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Marken111 Jahre war Köln die Heimat der Aurora-Mühlen – Der Sonnenstern erinnert daran

Lesezeit 4 Minuten
Gebäude der historischen Ellmühle im Köln Deutzer Hafen Die Gebäude der historischen Ellmühle im Köln Deutzer Hafen im Sommer 2023 vor der Umgestaltung des Areals in das Quartier Deutzer Hafen Copyright: xZoonar.com/GerdxHarderx 20701551

Die Ellmühle mit dem Aurora-Sonnenstern ist eines der markantesten Gebäude am rechten Rheinufer.

In der Ellmühle wird seit vier Jahren kein Weizen mehr gemahlen. Doch die Gebäude haben eine Zukunft.

Das weiße Fabrikgebäude auf der „Schäl Sick“ ist mittlerweile so angestaubt wie das Mehl, das dort einst gemahlen wurde. An der Fassade prangt immer noch ein verblichener Sonnenstern, das Markenzeichen der Firma Aurora Mühlen. Weizenmehl, Grieß und Brotmischungen des einst blühenden Kölner Familienkonzerns stehen nach wie vor in den Supermarktregalen. Gemahlen wird in Köln allerdings seit vier Jahren nicht mehr. Trotzdem bleibt die Ellmühle in Deutz ein Erkennungszeichen der Stadt mit historischer Bedeutung.

Heinrich Auer war der Gründer der späteren Firma „Aurora Mühlen GmbH“. 1825 geboren, machte sich der Kölner in der Stadt als Industrieller einen Namen. Im Alter von 25 Jahren baute er eine Getreidemühle in Nippes, damals noch stark landwirtschaftlich geprägt, und setzte als erster Müller beim Betrieb Dampfkraft ein. „Es gab viele Produzenten von Getreide. Der Bau der Mühle an dem Ort hatte wohl logistische Gründe“, sagt Ulrich Soénius, Leiter des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs zu Köln. Bis zu Auers Tod 1892 sollten noch drei Mühlen in seinem Namen folgen.

Seit 1908 im Deutzer Hafen

Nach dem Tod des Vaters übernahmen 1892 die Söhne Jakob und Carl Auer den Betrieb der Mühlen. Sie erweiterten das Unternehmen mit dem Bau der „Auerschen Großmühle“ am neu eröffneten Deutzer Hafen 1908, die die kleinen Mühlen ersetzte.

Die Lage am Deutzer Hafen war perfekt. Mit der Anbindung an den Rhein konnte das Getreide per Schiff transportiert werden. Und auch ein Anschluss an die Gleise war gegeben. Dieser Standortvorteil ermöglichte erst eine tägliche Produktion von 160 Tonnen, später von 280 Tonnen Mehl. Neben den privaten Haushalten war auch die Industrie ein großer Abnehmer. „Das Unternehmen hatte Bedeutung für die Versorgung der Kölner Bevölkerung“, betont Historiker Soénius.

Clemens Auer baute in dritter Generation den Betrieb zu einem der größten Mehlproduzenten Deutschlands aus. Während der Zeit des Nationalsozialismus produzierte die Mühle weiter, für die Bevölkerung und später auch für das Militär. „Das Nazi-Regime wollte die Bevölkerung nicht verhungern lassen, um Widerstand zu vermeiden“, erklärt Soénius. 1944 brannte es in Deutz, und die Mühle wurde von Bomben getroffen. Jedoch gelang es, den Betrieb in kleiner Form während des Wiederaufbau fortzuführen.

Zum 100. Jahrestag des Unternehmens 1950 konnte die neue Mühle, damals eine der modernsten Anlagen weltweit, in Betrieb genommen werden. Clemens Auer ließ den Namen „Aurora“ und den Sonnenstern als geschützte Marke eintragen. Es entstand der Werbeslogan „Aurora mit dem Sonnenstern“, der noch heute in kölschen Ohren nachklingt. Mit den Aurora-Getreideprodukten sei „die fleißige Hausfrau auch mit Recht stolz auf die wohlgelungenen Werke ihrer Back- und Kochkunst“, lautete das Werbeversprechen.

Zu der Zeit entstand gleich nebenan eine weitere Mühle in Deutz, die Ellmühle der Firma Leysieffer und Lietzmann. 1975 verkaufte sie gemeinsam mit der Familie Auer die Mühlen an den Kampffmeyer-Konzern. So verschmolz die „Auersche Großmühle“ mit der benachbarten Ellmühle zur Aurora Mühlen GmbH. „Die Fusion sorgte für Produktivitätssprünge“, berichtet Soénius. Das Unternehmen produzierte jährlich bis zu 380.000 Tonnen Mehl und zählte damit zu den wichtigsten Mühlen in Europa.

Historiker: „Ein Fehler, aus Köln zu gehen“

Der Kampffmeyer-Konzern kaufte weitere Mühlen auf und änderte seinen Namen in VK Mühlen Aktiengesellschaft. Später firmierte sie zur Goodmills Deutschland GmbH um. Die zugehörige Aurora Mühlen GmbH war noch bis 2000 in Köln ansässig und verlegte dann den Sitz nach Hamburg.

Nach kölschen 111 Jahren stellte die Ellmühle ihren Betrieb 2021 ein. „Aus industriepolitischen Gründen war es ein Fehler, aus Köln zu gehen“, meint Soénius. Die Politik habe stattdessen die Stadtentwicklung und Umnutzung des Geländes zu Wohnraum fokussiert. Nun wird das Aurora-Mehl in Krefeld gemahlen. Die Stadt Köln erwarb das ehemalige Industriegelände in Deutz und möchte es mit dem Deutzer Hafen in ein urbanes Stadtviertel umbauen. 

Eine alte Rutsche gibt es im Gebäude ebenfalls noch. Mehlsäcke konnten auf ihr sicher aus den oberen in untere Stockwerke gelangen. Und noch heute erzählt man sich, dass Auszubildende dazu angestachelt wurden, auf ihr durch die Ellmühle zu sausen. Als ein Stück Kölner Industriegeschichte bleibt die Mühle mit dem Sonnenstern auch im rundum erneuerten Deutzer Hafen erhalten.