Vier Kochmützen ohne Koch: Der „Gault&Millau“ hat in Flamersheim und Bad Münstereifel Restaurants ausgezeichnet, die geschlossen sind.
Gastro im Kreis Euskirchen„Gault&Millau“ zeichnet Restaurants aus, die es nicht mehr gibt
Für einen Moment sah es so aus, als sei der Kreis Euskirchen in die höheren Sphären der Kulinarik aufgestiegen. Aber eben nur für einen kurzen Moment. Mit insgesamt vier Kochmützen hatten die Kritiker des „Gault&Millau“ Restaurants in Euskirchen und Bad Münstereifel ausgezeichnet. Kleiner Schönheitsfehler: Beide Lokale gibt es nicht mehr. Die Ehrung kam posthum, wie Michael Griese sagt.
Griese war Inhaber des „Tapferen Schneiderleins“ in Bad Münstereifel, dem der Restaurantführer – er gilt neben dem „Guide Michelin“ als der einflussreichste – eine rote Kochmütze verliehen hat. Anfang des Jahres hat er sein Bistro geschlossen. Sogar drei rote Kochmützen sind im „Gault&Millau“ für Bembergs Häuschen in Flamersheim verzeichnet. Doch das Gourmet-Restaurant gibt es auch seit Januar nicht mehr.
Den Michelin-Stern hatte der Koch Oliver Röder schon zurückgegeben
Oliver Röder hat schon vorher den Michelin-Stern, den er sich erkocht hatte, zurückgegeben. „Mit drei roten Kochmützen ist man schon unter den Top-Restaurants“, sagt der Sternekoch und klingt ein bisschen wehmütig. Die roten Mützen, erklärt er, seien noch mal eine Kategorie höherwertiger als die weißen, die ebenfalls im „Gault&Millau“ vergeben werden.
Die Gründe sind für beide Schließungen ähnlich. Gerade die gehobene Gastronomie habe es derzeit wirtschaftlich schwer, hatte Johannes von Bemberg dieser Zeitung im Herbst des vergangenen Jahres gesagt. Er ist Geschäftsführer der „Landlust Burg Flamersheim“.
In der Corona-Zeit hat Michael Griese Kochbücher gelesen
Unter dieser Dachmarke bleibt das Restaurant „Eiflers Zeiten“ erhalten, dort wird nun auch ein Gourmet-Menü angeboten. Das „Schneiderlein“ an der Orchheimer Straße in Bad Münstereifel hat tapfer gekämpft. Doch am Ende musste es aufgeben. Vor elf Jahren hatte Michael Griese es als Café und Bistro eröffnet. In der Zeit der Pandemie musste das Lokal schließen.
„Zwischen Corona und der Flut hatten wir drei Tage lang ein halbwegs normales Geschäft“, erzählt der Gastwirt. Mit 61 Jahren entschied er sich mit seiner Frau Gabriele, nach dem Wiederaufbau weiterzumachen, jedenfalls für fünf Jahre. Die Corona-Zeit habe er genutzt, um Kochbücher zu lesen. Denn Michael Griese hat zwar 35 Jahre in der Gastronomie gearbeitet, gelernter Koch ist er aber nicht.
Im Oktober 2022 eröffnete er das „Tapfere Schneiderlein“ wieder, mit neuem Konzept, dem Schwerpunkt auf Speisen statt auf Getränken, im Stil eines klassischen französischen Bistros. Und mit gehobenen Preisen. Der Erfolg gab ihm recht: „Trotz Kriegen und Inflation hat uns das Restaurant 2023 ernährt.“ Er habe ein „spezifisches Publikum gehabt, das unser Angebot wertschätzte“.
Griese schwärmt von tollen Abenden, wenn an den großen Tischen Menschen ins Gespräch kamen, die einander vorher nicht kannten. „Hier sind Freundschaften entstanden“, sagt er. Der Knick kam 2024, genauer gesagt: an Ostern 2024. Da habe sich das Sozialverhalten der Menschen geändert. Plötzlich habe er Schwierigkeiten gehabt, sein Osterlamm zu verkaufen. Drei Gänge statt vier, zwei Gläser Wein statt einer Flasche, Verzicht aufs Dessert – die Einnahmen gingen zurück.
Seit Erhöhung der Mehrwertsteuer bestellten die Gäste weniger
Weil die Mehrwertsteuer zu Beginn des Jahres wieder erhöht worden war, zogen auch die Preise an. Da sei die „erkennbare Inflation“ gekommen – und die hohen Energiepreise. Im Oktober rechneten Gabriele und Michael Griese durch, wie lange sie das noch durchhalten könnten. Und kamen zu dem Schluss, dass sie die angepeilten fünf Jahre nicht schaffen. Ende Dezember war es vorbei mit dem „Tapferen Schneiderlein“.
Noch stehen die großen Tische – und die Kaffeemaschine – in dem ehemaligen Lokal. Das Inventar soll verkauft werden, doch erst einmal muss ein Nachmieter gefunden werden. Gerade schauen sich Interessenten in den Räumen um. „Vielleicht habe ich ja heute Glück“, sagt Griese. Dann könnte an der Orchheimer Straße ein neues Kapitel aufgeschlagen werden.