Zweite Insolvenz in zwei JahrenKölner Galeria-Mitarbeiter bangen um Filialen
Köln/Essen – Sie waren einst die Konsumtempel des Westens: Die Warenhäuser von Karstadt und Kaufhof, von Hertie, Horten und Quelle. Ihr Geschäftsmodell: Der sogenannte Vollsortimenter. Die Kölner Häuser waren Aushängeschilder von Galeria und ihren Vorläufern. Vom Gemüse über Seife, Spielwaren, Schmuck, Kosmetik und Textil bis hin zu Porzellan und Elektronik gibt oder gab es einfach alles zu kaufen, was das Herz begehrt. Die Kaufhäuser glichen Palästen und waren die Juwelen der Einkaufsstraßen, an denen sie standen.
Durch diese Aufstellung wurden sie zum Anker ganzer Innenstädte und zum Frequenzbringer der benachbarten anderen, kleineren und größeren Einzelhändler. Für mittlere Großstädte wie Leverkusen war und ist der dortige Kaufhof das Einzelhandels-Aushängeschild, als er im September seinen 50. Geburtstag feierte, kam alles zu Gast, was dort Rang und Namen hat. Aber auch in den größeren Städten waren die Warenhäuser essenziell. Der Kaufhof an der Hohe Straße wurde von 1912 bis 1914 als „Flaggschiff“ des Kaufhof-Vorgängers Leonhard Tietz gebaut. 1925 wurde dort die erste Rolltreppe in einem deutschen Warenhaus in Betrieb genommen – das galt damals als enorme Attraktion.
Existenzielle Krise seit Jahrzehnten
Doch die Warenhäuser sind seit Jahrzehnten in einer existenziellen Krise. Hertie, Horten und andere gibt es schon seit vielen Jahren nicht mehr. Karstadt und Quelle rauschten mit ihrer einstigen Mutter Arcandor bereits 2009 in die Pleite.Die Fusion der beiden verbliebenen Warenhausketten Kaufhof und Karstadt sollte die Rettung bringen, doch schon 2020 rauschte die neue „Galeria“ in die Insolvenz. Mehrfach gab es Geld vom Staat, doch Corona, Kaufzurückhaltung und nicht zuletzt die drastisch sinkende Bedeutung des Konzepts Warenhaus zwangen Galeria in die Knie. Am Montag wurde erneut ein „Antrag auf ein Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung“ gestellt, was de facto auch eine Insolvenz ist. Bei der auf Sanierung ausgerichteten Variante übernimmt ein gerichtlich bestellter Sachverwalter die Aufsicht über die Rettung. Die Unternehmensführung behält die Kontrolle, wird aber von einem externen Sanierungsexperten beraten.
Die 680 Millionen Euro Finanzhilfen des Bundes reichten nicht, um die Firma auf Kurs zu bringen. Verhandlungen über weitere Staatshilfen wurden beendet. Bei der Sanierung im Jahr 2020 waren rund 40 Filialen geschlossen, etwa 4000 Stellen abgebaut und mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden gestrichen worden. Derzeit betreibt Galeria noch 131 Warenhäusern mit rund 17.000 Beschäftigten.
200 Mitarbeiter an der Breitestraße in Sorge
An den drei verbliebenen Kölner Standorten geht die Angst um. „Wir haben schon länger befürchtet, dass es nicht gut läuft“, sagt eine Mitarbeiterin des Hauses an der Breitestraße, das rund 200 Mitarbeiter hat. Man spüre die Kaufzurückhaltung der Kunden an vielen Stellen. Aber schon seit Februar mache man sich große Sorgen, als durch einen Bericht des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bekannt wurde, dass der Investor, das luxemburgische Unternehmen Aroundtown, plane, das Kaufhaus abzureißen und stattdessen auf dem mehr als 3000 Quadratmeter großen Grundstück ein Hotel, Wohnungen, Büros und im Erdgeschoss Ladenlokale für den Einzelhandel zu bauen. Galeria betonte damals zwar, den Standort nicht aufgeben zu wollen und verwies auf einen „lang laufenden“ Mietvertrag. Im Zuge der Insolvenz könnte der aber hinfällig werden.
Bleibt Hohe Straße ein Premiumhaus?
Auch an der Hohe Straße sitzt der Schock tief. „Wir haben noch die Hoffnung, dass man uns hier als Kölner Premiumhaus weiter offenhält“, sagt ein langjähriger Mitarbeiter. Aber in der Belegschaft fürchte man auch, dass viele Stellen gestrichen werden könnten. Ob der kleinste Galeria Standort auf der Neusserstraße in Nippes überlebt, ist ebenfalls weiter unklar. „Über einzelne Standorte, die jetzt Gegenstand einer sehr sorgfältigen Einzelfallbetrachtung und Analyse sind, können wir zu diesem Zeitpunkt noch keine Aussagen treffen“, sagte ein Galeria-Sprecher dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Das könnte Sie auch interessieren:
Um wieder wirtschaftlich zu werden, müsse „das bestehende Filialportfolio deutlich reduziert werden, und es wird sich von Häusern zu trennen sein, die inzwischen aufgrund neuer Bedingungen nicht mehr profitabel zu betreiben sind“, so der Sprecher weiter. Galeria-Chef Miguel Müllenbach sprach von „mindestens einem Drittel der Filialen“, die reduziert werden müssten. Kündigungen seien unvermeidbar.