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Wirtschaft in der CoronakriseWas die Hilfspakete zur Rettung beitragen

Lesezeit 5 Minuten

Die leere Schildergasse in Köln, aufgenommen am 18. März 2020

Köln – Bund, Land NRW und Europäische Zentralbank versuchen, die Wirtschaft vor den desaströsen Auswirkungen der Coronakrise zu bewahren. Experten haben für uns analysiert, ob die verschiedenen Maßnahmen sinnvoll sind.

1. Kurzarbeit

Immer mehr Unternehmen nutzen in der Corona-Pandemie die Kurzarbeit, um Beschäftigte halten zu können. In dieser Woche seien rund 76.700 Anzeigen auf Kurzarbeit bei den Arbeitsagenturen eingegangen, teilte die Bundesagentur für Arbeit. „Das Mittel der Kurzarbeit hat sich in der Krise 2008 bewährt und ist ein probates Mittel“, sagt Justus Haucap, Professor für Volkswirtschaftslehre und von 2008 bis 2012 Vorsitzender der Monopolkommission, die die

Bundesregierung berät. Anders als bei vorherigen Krisen gebe es nun gleichzeitig einen Angebots- und Nachfrageschock. Da greife die Kurzarbeit gut, da sie die Einkommen der Arbeitnehmer sicherstelle und gleichzeitig die Liquidität der Firmen entlaste.

Auch der Kölner Arbeitsrechtler Stefan Seitz begrüßt sie, kritisiert aber in Teilen die praktische Umsetzung. „Einerseits müssen die Unternehmen oft für ein oder zwei Monate in Vorleistung treten, andererseits beobachten wir bei einigen Arbeitsagenturen einen Hang zum Formalismus“, sagt Seitz, Namenspartner der Kanzlei Seitz, die unter anderem Karstadt und Kaufhof sowie Opel und Peugeot bei den jüngsten Fusionen beriet.

Unklar bei der Kurzarbeit ist noch der Umgang mit Überstunden, Resturlaub und freien Tagen –die müssen de jure erst abgebaut werden, bevor Kurzarbeitergeld gezahlt werden kann.

2. Bürgschaften

Uneins sind sich die Experten bei Bürgschaften, die das Land NRW Firmen, die von der Coronakrise bedroht sind, gewähren möchte. Praktisch funktioniert das so, dass eine Firma zur Hausbank geht, dort einen Kredit erhält, für dessen Rückzahlung das Land zu derzeit 80 Prozent (früher nur 50 Prozent) haftet. Für die restliche Summe muss die Bank geradestehen.

Aus Sicht des Ökonomen Haucap ist eine Beteiligung der Bank am Risiko sinnvoll. „Dann prüfen die Institute auch die Kreditwürdigkeit. Hätten sie gar kein Risiko, gäbe es Fehlanreize, Firmen, die auch ohne Corona wirtschaftliche Probleme hatten, Kredit zu geben. Die Summe von fünf Milliarden Euro in NRW hält Haucap zunächst für ausreichend, immerhin sei der Betrag so hoch wie 2008/2009 die gesamte Abwrackprämie.

Jurist Seitz zweifelt daran, dass die Summe hoch genug ist. Er hofft darauf, dass der Staat seinen Haftungsanteil erhöht. Außerdem fürchtet er, viele Firmen würden diese Hilfe scheuen aus Angst vor der gigantischen Kreditsumme, die irgendwann zurückgezahlt werden müsse. „Die Bürgschaften sind kein Allheilmittel und ich fürchte, es wird irgendwann nicht ohne Schuldenschnitt gehen“, sagt Anwalt Seitz.

3. Infektionsschutzgesetz

Das Infektionsschutzgesetz regelt, was passiert, wenn ein Betrieb etwa wegen Corona geschlossen wird, weil der Staat dessen Mitarbeiter unter Quarantäne stellt. Wichtig dabei ist, dass der Staat die Maßnahmen anordnet. Macht das Unternehmen es freiwillig, gibt es keine Leistungen, ordnet der Staat sie an, muss er dafür Schadenersatz zahlen. „Das sind Mittel, die nicht zurückgezahlt werden müssen, ein echter Schadenersatz, mit dem im Zweifel extrem geholfen werden kann“, sagt Seitz.

Haucap sieht das differenziert. Allenfalls für Branchen wie Gastro oder Reise komme dies in Frage, weil die Umsätze nicht nachgeholt würden, weil Menschen „ja nach der Krise jetzt nicht zweimal nach Berlin fliegen“, sagt Haucap. Andere Branchen wie Auto oder Industrie können die Erträge nachholen.

4. Stundung von Beiträgen

Seitz begrüßt, dass einige Krankenkassen angekündigt haben, Firmen die Sozialversicherungsbeiträge zu stunden, aus Kulanz. „Eine unbürokratische Hilfe, die die Liquidität der Firmen stärkt“, sagt Seitz. Auch Volkswirt Justus Haucap sieht darin eine Möglichkeit, allerdings dürfe so etwas nicht verordnet werden. „Das ist sinnvoll, aber nur dann, wenn die Polster der Betroffenen dick genug sind“, sagt Haucap.

5. Stundung von Steuerschulden

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat die Stundung von bestimmten Steuerschulden in Aussicht gestellt. „Jede liquiditätsschonende Maßnahme ist im Moment gut“, sagt Seitz. Haucap beklagt, dass diese Stundungen sich nur auf Körperschafts- und Gewerbesteuern beziehen. „Besser wäre eine darüber hinaus gehende Stundung von Umsatz- und Lohnsteuer“, so der Ökonom.

6. Pflicht auf Insolvenzantrag ausgesetzt

Das Bundesfinanzministerium hat die Pflicht, einen Insolvenzantrag bei Zahlungsunfähigkeit zu stellen, ausgesetzt – aber nur wenn der Insolvenzgrund durch die Coronakrise verursacht ist. „Eine riesige, wirklich sinnvolle Entlastung, die Geschäftsführer aus der Haftung nimmt“, sagt Seitz. Nicht ungefährlich, meint Haucap. Schließlich schütze diese Pflicht auch andere. Er sieht Ansteckungsgefahren.

7. Firmenübernahmen

Die Krise hat Private-Equity-Firmen auf den Plan gerufen, die nun zu Schnäppchenpreisen Firmen übernehmen. Für Ökonom Haucap kein Problem. „Diese Käufer glauben immerhin an das Überleben der Unternehmen.“

8. Gründerstipendien verlängert

Die Gründerstipendien in NRW werden verlängert. Für Haucap besonders wichtig. „Es wäre ein Drama, wenn die vor die Wand führen.“

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9. Helikoptergeld

US-Präsident Donald Trump möchte den US-Bürgern mit Helikoptergeld durch die Krise helfen: Bis zu 1200 US-Dollar soll jeder zur freien Verwendung bekommen. Das Institut der deutschen Wirtschaft winkt ab. In den USA wären mehr Menschen von Armut betroffen, in Deutschland würden auch Menschen die Beträge erhalten, die sie nicht bräuchten.

10. Niedrige Zinsen

Die Notenbanken sollen die Zinsen niedrig halten, um Firmen zu entlasten. Darin besteht derzeit Einigkeit. Aber steigende Zinsen hatte auch vor Corona keiner erwartet. Aufgabe der Notenbank ist laut Haucap gerade eher die Versorgung der Banken.