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Wirtschaftsnacht 2024Inklusion am Arbeitsmarkt als Chance

Lesezeit 3 Minuten
Logo der Wirtschaftsnacht 2024 der Kölner Stadt-Anzeiger Medien

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Die meisten Unternehmen sind verpflichtet, eine bestimmte Zahl von Menschen mit Behinderung zu beschäftigen. Dennoch gibt es bei der Inklusion am Arbeitsplatz noch viel zu tun.

Unternehmen suchen wegen des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels dringend nach geeigneten Mitarbeitern. Menschen mit Behinderungen weisen zweifelsfrei geeignete Qualifikation auf, werden aber oft im Einstellungsprozess aufgrund ihrer Behinderung nicht berücksichtigt. „Diese (unbewusste) Diskriminierung, die in jeder Phase des Beschäftigungszyklus stattfindet, verhindert die Potenzialnutzung dieser Mitarbeitergruppe zum Wohle der Beschäftigten und der Unternehmen“, heißt es in einer 2023er Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) mit Sitz in Köln.

In den letzten Jahrzehnten hat die Förderung von Diversität am Arbeitsplatz in der Bundesrepublik zunehmend an Bedeutung gewonnen. Diversität umfasst dabei die Bildung von Teams und deren beruflicher Potenzialfreisetzung, unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft, sexueller Orientierung oder Behinderung.

Neueste Entwicklungen zeigen laut der IW-Studie, dass sich mittlerweile eine große Zahl von Unternehmen im Rahmen ihrer Corporate-Social-Responsibilty-Strategien selbstverpflichtend Ziele zu mehr Diversität bei der Mitarbeitereinstellung setzen. Und obwohl Vielfalt und Inklusion zentrale Säulen einer gerechten Arbeitswelt darstellen, stehen Unternehmen trotz zunehmender Bemühungen vor erheblichen Herausforderungen bei der Schaffung einer diverseren Belegschaft und der gleichberechtigten Einstellung von Menschen mit Behinderungen.

Menschen mit Behinderung als Chance für Unternehmen

Gleichzeitig suchen Unternehmen laut IW aufgrund des Fachkräftemangels oft lange oder erfolglos nach geeigneten Mitarbeitern. Und obwohl viele Menschen mit Behinderungen geeignete Qualifikationen aufweisen, werde das Potenzial dieser Gruppe nicht vollständig ausgeschöpft. „Die Einstellung von Menschen mit Behinderungen ist nicht nur eine ethische Verpflichtung, sondern auch eine Chance für Unternehmen, von einer breiteren Palette an Talenten, Perspektiven und Fähigkeiten zu profitieren“, heißt es in der Studie.

Trotzdem zeigen Forschung und Erfahrung, dass es weiterhin tief verwurzelte Vorurteile, unbewusste Diskriminierung und fehlende Sensibilisierung gibt, die die Einstellungsentscheidungen in Organisationen beeinflussen. Diese verhaltensökonomischen Hürden können dazu führen, dass qualifizierte Menschen mit Behinderungen von der Arbeitswelt ausgeschlossen werden, was nicht nur ihre persönlichen Chancen beschränkt, sondern auch den Unternehmen wertvolle Ressourcen vorenthält.

Diese Thematik findet auch im rechtlichen Kontext Beachtung, da der Gesetzgeber Unternehmen im Rahmen des Sozialgesetzbuchs zur Einstellung von Menschen mit Behinderungen verpflichtet. Generell gilt für alle öffentlichen und privaten Unternehmen – abgesehen von Ausnahmeregelungen für kleinere Unternehmen – eine gesetzliche Beschäftigungsquote von fünf Prozent, wenn diese im Jahresdurchschnitt monatlich über 60 Arbeitsplätze verfügen. Eine Pflicht der Arbeitgeber zur Beschäftigung von Menschen mit Schwerbehinderung liegt jedoch bereits bei einer jahresdurchschnittlichen Betriebsgröße von 20 Mitarbeitern vor. Werden die Beschäftigungsquoten nicht erreicht, können Ausgleichsabgaben von bis zu 320 Euro pro Monat pro unbesetztem Arbeitsplatz anfallen.

Jeder zehnte Deutsche ist schwerbehindert

Trotz dieses hohen finanziellen Anreizes, Menschen mit Behinderung einzustellen, kommen viele Unternehmen dem nicht nach. Chancengleichheit am Arbeitsmarkt ist weiter Wunschdenken. In Deutschland leben laut Agentur für Arbeit rund 10,4 Millionen Menschen mit Behinderungen, davon sind 7,6 Millionen schwerbehindert. Das ist jeder Zehnte.

Nur die Hälfte ist erwerbstätig oder verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung. Ihre Arbeitslosenquote beträgt fast elf Prozent. Besonders viele sind der Behörde zufolge zudem langzeitarbeitslos. Dagegen sind Menschen ohne Behinderungen mit 5,7 Prozent nur etwa halb so oft arbeitslos. Das Inklusionsbarometer 2023 Arbeit zeigt klar: Menschen mit Behinderungen haben trotz leichter Verbesserung weiter deutlich schlechtere Arbeitsmarktchancen als Menschen ohne Behinderungen. Dabei kann es jeden treffen. Denn eine Behinderung tritt fast immer erst im Lauf des Lebens ein, ist nur in vier Prozent der Fälle angeboren.

Besonders alarmierend: 1,6 Millionen Menschen mit Behinderungen sind laut Arbeitsagentur gar nicht in den Arbeitsmarkt integriert. Und nur etwas mehr als jedes dritte Unternehmen schafft es, alle Pflichtarbeitsplätze zu besetzen (39 Prozent). 45.000 Arbeitgeber beschäftigten sogar keine schwerbehinderten Personen. Durch die UN-Behindertenrechtskonvention ist Inklusion seit 2009 in der Bundesrepublik eigentlich ein Menschenrecht.