Das Unternehmen erhofft sich einen wichtigen Schritt zur Erreichung des Netto-Null-Emissionsziels bis zum Jahr 2050.
Arbeitsplätze betroffenShell stellt Rohölverarbeitung in Wesseling ein – und baut neue Anlage
Der Mineralölkonzern Shell stellt die Rohölverarbeitung im „Shell Energy and Chemicals Park Rheinland“ am Standort Wesseling ein. Das teilte das Unternehmen am Freitagvormittag auf einer virtuellen Pressekonferenz mit.
Die Zahl der Arbeitsplätze werde bis zur Einstellung im Laufe des Jahres 2025 zurückgehen, teilte der Park-Chef Peter Högenauer mit. Er machhte keine Angaben dazu, wie viele Arbeitsplätze genau betroffen sind. In dem Bereich, den Shell aufgibt, seien derzeit 150 bis 200 Mitarbeitende beschäftigt, sagte Högenauer. Insgesamt seien 1500 Mitarbeitenden am Park beschäftigt.
Wesseling: Shell stellt Rohölverarbeitung ein
Der „Shell Energy and Chemicals Park Rheinland“ besteht aus einem Nord-Park in Köln-Godorf und einem Süd-Park in Wesseling. Die Anlage zur Rohölverarbeitung im Werksteil Godorf wird weiterbetrieben. Der Konzern spricht von einem „Meilenstein der Transformation“ des Parks.
Am Standort Wesseling soll Platz für eine neue Produktionsanlage für Grundöle der Gruppe III geschaffen werden. Diese Grundöle dienen der Herstellung hochwertiger Schmierstoffe wie Motoren- und Getriebeöle. Shell plant, die Anlage 2026 bis 2028 in Betrieb zu nehmen.
Laut Högenauer investiert Shell einen „hohen dreistelligen Millionenbetrag“ in die Grundölanlage. Dabei handele es sich auch um eine Investition in den Standort, betonte der Park-Chef. Er erklärte die Entscheidung zum Umbau mit einer zukünftig sinkenden Nachfrage für mineralölbasierte Kraftstoffe aus Rohöl und einem wachsenden Markt für Schmierstoffe.
Wesseling: Shell setzt auf Grundöle
Konkret erwarte der Konzern eine steigende Nachfrage nach hochwertigen Grundölen in der Automobilindustrie. Neue Anwendungen wie E-Fluids in Elektroautos und im Bereich der Wärmemanagement-Flüssigkeiten für Rechenzentren könnten zukünftig für weitere Nachfrage sorgen, teilte Högenauer mit. Außerdem werden Grundöle für medizinische Weißöle in der Kosmetikindustrie und Landwirtschaft verwendet.
Laut Konzernangaben wird die neue Wesselinger Anlage „eine Produktionskapazität von rund 300.000 Tonnen pro Jahr verfügen, was etwa neun Prozent des derzeitigen EU-Bedarfs und 40 Prozent des deutschen Grundölbedarfs entspricht.“
Park Rheinland: Shell spricht von hohen Emissionseinsparungen
Shell erhofft sich, mit dem Umbau rund 620 Millionen Kilogramm CO₂-Emissionen pro Jahr einzusparen, die direkt aus dem Betrieb stammen und die aus der Energie stammen, die Shell für den Betrieb einkauft. Dies entspreche rund ein Fünftel der gesamten Emissionen des Standorts, sagte Högenauer.
Zur CO₂-Reduzierung beitragen soll der hohe Elektrifizierungsgrad der neuen Grundölanlage sowie die Einstellung der Rohölverarbeitung. Das Unternehmen erhofft sich, damit einen wichtigen Schritt zur Erreichung des Netto-Null-Emissionsziels bis zum Jahr 2050 zu gehen.
Rohöl: Shell will Lieferversprechen trotz Abbau der Anlage einhalten
2021 stieß der Shell Energy Park im Kölner Süden, der von der Ankündigung nicht direkt betroffen ist, 1,4 Milliarden Kilogramm CO2 aus und gehörte damit zu den größten industriellen CO2-Verursachern im Kölner Stadtgebiet. CO₂ ist als klimarelevantes Gas verantwortlich für den Treibhauseffekt.
Der für Unternehmen meldepflichtige Schwellenwert für den Ausstoß von Kohlendioxid (CO₂) liegt bei 100 Millionen Kilogramm pro Jahr. Überschreiten Unternehmen den Schwellenwert, müssen sie ihre Ausstöße lediglich zu Protokoll geben. Sie sind nicht rechtlich bindend, gelten derzeit lediglich als Empfehlung.
Trotz Wegfalls der Wesselinger Anlage sicherte Shell-Deutschlandchef Felix Faber zu: „Dank unseres ausgezeichneten Liefer- und Vertriebsnetzes in Nordwesteuropa sind wir so aufgestellt, dass wir unsere bislang eingegangenen Lieferverpflichtungen natürlich auch weiterhin nachkommen werden.“
Bauarbeiten: Shell erwartet keine „extremeren Auswirkungen“ für Anwohner
Högenauer sagte mit Blick auf die Auswirkungen der Bauarbeiten für die Anwohner des Parks: „Die Tätigkeit wird am Standort zunehmen, aber wir erwarten jetzt nicht, dass das extremere Auswirkungen auf unsere Nachbarn haben wird.“
Das Unternehmen kündigte außerdem in einer Pressemitteilung an, „bald“ eine neue Bio-LNG-Anlage zur Herstellung von Kraftstoffen für den Schwerlastverkehr in Godorf in Betrieb zu nehmen.
Laut eigenen Angaben produziert das Unternehmen im Park Rheinland rund zehn Prozent des in Deutschland verbrauchten Diesel- und Ottokraftstoffes, rund 15 Prozent des Kerosins sowie Produkte für die chemische Industrie.