Alleinerziehend und auf Wohnungssuche? Warum das in Köln eine ganz schlechte Kombination ist.
„Das ganze System ist dysfunktional“Warum Alleinerziehende oft keine Wohnung mehr in Köln finden
Frau Theisen, seit wann ist die Situation Alleinerziehender auf dem Kölner Wohnungsmarkt so dramatisch?
Ute Theisen: Das ist ein schleichender Prozess. Dramatisiert hat sich die Lage nach den Zahlen der Wohnungsnotfallberichterstattung NRW etwa in den vergangenen zehn Jahren. Ganz NRW ist betroffen, die Metropolen besonders, Köln nochmal stärker, weil hier zum Beispiel im Vergleich zu Düsseldorf der Wohnungsbau zurückbleibt. Das ganze System ist dysfunktional.
Ute Theisen ist seit Januar 2024 Vorstandsvorsitzende des Sozialdienstes katholischer Frauen in Köln.
Warum sind Alleinerziehende besonders betroffen?
Sie sind überproportional häufig von Armut betroffen. Zudem brauchen sie wegen der Kinder mehr Raum, und gerade große Wohnungen gibt es in Köln viel zu wenige. Dazu kommt, dass Kinder auch unflexibel machen. Wenn ich ein Kita- oder Schulkind oder gar beides habe, dann kann ich nicht einfach den Stadtteil wechseln. Einmal nicht emotional, weil man die Kinder da nicht herausreißen will. Aber es geht auch schon ganz praktisch nicht. Finden Sie mal eine neue Kinderbetreuung! Oder organisieren Sie alleine das Abholen und Hinbringen von mehreren Kindern zu Schule und Freizeit quer durch die Stadt. Das funktioniert ja nicht. Wenn die Frauen auf das Jobcenter angewiesen sind, können Sie übrigens auch nicht so einfach in einen günstigeren Ort an der Sieg ziehen. Die Niederlassungsfreiheit ist dann nämlich eingeschränkt.
Und dann kommen ja auch noch die Vorurteile der Vermieter dazu.
Ganz genau. Und das sind ja nicht einmal Vorurteile. Eine Mutter mit zwei kleinen Kindern in der Nachbarschaft macht meist mehr Lärm als ein Doppelverdienerehepaar. Wahrscheinlich kommt durch die Kinder auch mehr Besuch.
Wie arbeiten Sie, um Alleinerziehenden in Wohnungsnot zu helfen?
Zuerst ist da die Präventivarbeit. Das heißt, wir versuchen, Räumungen zu verhindern. Der Fokus ist auf den Erhalt der Mietverhältnisse gerichtet. Denn wenn die Wohnung erstmal weg ist, wird es noch schwieriger. Wenn eine Wohnungslosigkeit droht, kann die Fachstelle Wohnen beispielsweise den Vermieter an der Räumung hindern, sie aufschieben.
Und wenn das nicht klappt und es doch zum Wohnungsverlust kommt?
Dann müssen wir gemeinsam mit der Stadt versuchen, eine Unterkunft für den Übergang zu vermitteln. Aber das ist immer nur ein Provisorium, das inzwischen immer öfter über Jahre dauert, weil es einfach keine Wohnungen gibt und keine Bewegung am Wohnungsmarkt. Wer eine Wohnung hat, der bleibt da, auch in Vierteln, aus denen man früher schnell weg wollte, oder in Wohnungen, die eigentlich zu klein sind. Damit werden aber auch die unattraktiveren Wohnungen in Durchzugsquartieren blockiert, in die wir früher vermitteln konnten. Das nimmt vielen Menschen die Hoffnung, weil sie aus unsicheren Wohnverhältnissen keine Perspektiven für die weitere Zukunft entwickeln können.
Gibt es auch Alleinerziehende, die wirklich auf der Straße leben?
Gott sei Dank selten. Aber wir hatten hier auch schon Mütter, die mit ihren Kindern im Auto hausten. Oder von einer Freundin zur nächsten zogen, um ein Dach über dem Kopf zu haben.
Wie finden Sie manchmal dennoch Wohnungen für Alleinerziehende?
Indem wir mit den Frauen zusammen einfach die Wohnungsportale durchsuchen. Wir helfen bei der Bewerbung, bei der Beantragung des Wohnberechtigungsscheins. Viele Menschen sind damit gerade in schwierigen Lebensphasen vollständig überfordert. Mit dem Kooperationsprojekt Viadukt bieten wir auch für die Vermieter eine Sicherheit, dass sie am Ende ihr Geld bekommen. Wir helfen bei der Jobsuche oder der Ausbildung. Gerade von privaten Vermietern wird das oft viel positiver bewertet, wenn eine Alleinerziehende eine Arbeitsstelle hat. Und auch bei den Kindern verändert das ganz viel zum Guten, wenn sie ihren Freunden erzählen können: Meine Mama ist heute Morgen zur Arbeit gegangen.