Die Industriebäckerei Glockenbrot gehört seit 1986 zum Rewe-Konzern. Nun soll sie verkauft und ein Standort geschlossen werden. Wie es für die Beschäftigten weitergeht, ist unklar.
WerksschließungRewe trennt sich von Bäckereigeschäft

Zwei Arbeiterinnen packen in der Glockenbrot-Bäckerei in Frankfurt frisch gebackene Berliner in Kisten. (Archivbild)
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Bislang verfolgte die Kölner Einzelhandelskette Rewe in vielen Segmenten die Strategie, bestimmte Waren auch selbst zu produzieren. So gehört die Metzgerei Wilhelm Brandenburg genauso zur Rewe-Gruppe wie die Glockenbrot-Bäckerei. Seit dem Jahr 1986 sind diese beiden Großbetriebe Teil des Supermarkt-Konzerns. Nun aber geht die Rewe in Teilen andere Wege.
Die Rewe-Group habe beschlossen, „sich perspektivisch aus der Produktion von Brot und Backwaren zurückzuziehen“, teilte das Unternehmen in Köln mit. Konkret unterhält die Glockenbrot-Bäckerei zwei Fertigungsstandorte: In Erlensee bei Frankfurt arbeiten rund 480 Beschäftigte, in Bergkirchen bei München etwa 320.
„Die jetzt beginnenden Planungen sehen vor, binnen der kommenden drei bis fünf Jahre den Produktionsstandort der Glockenbrot-Bäckerei in Frankfurt am Main schrittweise zurückzuführen und unter Beachtung der betriebsverfassungsrechtlichen Beratungs- und Beteiligungsrechte die Eigenproduktion einzustellen“, teilte Rewe mit. In den kommenden Wochen sollen Verhandlungen mit dem Betriebsrat aufgenommen werden, heißt es in einer Mitteilung. Ziel sei es, die Betriebsänderung zu beraten, einschließlich Interessenausgleich und Sozialplan, um sozialverträgliche Lösungen für die 480 Mitarbeitenden zu finden.
Zukunft der Marke Glockenbrot unklar
Die Gründe für den Verkauf beziehungsweise die Werksschließung lägen vor allem im Zustand des Frankfurter Werkes begründet. Analysen hätten gezeigt, dass der Produktionsstandort im Hinblick auf seine Kapazitäten und Räumlichkeiten ausgereizt sei. „Ein Neubau wäre unumgänglich. Hohe Investitionen im dreistelligen Millionenbereich wären im Bereich Brot- und Backwaren allein für neue Produktionstechnologien notwendig gewesen, ohne die Kosten eines Neubaus in Frankfurt zu berücksichtigen.“
Hinzu kämen die „grundsätzlichen Limitierungen eines Eigenbetriebs im Hinblick auf Expansion und Kunden-Akquise“. Die Glockenbrot-Bäckereien hatten bislang ausschließlich die Supermärkte der Rewe und ihrer anderen Einzelhandelsmarken beliefert, wie etwa auch den Discounter Penny. Ein Verkauf der Backwaren an andere Handelsunternehmen fand nicht statt.
Standort Bergkirchen geht an Harry
Die Produktion im bayerischen Bergkirchen wird an die Firma Harry-Brot verkauft. Das Familienunternehmen stehe aus Sicht der Rewe-Gruppe für „eine langfristige, partnerschaftliche Zusammenarbeit, sondern auch für ein Höchstmaß an Beschaffungskompetenz, Produktqualität und Technologieverständnis“. Die Transaktion steht noch unter dem Vorbehalt der Freigabe durch das Kartellamt.
Der Produktionsstandort soll bis Ende 2025 an die Großbäckerei verkauft werden, wie beide Unternehmen erklärten. Harry-Brot mit Sitz in Schenefeld bei Hamburg möchte nach eigenen Angaben alle etwa 320 Mitarbeiter übernehmen. Ob der Name Glockenbrot bleibt, ist laut einer Sprecherin noch unklar. Voraussichtlich ab 2028 wird dort Harry-Brot in einer neuen Großbäckerei Brot- und Backwaren produzieren und im Frische-Konzept vertreiben – auch für die Rewe Gruppe als Kunden, wie Rewe mitteilt.
Harry-Brot kauft Wilhelm-Brandenburg-Grundstück
Zudem erwirbt Harry-Brot ein Grundstück in Erlensee von der Rewe-Gruppe und setzt so seine Expansion in Richtung Süden weiter fort. Hier sollte ursprünglich einen Produktionsstandort für die Rewe-Fleischerei-Tochter Wilhelm Brandenburg entstehen. Der Konzern nahm aber vor einigen Monaten davon Abstand und begründete dies mit einem veränderten Ernährungsverhalten der Kunden.
Nun will Harry-Brot hier eine neue Großbäckerei errichten. Erstmals waren Harry-Produkte im Jahr 2017 in einzelnen süddeutschen Filialen erhältlich. 2022 folgte dann ein neues Logistikkonzept. Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher in Süddeutschland fragten Harry-Produkte nach, weshalb das ursprünglich aus Hamburger stammende Unternehmen den bestehenden Standort Troisdorf in 2024 erweiterte.
Im Bereich der Fleisch- und Wurst-Produktion setzt Rewe nach eigenen Angaben unverändert auf eine eigene, über sechs Standorte regionalisierte Produktion. Jüngster Baustein der Regionalisierungsstrategie sei das Werk in Gäufelden, das seit Oktober 2021 zur Rewe-Fleisch-Tochter Wilhelm Brandenburg gehört.