überblick über die Möglichkeiten.

Wie funktioniert Fernwärme?

Die Kölner Fernwärme wird nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt. In einem Kraftwerk wird elektrische Energie durch Verbrennung gewonnen. Die Wärme ist quasi ein Abfallprodukt (oder umgekehrt, je nach Lesart). Bei der Stromgewinnung entsteht also Abwärme, die wiederum Wasser erhitzt, bevor dieses seinen Weg durch stark isolierte Leitungen zu den Häusern der Stadt findet. Hat das Wasser seine Wärme abgegeben, wird es zurück ans jeweilige Heizkraftwerk geleitet und der Kreislauf beginnt von neuem.

Nutzt Fernwärme auch Gas?

„Aktuell produziert die Rhein-Energie ihre Fernwärme für Köln in eigenen Anlagen an mehreren Standorten, die mehrheitlich mit Erdgas befeuert werden. Die Versorgung mit Kraftwerksgas ist gesichert“, sagt Rhein-Energie-Sprecher Christoph Preuß. Die Anlagen sind sehr effizient und nutzen den Brennstoff zu fast 90 Prozent aus, was sie gegenüber Kraftwerken ohne Kraft-Wärme-Kopplung wesentlich effizienter und unterm Strich klimafreundlicher macht.

Woher stammt das Gas?

„Aktuell beziehen wir im Rheinland das Gas noch aus benachbarten Quellen, Niederlande, Deutschland und teils Norwegen. Damit besteht eine eher geringe Abhängigkeit vom Gas aus Russland“, sagt Preuß. Erst bis Ende des Jahrzehnts soll sich die Zusammensetzung wesentlich ändern. „Für Teile des gelieferten Gases kennen wir die Herkunft aber nicht, weil dies über Vorlieferanten oder die Börse kommt, da sind uns jeweils die entsprechenden Mengen garantiert, ohne Herkunftsnachweis“, so der Sprecher. Die im Rheinland noch vorherrschende Gassorte („L-Gas“) komme definitiv nicht aus dem Osten, sondern aus dem direkten Nachbarland Niederlande beziehungsweise in geringeren Mengen aus Deutschland. Allerdings haben die Niederländer entschieden, langfristig wegen Erdbebengefahr aus der Gasförderung auszusteigen. Gedrosselt wird bereits. Die Umstellung vom holländischen L-Gas auf sogenanntes H-Gas läuft im Rheinland bereits, von Ost nach West. Dieses Gas kommt in Deutschland aktuell zu 50 Prozent aus Russland.

Gibt es alternative Brennstoffe?

Ja, in geringerer Menge, nämlich Hausmüll. „Die AVG Köln mit der Restmüllverbrennungsanlage erzeugt Wärme mit und speist diese in unser Netz ein“, sagt Preuß.

Was ist mit Braunkohle?

Noch bis 2025 ist im Heizkraftwerk Merkenich eine Braunkohlenanlage in Betrieb, die Wärme, Prozessdampf und Strom vor allem für den Kölner Norden liefert, die Braunkohle stammt aus dem Rheinland.

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Diese Anlage ist aus Klimaschutzgründen für 2025 zur Stilllegung vorgesehen. „Momentan ist sie aus Versorgungssicherheitsgründen ein Asset“, sagt Preuß.

Was ist mit Biogas?

„Bereits heute setzen wir für potenziell rund 19 000 Haushalte in Köln und außerhalb Biogas für die Wärmeerzeugung in Blockheizkraftwerken für größere Wohn- oder Gewerbeanlagen ein“, heißt es von der Rhein-Energie.

Kann man bei der Fernwärme Erdgas langfristig ersetzen?

Grundsätzlich ja, aber nicht auf die Schnelle. Im Rahmen der „Roadmap Klimaschutz“ sei die Rhein-Energie bereits jetzt dabei, die Fernwärmebereitstellung perspektivisch auf „grüne“ Brennstoffe umzurüsten, vor allem Wasserstoff. „Erste Betriebsversuche laufen, unter anderem zusammen mit Siemens und der Wien Energie, um unsere großen Fernwärmeerzeuger von Erdgas auf Wasserstoff umzurüsten“, sagt Preuß.

Wo stehen die Fernwärme-Kraftwerke für Köln?

Heizkraftwerke der Rhein-Energie im Kölner Stadtgebiet stehen in den Vierteln Merkenich, Niehl und Merheim. Dazu gibt es noch das Heizwerk Südstadt. Dort wird kein Strom mehr produziert, sondern nur (bei großer Kälte) Wärme, als Reserve. Ein weiteres Blockheizkraftwerk ist in Junkersdorf. Fernwärme ist grundsätzlich in der Innenstadt, in Deutz, Bocklemünd, Junkersdorf und Merheim verfügbar.