Köln und der Fiesta, das war seit den 1970ern eine besondere Verbindung. Jetzt endet sie.
„Wie Köln ohne Dom“Der letzte Ford Fiesta läuft vom Band – das ist seine Geschichte
„Ford ohne Fiesta ist wie Köln ohne Dom“, hieß es einst bei Ford. Seit 44 Jahren sind der beliebte Kleinwagen und die Stadt, in der er gebaut wird, eng verbunden. Bis heute ist das Modell als goldenes Flügelauto des Aktionskünstlers HA Schult auf dem Dach des Stadtmuseums in der Innenstadt verewigt. Ab diesem Freitag ist Schluss, dann rollt das letzte Modell im Niehler Fordwerk vom Band.
Der Fiesta macht Platz für eine neue Generation von Elektroautos, von denen der Erste, der Explorer, bereits vorgestellt wurde. Es ist das Ende einer Erfolgsgeschichte „Made in Cologne“ – als Europas mehrfach meistverkaufter Kleinwagen des Jahres und Kölner Dauerbrenner ist der Fiesta bis heute das erfolgreichste, also absatzstärkste aller Kölner Modelle.
Nun ist also Zeit, Abschied zu nehmen von der kleinen Kölner Ikone, mit dem so viele Menschen schöne Erinnerungen verbinden. Ein Rückblick.
Die Entstehungsgeschichte
Geboren wurde die Idee für den Kleinwagen in Folge einer schweren Krise. Es waren der Ölpreisschock 1973 und die steigende Nachfrage nach sparsameren Autos, die Ford ins Kleinwagensegment einstiegen ließen. Am 3. Dezember des Jahres fällt im Ford US-Headquarter in Dearborn die Entscheidung für den Bau eines neuen, kleinen Fahrzeugs. Unter dem Titel „Bobcat“ wird das Projekt mit Milliardenaufwand forciert.
Die Entwicklung
Der neue Ford sollte nicht nur klein sein, sondern vor allem auch preiswert, wirtschaftlich im Verbrauch, aber auch geräumig. Es war der legendäre Präsident von Ford, Lee Iacocca, der, so heißt es, die erste Studie des Modells entwarf.
Made in Cologne
Entwickelt wird der Wagen mit Quermotor, Frontantrieb und Heckklappe in Köln. Der erste Fiesta war 3,57 Meter lang, 1,56 Meter breit und 1,36 Meter hoch und vor allem sehr leicht – zwischen 730 und 775 Kilogramm, je nach Ausstattung. 8440 Mark kostet die Basisversion mit 40 PS.
Henry Ford II tauft das Modell
Um erfolgreich zu sein, brauchte das Modell einen richtig guten Namen. Idee und Vorschläge gab es viele, darunter auch „Bambi“. Henry Ford II entschied schließlich persönlich zugunsten von Fiesta – als Hommage an das neue spanische Werk nahe Valencia.
Die erste Generation
1976 rollte dann der erste Fiesta vom Band, erst in Saarlouis, dann im spanischen Valencia und im britischen Dagenham, schließlich ab 1979 in Köln, wo er seine Heimat fand und bis heute blieb.
Die Konkurrenten
Das Wettbewerberfeld war stark, als der Neuankömmling sich auf dem Markt behaupten musste. Der Fiesta trat gegen etablierte Modelle wie den VW Polo, Fiat 127 oder Renault 5 an. Hinzu kamen noch Modelle der aufstrebenden Hersteller aus Japan oder Korea. Der kleine Ford macht seine Sache gut. Im Januar 1979 wird nach nur 31 Monaten der millionste Fiesta gebaut. Später im gleichen Jahr startet dann die Produktion in Köln-Niehl.
Acht Generationen
Der erste Fiesta, markant eckig, wurde 1983 von der zweiten Generation abgelöst. Die größte Veränderung ist die heruntergezogene Motorhaube mit schmalem Lufteinlass. Insgesamt ist es aber eher ein umfangreiches Facelift. Der dritte Fiesta, den Ford 1989 raus bringt, ist dagegen komplett neu: Verändertes Design, bessere Technik und auf 3,74 Meter gewachsen. Zum erstmals auch als Fünftürer. Ford stellt den Neuen in einer großangelegten Aktion mit HA Schult vor. In der ganzen Stadt stehen Fiestas, eingefroren im Eisblock oder eben als goldenes Flügelauto. 1996 geht die nächste Generation aus Köln an den Start.
Der Fiesta IV ist dann wie seinerzeit die Nummer zwei vor allem eine umfangreiche Überarbeitung des Vorgängermodells. Der Wagen von 1999 gilt als fünfte Generation. Der Fiesta wird von rund wieder zu eckig und wächst in seinen Ausmaßen, wie nahezu mit jedem neuen Modell. Eine weitere Revolution kam 2009 mit dem Fiesta VI, bei dem Ford beschlossen hatte, Produkte zu vereinheitlichen und einen ähnlichen Look für den globalen Markt zu kreieren. In Köln investiert der Konzern insgesamt mehr als 500 Millionen Euro, das Werk in Niehl galt danach als eine effizientesten und modernsten Produktionsstätten weltweit.
Gebaut wird der Fiesta auch in Werken in Brasilien, Indien, Mexiko, Taiwan, Thailand, Russland und sieht dabei keineswegs überall gleich aus. Köln ist und bleibt aber stets das einzige Werk in Europa und die sogenannte Lead Plant. Das bedeutet, technische Neuerungen am Modell werden zuerst am Rhein eingeführt. 2008 wird die siebte Generation des Kleinwagens vorgestellt. Es wurde 2012 überarbeitet und erhielt etwa den neuen, großen Grill im Aston-Martin-Stil.
2014 wird es dann erstmal brenzlig für den kleinen Ford. Das Ford-Management stellt den Standort Köln infrage, es soll billiger produziert werden. Nach Kostensenkungen wird aber auch die Ende 2016 vorgestellte achte und nun letzte Generation des Fiesta nach Köln vergeben.
Der Erfolg in Zahlen
Der Fiesta war in seinen Glanzzeiten das meistverkaufte Auto in Deutschland. Er feierte große Erfolge in England, Fords wichtigstem Markt in Europa. In den besten Zeiten liefen in Köln jährlich mehr als 400.000 Einheiten Band. Damals wurden bis zu 1850 Exemplare in drei Schichten gebaut. Insgesamt 9,5 Millionen Mal verkaufte sich das Kölner Modell, weltweit, mit den anderen ehemaligen Produktionsstätten waren es rund 15 Millionen Fahrzeuge.
Zuletzt lief es nicht mehr rund – 2022 wurden nur noch 84.500 Fiestas gebaut.
Das Ende
Ford hat schon vor einiger Zeit beschlossen, sich wie viele andere Hersteller aus dem Segment der Kleinwagen zu verabschieden. Das Feld wird für die Autobauer immer weniger attraktiv, weil sich mit den Einstiegsmodellen weniger Geld verdienen lässt als mit größeren Modellen, die die Hersteller teuer verkaufen können. Denn die Kosten steigen – bezogen auf die Kleinen – nicht im selben Maße wie der Endpreis. Mit den Kleinen verdienen Autobauer nur dann gut, wenn diese sehr hohe Absatzzahlen erreichen. Und auch das gilt nicht mehr wie in früherem Maße.
Ford setzt jetzt mit seinem umgebauten Kölner Werk voll auf E-Mobilität. Und für den einstigen Verkaufsschlager wird es so auch am Freitag nur eine kleine Feier mit den Mitarbeitenden geben. Presse ist nahezu nicht zugelassen. Man wolle nicht nostalgisch zurück-, sondern vor allem nach vorne schauen, heißt es von Ford Europa. Die Hoffnung ruht nun auf dem Explorer – vielleicht heißt es ja auch irgendwann: „Ford ohne Explorer ist wie Köln ohne Dom“.