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Paar zum VerliebenJeans-Passformen: Ein Wegweiser durch den Denim-Dschungel

Lesezeit 5 Minuten
Jeansmodelle

Jeans standen mal für unkomplizierte Kleidung. Das ist vorbei – es gibt eher zu viele Passformen im Denim-Dschungel.

Cargo-Pants, Low Rise, Wide Leg, blau oder grau? Jeans gibt es in immer mehr Variationen.

Jeans standen mal für unkomplizierte Kleidung. Das ist vorbei – es gibt eher zu viele Passformen im Denim-Dschungel. Ein Wegweiser von Kerstin Hergt.

Mustergültig: Statementjeans

Luxusmodelabels sind im Grunde keine Jeansspezialisten. Über Jahrzehnte war Denim auf den Laufstegen eher verpönt. 1976 wagte Calvin Klein einen ersten Versuch, damit eine Kollektion zu bestücken, doch erst in den Neunzigerjahren zogen die traditionsreichen Modehäuser wie Chanel und Dior nach. Ein Denim-Tabu gab es aber weiterhin für die Haute-Couture-Schauen, die Königsdisziplin der Schneiderkunst. Jetzt haben die Designer und Designerinnen einen Weg gefunden, das eher profane Kleidungsstück auch dort prachtvoll zu inszenieren: mit Fake-Jeans. Dabei handelt es sich um Hosen, die wie Jeans wirken, aber mit Perlen bestickt oder handbemalt sind.

Solche Statementjeans gibt es für Frühjahr und Sommer auch im erschwinglicheren Ready-to-Wear-Segment mit Blumenprints wie etwa bei Ralph Lauren (Foto) oder auch mit Glitzerapplikationen, Nieten, Schnürungen und Patchwork-Elementen.

Alles auf Tasche: Cargo-Pants

Kurz klang es nach dem Ende einer Ära: Vor rund einem Jahr wurde die Aktie von Denim-Riese Levi Strauss & Co. an der US-Börse herabgestuft. Analysten nannten als einen Grund dafür, dass vor allem junge Menschen weniger Jeans und stattdessen Cargo-Hosen kaufen würden. Sorgen machen muss man sich um das Traditionsunternehmen dennoch nicht. Auch wenn die Zahlen für 2023 noch nicht vorliegen, bleibt Levis Branchenprognosen zufolge wie auch in den Vorjahren wohl die weltweit umsatzstärkste Jeansmarke. Zumal das Label auch den Cargo-Hosen-Trend nicht verschlafen und entsprechende Modelle aus Denim im Portfolio hat.

Levis-Konkurrent Diesel (Foto) setzt dabei auf extrem viele Taschen und Reißverschlüsse. Doch es gibt auch jede Menge weniger auffällige Modelle, die viel Stauraum bieten für Smartphone, Kopfhörer und was der moderne Mensch sonst noch so braucht.

Low Rise, Straight Leg, Split Hem

Out oder nicht? An der Skinny Jeans scheiden sich so oder so die Geister. Wer es figurbetont mag, sich aber nicht in die hautenge Röhre zwängen will, findet unter den aktuellen Trends genügend Kompromisse. Acne Studios (Foto) vereint gleich drei davon: Low Rise (tiefer Bund), Straight Leg (gerades Bein) und Split Hem (geschlitzter Saum).

Es gehört zum Marketing, dass jede erdenkliche Passform eine andere englische Bezeichnung hat, die wiederum von Marke zu Marke variieren kann. Was die Attraktivität und Exklusivität der Modelle steigern soll, ist allerdings nicht gerade kundenfreundlich. Wer unter diesen Umständen loszieht, um eine neue Hose zu kaufen, sollte eine ungefähre Vorstellung von dem haben, was er will. Sonst landet man am Ende womöglich bei einer Slim Fit Mid Waist und liegt mit diesem typischen Neunzigerjahreschnitt noch weit vor den Nullerjahren– aber, so viel zur Beruhigung, nicht unbedingt abseits des Trendbarometers. Denn: Fast alles ist erlaubt.

Grau schlägt Blau

Jeansstoff ist von Natur aus weiß, wie die Baumwolle, aus der er gefertigt wird. Doch das Ursprungsmodell, das sich der lettische Schneider Jacob Davis zusammen mit dem Großhändler Levi Strauss 1873 patentieren ließ, sollte eine strapazierfähige Arbeitshose sein. Weiß war dafür denkbar schlecht, daher färbte man sie mithilfe von Indigoblättern dunkelblau. Je nach Verarbeitung und Waschung variieren die Blautöne heute. Die Farbpalette reicht von blassem Hellblau über Kornblumenblau bis hin zu tiefem Blau-Schwarz. Was sich 2023 schon angedeutet hat, setzt sich in diesem Jahr endgültig durch: Grau schlägt Blau.

Sowohl auf den Laufstegen, wie etwa bei Loewe (Foto), als auch im Streetstyle dominieren Grautöne von Hellgrau bis Anthrazit. Und das ist alles andere als trostlos: Graunuancen stehen für besonders zurückhaltende und zugleich lässige Eleganz. Außerdem lassen sie sich wunderbar mit anderen Farben kombinieren – zum Beispiel mit Blau.

So weit, so gut: Wide Leg und Puddle-Pants

Weit, weiter, Wide Leg: So geräumig diese Passform auch auf den ersten Blick wirkt, funktioniert sie doch nur, wenn sie oben figurbetont sitzt. Sonst sieht es schnell nach Opas Bollerhose aus. Man könnte auch sagen, dass das Wide-Leg-Modell eine Mogelpackung ist. Denn trotz fast grenzenloser Beinfreiheit wie etwa bei Balenciaga (Foto) liegt der Fokus in der Regel auf einer schmalen Taille.

Unten darf, nein, muss, die Hose auf jeden Fall schlabbern – gern auch im Straßenstaub. Der Saum reicht zuweilen bis weit über die Schuhspitzen. Was für manche aussieht, als hätte man sich die Änderungsschneiderei gespart, wird in der Jeans-Fachsprache fast schon poetisch mit einer den Fuß umspielenden Pfütze gleichgesetzt: Man spricht daher auch von Puddle-Pants. Durch das beständige Schleifen des Saums durch den Alltagsdreck franst die Pfützenhose schließlich von ganz allein aus. Praktisch für alle, die den Used-Look mögen.

Eine für alle: Column-Jeans

Mit beiden Beinen fest im Leben stehen und noch dazu eine gute Figur machen – das gelingt am besten mit der Column- oder auch Säulen-Jeans. Die Hosenbeine sind knöchellang, gerade und locker geschnitten, der Bund ist meist eher hoch. Bei Bally (Foto) bestimmt dieser Schnitt ebenso die Frühjahrs- und Sommerkollektion wie bei Chanel. Er wird als Reminiszenz an die Achtziger- und Neunzigerjahre mit ihren Karottenmodellen verstanden, ist aber etwas schmaler und zeitloser. Diese Jeans eignet sich für fast jeden Anlass, zumal sie als besonders figurfreundlich und bequem gilt.

Der Retroaspekt bei Jeans wurde schon immer großgeschrieben. Das liegt auch daran, dass ihre Geschichte eng mit der von Cowboys und Goldgräbern verwoben ist, mit Filmstars wie James Dean oder Marilyn Monroe, Musikgrößen wie Cher, Madonna und Bruce Springsteen oder Supermodels wie Kate Moss. Wie sie alle ist auch die Jeans ein popkulturelles Phänomen, das nie aus der Mode kommt.


Dieser Text gehört zur Wochenend-Edition auf ksta.de. Entdecken Sie weitere spannende Artikel auf www.ksta.de/wochenende.