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Wohnen im BüroWarum in Köln so wenig leerstehende Büros umgenutzt werden

Lesezeit 4 Minuten
Blick auf das Gebäude Werderstraße 1.

An der Werderstraße 1 hatte die Brühler Knappschaft ihren Verwaltungssitz, heute besteht das Gebäude aus hochpreisigen Eigentumswohnungen.

In Köln fehlen tausende Wohnungen, gleichzeitig stehen 375.000 Quadratmeter Bürofläche leer. Könnte man die nicht einfach umnutzen?

Als die Brühler Knappschaft in den 1950er Jahren ihr neues Verwaltungsgebäude an der Kölner Werderstraße bezog, konnte niemand ahnen, dass hier 70 Jahre später luxuriöse Wohnungen stehen würden. Damals waren im Eckbau ein großer Sitzungsraum und Büroräume für die leitenden Mitarbeiter untergebracht, in den oberen Etagen saßen die Schreibkräfte. Die Knappschaft sicherte die Arbeiter im Rheinischen Revier finanziell ab, finanzierte Kuren und zahlte sogar das Schulgeld der Kinder. Heute wird der einstige Verwaltungsbau als exklusiver Rückzugsort angepriesen, fußläufig zu Stadtgarten und Friesenplatz, mitten drin im Belgischen Viertel. Vor fünf Jahren hat eine Bauträgergesellschaft das Gebäude gekauft und unter dem Namen „Miner‘s“ zu einer hochpreisigen Eigentumswohnanlage umgebaut – angelehnt an die Bergbau-Vergangenheit der einstigen Eigentümer.

Der Gedanke, leerstehende Bürogebäude in Wohnungen umzunutzen, kommt in den großen Büromärkten mit knappem Wohnraum regelmäßig auf, sagen Experten. Doch die Sache ist komplizierter, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Wieso?

Grund 1: Es gibt wenig Leerstand

Anfang Dezember standen in Köln rund 375.000 Quadratmeter Bürofläche leer, zeigen Berechnungen der Beratungsgesellschaft Greif & Contzen. Gemessen am Gesamtbestand von circa 8,2 Millionen Quadratmetern werden also nur 4,6 Prozent der Bürogebäude in Köln nicht genutzt. „Das ist zwar mehr als vor ein paar Jahren, aber der weit überwiegende Teil der Büros ist vermietet“, sagt Referent Jan Schubert. Im Jahr 2018 standen zum Vergleich nur 2,6 Prozent der Flächen leer, 2019 waren es 2,3 Prozent.

Anhand der Leerstandsquote jedoch das Potenzial für Umnutzungen abzuleiten, liefere kein realistisches Bild, denn der überwiegende Teil werde wieder vermietet. Schubert empfiehlt, hier eher auf den sogenannten Sockelleerstand zu schauen: Das sind jene Büroflächen, die seit mindestens drei Jahren nicht mehr vermietet wurden und als kaum mehr vermietungsfähig gelten. „Diesen Sockelleerstand würden wir aktuell grob auf maximal rund 80.000 Quadratmeter schätzen, in der Tendenz eher weniger. Er entspräche also weniger als einem Prozent des gesamten Kölner Büroflächenbestands“, sagt Schubert.

Grund 2: Umbauten sind aufwändig und teuer

Dieser Sockelleerstand ist allerdings auch nur ein theoretisches Potenzial. Wenn aus Büroflächen Wohnungen werden sollen, stehen in der Regel große bauliche Veränderungen an: Das Gebäude braucht zum Beispiel neue Wasserleitungen, die Anforderungen an Brandschutz und Fluchtwege sind andere als in Gewerbeflächen. „Das ist technisch nicht immer möglich oder zu aufwendig“, sagt Schubert. Zudem können baurechtliche Hindernisse im Wege stehen – etwa, wenn Büroflächen in Gewerbegebieten leer stehen, können daraus nicht einfach Wohnungen werden. „In jedem Fall ist immer eine intensive Einzelfallprüfung nötig, und wenn es wirklich geht, ist der Investitionsbedarf für den Umbau oft hoch“, sagt Schubert.

Blick auf das Gebäude am Hohenstaufenring 16-18

Auch hier, am Hohenstaufenring 16-18, sind Wohnungen in einstigen Büroflächen entstanden.

Einer, der sich mit Baukosten auskennt, ist Anton Bausinger. Der Kölner Immobilieninvestor war viele Jahre Vorsitzender des Kölner Verbandsbezirks der Bauinstustrie NRW und führt das Bauunternehmen Friedrich Wassermann. Die Firma baut an der Severinstraße ein ehemaliges Verwaltungsgebäude um, hier sollen sogenannte Serviced Apartments entstehen, also möblierte, kleine Wohnungen. „Der Umbau kostet mehr als 3000 Euro pro Quadratemter netto. Rechnet man die Nebenkosten mit hinein, sind wir bei rund 4000 Euro“, sagt Bausinger. Auch an der Neusser Straße 159 / Ecke Lohsestraße entstehen temporäre Kleinstwohnungen. Hier saß bislang der Zoll, dort entstehen nun in den kommenden Jahren rund 130 Appartements für Studierende und Berufseinsteiger.

Mitunter werden leerstehende Bürogebäude aus Kostengründen nicht umgebaut, sondern abgerissen. So wie die frühere Siemens-Niederlassung an der Franz-Geuer-Straße oder das ehemalige Areal der Deutschen Welle in Marienburg.

Grund 3: In Köln dauert alles länger

Dass es in Köln vergleichsweise wenig Beispiele für Wohnungen in einstigen Büros gibt, ist unter anderem auch langwierigen Anträgen geschuldet. „Die Stadt ist kein Verhinderer und versucht, solche Projekte mit den normalen Schwierigkeiten der Verwaltung zu begleiten“, sagt Bausinger. „In Köln dauert es eben länger als anderswo. Statt eineinhalb Jahren für die Genehmigungen dauert es in Köln eher drei Jahre.“

Das Sprichwort „Zeit ist Geld“ gilt in der Baubranche in besonderem Maße. Was in der Bauphase an Kosten obendrauf kommt, muss später über einen entsprechend hohen Quadratmeterpreis wieder hereingeholt werden. Das, gepaart mit teuren Finanzierungen und Rohstoffen, erklärt auch, warum einstige Büros kaum für bezahlbaren Wohnraum taugen. Serviced Apartments versprechen da schon eine höhere Rendite: „Es ist ein wachsender Markt, der für Projektentwickler und Eigentümer lukrativ ist“, sagt Schubert von Greif & Contzen. „Die Wohnungen sind möbliert, inklusive Nebenkosten und bieten, wie der Name schon sagt, diverse Zusatzleistungen, sodass sie hochpreisig vermietet werden können, ohne dass die Mietpreisbremse greift.“ Die Krise auf dem Wohnungsmarkt können wohl also auch ausgediente Büros nicht lösen.