Wohnen beim DiscounterWarum Aldi in Köln mindestens 600 Wohnungen bauen will

Lesezeit 3 Minuten
Entwurf für das Neubauprojekt von Aldi am Grünen Weg in Ehrenfeld.

Aldi Süd will am Grünen Weg in Ehrenfeld anstelle seines bisherigen Markts ein Gebäudeensemble mit etwa 100 Wohnungen schaffen.

Aldi Süd sieht in Köln Potenzial für mindestens 600 Wohnungen. Welches Kalkül dahinter steckt und wo die Wohnungen entstehen sollen. 

Wer bei großen Supermarktketten mit dem Auto auf dem Parkplatz vorfährt, hat häufig viele freie Parklücken zur Auswahl. Könnte man mit dem freien Platz nicht besseres anstellen, gerade in Zeiten, in denen Wohnraum und freie Flächen in Großstädten wie Köln Mangelware sind? Ja, meinen Discounter wie Aldi Süd - und bauen daher ihre Immobilien um.

Potenzial für mindestens 600 Wohnungen in Köln

Aus eingeschossigen Einzelhandelsimmobilien mit großer Parkfläche werden immer öfter sogenannte Mixed-Use-Objekte, also Gebäude, in denen beispielsweise im Erdgeschoss ein Super- oder Drogeriemarkt einzieht und in den Obergeschossen Menschen leben. In der Wesselinger Gotenstraße, nahe der südlichen Kölner Stadtgrenze, hat Aldi Süd beispielsweise einen 1997 eröffneten Standort erweitert und neben dem Aldi-Markt ein Geschäfts- und Mehrfamilienhaus gebaut. Im Erdgeschoss befindet sich nun eine Drogerie, in den beiden oberen Geschossen Drei- und Vierzimmerwohnungen mit 80 beziehungsweise 104 Quadratmetern Wohnfläche. Auch Lidl schafft Wohnraum in Nordrhein-Westfalen, wenn auch in deutlich geringerem Umfang als Aldi Süd. In Münster gibt es über einem Lidl-Markt nun 40 Wohnungen. Rewe verweist auf Anfrage auf die eigenen Immobilien an der Venloer und der Neusser Straße, die gemischt genutzt werden.

Gute Gründe für solche Projekte gibt es genügend: Viele Einzelhandelsgebäude sind aufgrund der monofunktionalen Nutzung und eines hohen Versiegelungsgrads aus der Zeit gefallen. Die Aldi-Süd-Filiale am Grünen Weg in Köln-Ehrenfeld beispielsweise wurde 1996 auf einem 8000 Quadratmeter großen Grundstück gebaut, eingeschossig, mit viel Parkfläche. Heute sind Flächen Mangelware, neue Gebäude werden mehrgeschossig und meist mit Tiefgarage gebaut. Auch die Kunden haben sich verändert: Sie kaufen öfter zu Fuß oder mit dem Fahrrad ein und erwarten von Unternehmen, dass sie nachhaltig und ressourcenschonend wirtschaften.

Discounter Aldi Süd entwickelt Quartier in Ehrenfeld

Deshalb will Aldi Süd in Ehrenfeld am Grünen Weg, zwischen Vogelsanger- und Weinsbergstraße, anstelle seines bisherigen Marktes ein Gebäudeensemble mit etwa 100 Wohnungen schaffen. Im Erdgeschoss ist ein neuer Markt vorgesehen, mit größerer Fläche als bisher. Die Planung der „Grünen Höfe“, wie Aldi das Projekt nennt, gehen dem Unternehmen zufolge weiter voran. „In Köln besteht für Aldi Süd aus heutiger Sicht Potenzial für Mixed-Use-Projekte mit mindestens 600 Wohnungen“, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit.

Solche Planungen können sich über mehrere Monate bis Jahre ziehen. Denn wenn Aldi und Co. ihre Filialen vergrößern oder anbauen möchten, benötigen sie einen Bauantrag. „Baugenehmigungen gibt es für eingeschossige Gebäude kaum noch, schon gar nicht in den zentralen Lagen in Großstädten wie Köln“, sagt Städtebau-Professorin Yasemin Utku, die an der TH Köln lehrt. Eine Kombination von Einzelhandel und Wohnen sichert also womöglich nicht nur die Baugenehmigung, sondern kann sich auch wirtschaftlich lohnen. „Sie haben die Kundschaft dann direkt im Haus. Es ist also eine Win-win-Situation, sowohl für die Einzelhändler als auch für die Kommunen, die an Wohnungsbau in integrierten Lagen interessiert sind“, sagt Utku. 

Vor allem für jüngere Menschen attraktiv

Bauprojekte wie die Grünen Höfe in Ehrenfeld sind vor allem für jüngere Menschen attraktiv. „Gerade in Lagen mit Clubkultur und Lärm wie in Ehrenfeld ist das mit dem Wohnungsbau so eine Sache. Wer macht das mit, dass morgens um fünf Uhr Ware direkt vor der Haustür angeliefert wird? Hochpreisiges Wohnen wird das nicht sein“, sagt Utku. 

Das bestätigt auch Rewe. „Unsere neuen Konzepte sehen vor, Kauferlebnis und Wohnen miteinander zu verbinden“, sagt ein Rewe-Sprecher. Der Einzelhändler betreibt Märkte, über denen sich zum Beispiel Wohnungen für Studierende oder soziale Einrichtungen wie betreutes Wohnen oder Kindergärten befinden. An den meisten Standorten sei Rewe jedoch lediglich Mieterin, sagt der Sprecher: „Mischnutzungen können in bestimmten Lagen eine gute Alternative sein, sind aber beispielsweise aus Gründen der Statik und des Lärmschutzes nicht für jeden Standort das richtige Mittel.“

Nachtmodus
KStA abonnieren