Tipps von ProfisWie Sie Schlagfertigkeit im Job üben können
„Wie wird man eigentlich so arrogant?“ „Viel Übung, so ein zwei Stunden am Tag nehm' ich mir schon dafür.“ Fans von „Doctor's Diary“ lieben die TV-Serie für solche Wortgefechte.
Und viele Arbeitnehmer wünschen sich, in peinlichen oder unangenehmen Situationen im Job ähnlich schnell und witzig reagieren zu können. Kein Wunder, dass sich im Netz unzählige Patentrezepte dafür finden – von Seminaren bis zu Sprüchesammlungen auf CD.
Alles ist besser als Schweigen
Matthias Nöllke sieht das eher kritisch. Dabei sei der Wunsch nach mehr Schlagfertigkeit durchaus berechtigt, sagt der Experte. Schließlich habe es durchaus berufliche Konsequenzen, wenn man keine hat. „Wenn ich nicht schlagfertig reagiere, verliere ich an Souveränität und Würde, damit geht mein Selbstbewusstsein in den Keller“, erklärt Nöllke, der mehrere Bücher zu Kommunikation im Job geschrieben hat. „Und das hat Auswirkungen auf mein Auftreten.“
Den Begriff definiert der Experte so: „Schlagfertigkeit bedeutet, in einer Situation, in der meine Souveränität bedroht ist, diese wiederherzustellen.“ Dafür braucht es nicht immer einen schnellen Witz. Denn den einen Spruch, der eine blöde Situation sofort auflöst, gibt es selten.
„Es hilft aber meistens, irgendetwas zu sagen“, erklärt Nöllke. „Selbst wenn man mit einem 'Dazu fällt mir nichts ein' die eigene Sprachlosigkeit thematisiert, ist das besser als Schweigen.“
Welche Form der Schlagfertigkeit an einem Arbeitsplatz gefragt ist, hängt natürlich von der Betriebskultur ab. „In japanischen Konzernen ist es zum Beispiel wichtig, dass man einfach zuhört“, erzählt Christa Stienen. Sie ist Vizepräsidentin beim Bundesverband der Personalmanager (BPM). „Anderswo müssen sie eher eine gewisse Lockerheit ausstrahlen, um ins Team zu passen.“
Nächste Seite: Warum Sie im Zweifelsfall authentisch bleiben sollten.
Grundsätzlich kann Schlagfertigkeit schon im Bewerbungsgespräch eine große Hilfe sein, sagt die Personalerin: „Natürlich ist es viel amüsanter, wenn jemand schnell antwortet und man auch einmal gemeinsam lachen kann.“
Entscheidend sei das aber nur bei bestimmten Jobs: Wer zum Beispiel im Vertrieb arbeitet, muss kommunizieren können – und sollte das auch im Bewerbungsgespräch beweisen.
„Es gibt aber auch Positionen, wo es eher auf wohlüberlegtes Handeln ankommt, nicht auf Witz und Schnelligkeit“, sagt Stienen. Sie rät daher: Im Zweifelsfall lieber nicht verstellen, sondern authentisch bleiben. „Wer zu Beginn nervös ist, soll das ruhig sagen und keine Souveränität vorspielen“, rät sie.
Für Nöllke gibt es zwei typische Situationen, in denen Schlagfertigkeit gefragt ist: Bei Missgeschicken und anderen peinlichen Momenten kann ein schneller Witz, vielleicht mit etwas Selbstironie, eine große Hilfe sein.
Gleiches gilt, wenn man vom Chef oder vom Kollegen angegriffen wird. Hier hängt die richtige Reaktion allerdings stark vom Einzelfall ab. „Berechtigte Kritik sollte ich erst einmal annehmen“, rät der Autor. „Ein Spruch wirkt dann schnell patzig und eher unsouverän.“
Scharfer Angriff – scharfe Reaktion!
Anders liegt der Fall, wenn die Kritik unberechtigt ist oder ein Spruch der Kollegen gar nichts mit der eigenen Arbeit zu tun hat. In solchen Fällen sollten Arbeitnehmer sich ruhig wehren, sagt Nöllke. Die Schärfe der Reaktion sollte dabei aber halbwegs zur Schärfe des Angriffs passen.
„Es spricht sicher nichts dagegen, erst einmal mit einem eigenen Spruch zu kontern“, erklärt der Experte. Auch schlechte Witze müssten schließlich nicht böse gemeint sein.
Wie Bewerber auf schwierige Fragen antworten können:
Wird die Grenze des guten Geschmacks oder des guten Tons eindeutig überschritten, sollte der Angegriffene das allerdings deutlich sagen. „Das ist ein Angriff auf die persönliche Würde, den ich mir verbitten kann, ohne die Kritik dahinter ganz zurückzuweisen“, erörtert Nöllke. Das gilt übrigens nicht nur bei Gesprächen mit den Kollegen, sondern auch mit dem Chef.
Nächste Seite: Schlagfertig sein ja – aber bitte niemanden beleidigen!
Und spätestens wenn ein Spruch die Grenze zur Beleidigung überschreitet, hört der Spaß ganz auf. Das sei dann sogar strafrechtlich relevant, sagt Rechtsanwältin Nathalie Oberthür. Sie ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Beleidigungen sind nach dem Gesetz entweder Kraftausdrücke oder die sogenannte Schmähkritik. „Davon spricht man, wenn die Formulierung nichts mehr mit dem Kritikpunkt an sich zu tun hat, sondern nur der Herabsetzung des Gegenübers dient“, erläutert Oberthür.
Rechtliche Folgen abwägen
Genauso tabu sind alle Formen von Sexismus und Diskriminierung. Auch harmlosere Sprüche können aber bereits rechtliche Konsequenzen haben.
„Alles, was den Betriebsfrieden stört, ist arbeitsrechtlich untersagt“, sagt die Anwältin. Was das genau bedeutet, ist von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz und von Fall zu Fall unterschiedlich.
„Ein Faktor ist immer, in welchem Kreis ich etwas sage, also zum Beispiel in großer Runde oder unter vier Augen“, erklärt Oberthür. „Wichtig ist auch, ob jemand etwas nach reiflicher Überlegung oder im Affekt sagt – das ist dann vielleicht eher verzeihbar.“
Eventuell endet ein dummer Spruch dann nur mit einer Ermahnung. Bei wiederholten oder besonders schweren Verstößen, kann falsche Schlagfertigkeit aber mit einer Abmahnung oder der Kündigung enden. (dpa)