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Kommentar

Kolumne
„Höchste Zeit,  Toffifee zum Weltkulturerbe zu erklären“

Ein Kommentar von
Lesezeit 2 Minuten
Eine Kasperl-Marionette

Das Kasperltheater ist immaterielles Kulturgut. Unserem Kolumnisten fallen noch ganz andere geeignete Kandidaten ein.

Neben beispielsweise dem Kasperltheater gehören seit Kurzem die Berliner Technokultur, die Schwälmer Weißstickerei und die Finsterwalder Sangestradition zum immateriellen Kulturgut. Unser Autor hat noch mehr Ideen.

Zu des Menschen höchsten Aufgaben gehört neben der Bewahrung der Schöpfung und der Freundlichkeit in sozialen Medien vor allem die Pflege seiner Kultur. Zu diesem Behufe führen die Kultusminister und die Deutsche Unesco-Kommission eine Liste für „Immaterielles deutsches Kulturgut“.

In den 150 Einträgen finden sich zum Beispiel: die Anlage und Pflege von Flechthecken, die deutsche Friedhofskultur, das Bad Dürrenberger Brunnenfest, die Lindenkirchweih in Limmersdorf, das Ehrsame Narrengericht zu Grosselfingen und überraschend viele Dinge mit K, darunter das Kaspertheater, die Karpfenteichwirtschaft in Bayern und die fachgerechte Zubereitung von – jawohl! – Kalkmörtel.

Der Deutsche unterfüttert seine Betüterungslust gern mit einem sinnhaft-kulturellen Fundament
Imre Grimm

Neben zahlreichen Belustigungen (Schach, Skat, Flussfischen) stehen allerlei Trinktraditionen auf der Liste, denn der Deutsche unterfüttert seine Betüterungslust gern mit einem sinnhaft-kulturellen Fundament. Dazu gehören: das Bierbrauen, die Herstellung diverser Weinsorten sowie die Oberpfälzer Zoiglkultur, eine Art Anleitung zum Saufen und Beisammensein.

Ebenso hat die Heidelberger Hip-Hop-Kultur Eingang gefunden, worauf zwingend die Ratzeburger Rock-‚n‘-Roll-Kultur, die hannoversche Hardrock-Kultur und die Baddeckenstedter Blueskultur folgen müssen.

Zunächst hat Staatsministerin Claudia Roth aber sechs andere Neueinträge vermeldet. Zum Kulturgut gehören seit Kurzem: die Berliner Technokultur, die Schwälmer Weißstickerei, die Finsterwalder Sangestradition, der Kirchseeoner Perchtenlauf, die Mittelfränkische Viez (Weinbereitung aus Äpfeln, Quitten oder Birnen) sowie das Bergsteigen in Sachsen. Wer sich also künftig in der Sächsischen Schweiz herumschleppt, stärkt die deutsche Kultur.

Mittagsschlaf gehört auf die Liste

Noch aber fehlen wichtige Einträge. Hiermit fordere ich offiziell die Aufnahme folgender deutscher Kulturerrungenschaften in die Liste der Traditionen: Mittagsschlaf, zweites Frühstück, Salzkartoffeln, Elfmeterschießen gegen England, Müll sortieren, Zukunftsangst, die Errichtung und Pflege von Verkehrsschildern, Elternvertreterwahl in der Kita, die Einlösung von Sanifair-Bons sowie der samstägliche Besuch eines Recyclinghofes im Kreis der Familie.

Zudem ist es höchste Zeit, endlich Toffifee zum Weltkulturerbe zu erklären. Denn in Toffifee findet der menschengemachte Genuss zur Hebung der seelischen Stabilität im Geiste einer achtsamen Selbstverantwortung seine höchste Vollendung. Die Liebe, mit der erfahrene Confiseure jedes einzelne Toffifee in handwerklicher Perfektion aus qualitativ höchstwertigen Biozutaten wie Karamell, Nougat und Schokolade von Hand um eine geschälte Haselnuss herum erst rund kneten und dann in stundenlanger Kontemplation mit einem Tuch glatt polieren, gehört zu den wertvollsten Kulturtechniken überhaupt.

Diese Kultur hat eine ganze Region geprägt. Die Geheimnisse der Toffifee-Herstellung werden in Toffenbach am Main seit Jahrhunderten von Generation zu Generation weitergegeben. Sichern wir endlich auch dieses Erbe.

Schönes Wochenende!


Dieser Text gehört zur Wochenend-Edition auf ksta.de. Entdecken Sie weitere spannende Artikel auf www.ksta.de/wochenende.