Pro und ContraMuss man Airbnb Grenzen setzen?
- Ein neues Gesetz soll das Vermieten von Wohnraum an Touristen erschweren.
- Ist diese Form des Städtereisens damit keine gute Idee mehr? Sollten wir lieber wieder Hotels buchen?
- Peter Berger möchte die Macht von Airbnb beschränken, Thorsten Breitkopf sieht das als Gängelung der Vermieter. Unser Streit der Woche.
Airbnb soll durch eine neue Wohnraum-Identitätsnummer Grenzen gesetzt werden? Eine gute Idee? Das sind die Argumente unserer Redakteure.
Pro: Airbnb vernichtet Wohnraum und treibt die Mieten in die Höhe
Was für eine romantische Vorstellung, in einer fremdem Stadt ganz privat auf dem Sofa eines zuvor Unbekannten zu übernachten, am Ende gar Freundschaft mit ihm zu schließen und zu einem Gegenbesuch eingeladen zu werden. So war es mal gedacht, das Geschäftsprinzip der weltweit agierenden Übernachtungsbörse Airbnb, vor elf Jahren in San Francisco gegründet und inzwischen in 191 Ländern aktiv. Und so lautet bis heute ihr Versprechen: Sich im Urlaub als Einheimischer fühlen und dabei günstig und wie bei Freunden übernachten.
Viel Spaß beim Suchen! Längst haben die Profis Airbnb gekapert, längst gibt es mit Airbnb Plus eine Luxusvariante und das einzige, was die einstige Sofa-Vermittlung von Online-Portalen unterscheidet, die sich auf die Vermittlung von Hotels und Ferienwohnungen beschränken, ist, dass Letztere keinen Wohnraum vernichten. Airbnb hingegen schon.
Von den geschätzt 7000 Unterkünften, die in Köln auf der Plattform angeboten werden, sind die Hälfte komplette Wohnungen. Wohnungen, in denen vielleicht nie ein normaler Mieter gewohnt hat – oder die irgendwann von profitgierigen Immobilienbesitzern in illegale Touri-Unterkünfte umgewandelt wurden. Und zwar vor allem in der Innenstadt und den Veedeln, die besonders attraktiv sind. Allen voran Ehrenfeld, Nippes und die Südstadt. Dem Eigentum verpflichtet wird Wohnraum vernichtet.
Wohnungen, an deren Eingangstüre der mit einem Zahlencode versehene Schlüsselkasten für Rollkoffer-Nomaden hängt, die von Freitag bis Sonntag durch die Veedel rollen. Die Perversion geht zum Teil so weit, dass sich jene, die vor ein paar Jahren nur ihre Couch vermietet haben, ihr Veedel wegen des immer knapper werdenden Wohnraums nicht mehr leisten können.
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Schluss damit. Wer sich als Tourist in Ballungsgebieten mit knappem Wohnraum für Airbnb entscheidet, muss sich über eins klar sein: Er vernichtet Wohnraum, treibt Mieten in die Höhe und zerstört gewachsene Strukturen.
Immerhin: Köln und vier weitere Großstädte in NRW haben wenigstens eine Zweckentfremdungssatzung erlassen. Doch die Jagd nach illegalen Vermietern ist mühselig. Weil niemand so genau nachprüfen kann, wo klassisches Wohnungssharing endet und Geschäftsmodelle beginnen, um aus Wohnungen durch Kurzzeit-Vermietung möglichst viel Kapital zu schlagen.
Jetzt endlich greift die Heimatministerin ein. Wer künftig auf einschlägigen Online-Portalen seine Wohnung untervermieten will, muss dazu eine neue Wohnraum-Identitätsnummer angeben, die von der Kommune ausgegeben wird. Und die Einkünfte daraus natürlich auch versteuern. Die Untervermietung wird auf zwölf Wochen im Jahr begrenzt. Klingt gut und wird hoffentlich nicht als Bürokratiemonster enden.
Wer das schon als unrechtmäßigen Eingriff des Staates in sein Privateigentum empfindet, sollte sein Sofa am besten gleich auf die Straße stellen und dort übernachten. Damit er spürt, was es heißt, aus dem Viertel vertrieben zu werden.
Peter Berger
Contra: Ein Airbnb-Verbot wäre ein Eingriff in die Freiheit des Eigentums
Reisen war einst das Privileg der Reichen. Viele Menschen kannten nicht viel außer dem Bereich, in dem man die Kirchturmspitze des eigenen Ortes noch sehen konnte. Bessere Verkehrswege machten Reisen zwar irgendwann möglich, doch wer sich Hotel oder Pension nicht leisten konnte – und das war lange die Mehrheit –, musste wohl oder übel zuhause bleiben. Das hat sich geändert. Ein Instrument, ohne viel Geld die Welt und fremde Kulturen kennenzulernen, sind Airbnb und vergleichbare Unterkunftsmodelle. Sie sind meist eine preiswerte Alternative zu Hotels. Das ist ein Teil der Demokratisierung des Reisens. Gleichzeitig bieten sie den Vermietern ein Zubrot, dass immer weiter steigende Mieten abfedern kann.
In vielen Ballungsräumen wird nun versucht, diese Form der Unterkunft zu unterbinden. Das ist ein Eingriff in die Freiheit des Eigentums. Wer eine Wohnung oder ein Haus durch sein eigenes versteuertes Einkommen erworben hat, sollte im Rahmen gewisser Grenzen machen können, was er möchte. Das heißt nicht, dass er dort eine Fabrik errichten darf. Aber ob er sein Eigenheim selbst bewohnt, dauerhaft vermietet oder es Reisenden gegen Geld überlässt, sollte seine freie Entscheidung bleiben. Ob man sein Eigentum nun tageweise, wochenweise oder dauerhaft vermietet, sollte einem selbst überlassen bleiben. Das gilt auch für Anbieter, die das gewerblich tun. Dass er mögliche Einkünfte daraus versteuert, ist selbstverständlich.
Darauf sollte sich die öffentliche Hand fokussieren. Nicht aber darauf, mehr Bürokratie aufzubauen, etwa durch eine „Wohnraum-Identifikationsnummer“. Statt darauf Geld und Arbeitskraft des Öffentlichen Dienstes zu verschwenden, sollten die Kapazitäten genutzt werden, um Baugenehmigungen schneller zu erteilen. Denn das dauert entschieden zu lang. Hierin liegt der Flaschenhals, nicht bei den 3000 dauernd vermieteten Ferienwohnungen.
Nicht durch neue Vorschriften und Verbote, sondern durch Neubau und Verdichtung kann das Wohnungsproblem in Köln oder Düsseldorf gemildert werden. Würden schneller Genehmigungen erteilt, gäbe es mehr Wohnungen und damit eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt. Und gemäß dem Gesetz von Angebot und Nachfrage auch die Chance, eine weitere Verteuerung zu bremsen. Da geht es langfristig nicht um 3000 Wohnungen, sondern um viel mehr. Die vergleichsweise wenigen Airbnb-Wohnungen zu stoppen bringt kaum diesen Effekt, führt aber gleichzeitig zur Gängelung der Vermieter.
Darüber hinaus sollten jene, die ihr altes Kinderzimmer an reisende Studenten vermieten, neue Menschen kennenlernen wollen oder schlicht sich zu Messezeiten etwas hinzuverdienen nicht zum Opfer einiger schwarzer Schafe in diesem Geschäft werden. So vermieten viele Airbnb-Anbieter Räume, die sie sonst gar nicht nutzen, etwa die Zimmer der erwachsenen Kinder, Gästeräume oder Ähnliches. Diese Zimmer würden bei den geplanten Einschränkungen sicher nicht mehr für Reisende angeboten, die ja auch ein Wirtschaftsfaktor für die Stadt sind.
Und jene, die nun lautstark strenge Airbnb-Regeln fordern, sollten konsequenterweise ihr eigenes Reiseverhalten einmal gründlich überdenken.
Thorsten Breitkopf