Zum NachwandernFörster Peter Wohlleben zeigt seine Lieblings-Wanderstrecke
- In unserer Serie „Prominent unterwegs” verraten Promis aus Köln und Region ihre Lieblings-Wanderwege – mit Wegkarte und Rundum-Service zum Nachwandern.
- In dieser Folge wandern wir mit dem Förster und internationalen Bestseller-Autor Peter Wohlleben durch die Eifel. Dabei lernt man von ihm eine Menge über den Wald.
- Lesen Sie hier auch weitere Folgen der Serie.
Mit dem Kirchturm im Rücken geht es von der Hauptstraße in Wershofen gleich rechts ab in die Dreisbachstraße und damit hinein in die Natur. Ein paar Hausdächer sind noch zu sehen, Fachwerk bisweilen, dann ein Feldweg, viele Wiesen und später, nach einer langgezogenen Linkskurve, nur noch Wald. Peter Wohlleben, ein Hüne, Wanderschuhe, Jeans, beigefarbenes Hemd, der Flurdress der Förster, wandelt nun auf seinem Lieblingswanderweg. Und ist gleich auch bei seinen Lieblingsthema, das von seiner Lebensbeschäftigung handelt, der Natur im Allgemeinen und dem Wald im Besonderen.
Aber es soll hier draußen in der Eifel auch noch um Julia Klöckner gehen, die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft. Denn sie ist für den Wald in Deutschland zuständig. Dem Wald geht es nicht gut, findet Wohlleben, und führt seine Sicht später noch aus.
Bäume mit Gedächtnis
Aber alles der Reihe nach. Erst einmal raus in die Natur, die „hier bei uns noch völlig in Ordnung ist“. Wiesen dürfen rund um Wershofen noch wachsen wie sie wollen, Bienen waren da im Sommer, Hummeln und eine Vielfalt an Leben auf den grünen Freiflächen vor dem Wald. Wohlleben sagt: „Insektensterben gibt es bei uns nicht.“
Peter Wohlleben, Jahrgang 1964, ist Förster, dazu ein Vermittler von Natur- und Baumphänomenen, von denen vorher nie jemand erzählt hatte.
Sein Buch: „Das geheime Leben der Bäume“ ist ein Allzeitbestseller. Er handelt von kommunizierenden Bäumen, die sich rührend um ihren Nachwuchs kümmern, Freundschaften pflegen, Gefühle haben und ein Gedächtnis. „Ich habe die aktuelle Forschung in die Sprache von Nicht-Wissenschaftlern übersetzt“, erzählt Wohlleben.
Und damit einen Treffer gelandet. Die Sicht auf Bäume und Wälder ist seitdem eine andere. Wohllebens Meinung gilt in der aktuellen Walddebatte als Stimme der Vernunft. Auch, weil er alles das in Frage stellt, was bisher in forstwirtschaftlicher Hinsicht so mit dem Wald angestellt wurde und wird.
Wanderweg rund um Wershofen
Wohllebens Wanderweg, der rund um Wershofen führt, ist vielseitig und bietet mehrere Varianten, bei denen man sich nicht verlaufen kann. Wohlleben sagt, die Tour ist einfach: „Rein in den Wald, runter zum Dreisbach und wieder rechts hoch. Das kann jeder so variieren wie er möchte, am Ende findet man aber immer wieder leicht den Weg nach Wershofen.“ Fünf bis zehn Kilometer weit kann man auf diese Weise je nach Lust, Kondition oder Wetter wandern.
Warum Wandern zu leistungsorientiert ist
Wobei für Wohlleben die bloße Angabe von Kilometern und der absolvierten Wanderzeit dem Thema des erholsamen Spaziergangs widerspricht. Es gehe für ihn um Ablenkung vom Alltag, um das Genießen der Natur. „Zu leistungsorientiert“ findet er die klassische Variante des Wanderns. Bei ihm, dem Waldbeobachter, kann es auch mal vorkommen, dass er nur drei Kilometer wandert, dafür aber einen ganzen Tag braucht.
Verweilen im Augenblick
Eine Wohlleben-Wanderung hat mit dem Verweilen im Augenblick zu tun, mit dem Erkennen des Schönen, was die Natur so für Augen, Ohren und Nase im Angebot hat. „Ich mag es, im Wald, in Feld und Flur, innezuhalten. Ich mache dann auch ruhig mal eine Stunde Pause. Lege mich unter einen Baum. Genieße meine Rucksack-Verpflegung“, sagt er.
Heute sind wir zu zweit unterwegs. Meist teilt Peter Wohlleben sein Natur-Erlebnis beim Wandern mit der Familie. Ehefrau Miriam ist dann dabei oder die beiden erwachsenen Kinder Tobias und Carina. „Wir haben dann auch immer eine Picknickdecke dabei und packen sie gerne aus, um mal längere Zeit an einer Stelle zu bleiben und zu entspannen.“ Das klassische „Streckemachen beim Wandern“ gefällt ihm gar nicht. Auch nicht, wenn sich Wanderer einen Rundweg vornehmen, „den sie sklavisch ablaufen“.
Wohlleben wohnt in einem Forsthaus in Hümmel, einem Ort knapp fünf Kilometer nördlich von Wershofen. Dort hat er einen großen Gemüsegarten angelegt, zudem kümmert er sich um die auf seinem Grundstück lebenden Pferde, Ziegen, Hühner, Kaninchen und Bienen. Doch Wohlleben kümmert sich auch um Menschen. Und zwar in seiner Waldakademie, die ihren Sitz gegenüber der Kirche neben einer Bankfiliale hat. Dort bildet er Waldführer aus, vermittelt, wie Waldbewirtschaftung funktionieren kann, verteilt nach einem einwöchigen Kurs für sechs bis zehnjährige Kinder Juniorförster-Diplome und vieles mehr.
Waldakademie und eigene Schöpfungen
Das Innere seiner Akademie ist ausgestellt mit Wohlleben-Schöpfungen: Es ist ja nicht nur bei dem einen Bestseller geblieben, hinzu gekommen sind auch noch „Das Seelenleben der Tiere“, „Das geheime Netzwerk der Natur“ und aus diesem Jahr „Das geheime Band zwischen Mensch und Natur“. Dazu sind dort die bisher drei Bände seiner Zeitschrift „Wohllebens Welt“ zu haben, aber auch eine Emaille-Tasse mit der Aufschrift „Wohllebens Waldakademie“.
Im Vortragsraum erzählt Wohlleben, dass demnächst auch ein Kinofilm mit seinen Themen zu sehen ist. „Es kommt mir darauf an, den Menschen von den Wundern der Natur zu berichten. Und von denen des Waldes – und so auch viel für den Schutz der beiden Lebensräume zu tun. Dass die Bücher so ein Erfolg wurden, hätte ich nie gedacht“, sagt er jetzt. Gleichwohl kann er seine Popularität auch einsetzen, indem er seine Stimme gegen die aktuelle Waldpolitik erhebt.
Wir Wanderer sind nun eingetaucht in den Mischwald hinter Wershofen. Dieser Wandertag im Wohlleben-Land ist einer der letzten warmen Tage im Jahr – mit herrlicher Fernsicht und einem überraschenden Aha-Effekt. Beim Eintritt in den Wald voller Gräser am Boden und grüner Blätter an den Ästen wird es merklich kühler. Ahorn, Eschen, Eichen, Buchen und Hainbuchen stehen hier nebeneinander – „alles gesund. Funktionierend. Ein Genuss“, sagt Wohlleben. Bis zu 15 Grad kühler ist es in einem intakten Wald, weiß der Forstmann. Da könne man es trotz 40 Grad Sommerhitze bei heruntergedimmten 25 Grad im Dickicht herrlich aushalten. Der Klimawandel ist das Thema der Stunde.
„Lassen Sie den Wald mal Wald sein.“
Mit seinen Vorstellungen vom Ökosystem Wald hat Querdenker Wohlleben zuletzt die Waldwelt aufgerüttelt. Der Bund und seine Minersterin Klöcker, sagt er nun, setzten sich für einen Wald ein, der keiner mehr ist. Allenfalls eine Monokultur von Nadelgehölzen, und „somit eine Plantage. Ende August hat Wohlleben mit Forst- und anderen Wissenschaftlern sowie mit Waldexperten zusammen einen offenen Brief an Klöckner geschrieben mit der Forderung „Lassen Sie den Wald mal Wald sein.“ 70 Fachleute haben unterschrieben.
Wohlleben ist ein entspannter Mensch, referiert ruhig und gelassen, lächelt oft bei seinen Ausflügen in die Forstpolitik. Einmal steigt dann doch noch sein Puls. Die Rede kommt auf die Waldberater im Bundesministerium: „Menschen, die den Anteil des Waldes am Nadelholz von 50 auf 70 Prozent steigen lassen wollen. Wo wir doch gerade merken, dass die Nadelplantagen in Form von Kiefern und vor allem Fichten umkippen, sterben, nicht mehr zu retten sind. Die Steigerung der Nadelgehölze, heißt es da, sei besser, um auf den Klimawandel zu reagieren. Da packe ich mir an den Kopf“, sagt Wohlleben. Und dann, runtergechillt, deutlich kühler nun: „Nehmt den Druck raus, Leute. Werdet mehr zu Waldhütern.“ Anders formuliert hieße das: „Den Wald machen lassen. Sich als Mensch zurücknehmen.“
Wohlleben erklärt den Kreislauf der Natur
Und dann erklärt er den Kreislauf der Natur. Im Wald entwickeln sich bis zu 100 000 Sämlinge pro Jahr und Hektar. Da brauche man nicht noch Nadelhölzer zu pflanzen: „Die Natur sucht sich jetzt selbst unter diesen veränderten Klimabedingungen die Bäume aus, die den neuen Bedingungen standhalten.“ Das gehe schnell. Und es koste nichts. In dem Wald, den Wohlleben als Angestellter der Gemeinde Wershofen verantwortet, fällen Waldarbeiter Bäume, die von Pferden abtransportiert werden. Wohlleben verzichtet auf gigantische Fäll- und Erntemaschinen, die dem Untergrund extrem schaden würden. Er setzt auf heimische Laubbäume statt auf Fichten. Die Böden erholen sich, erzählt er, speichern wieder Niederschläge – und sind gewappnet für den Klimawandel.
Wie der heruntergekühlte Wald, den wir gerade verlassen. Wohlleben schwärmt: „Wir sehen eine wunderschöne, waldige abwechslungsreiche, hügelige Eifel-Landschaft. “ Erholt habe er sich bei der Wanderung, Waldstimmung getankt. Und viel Kraft. Die er braucht für seinen Einsatz für den richtigen Wald in schweren Zeiten.
Service / Informationen zur Wanderung:
Anfahrt:
Mit dem Pkw: Von Köln gut eine Stunde Autofahrt und 80 Kilometer Fahrtlänge über die die Autobahn A 1. Abfahrt Blankenheim und weiter auf der L 115, dann L 74 über Ohlenhard nach Wershofen.
Mit ÖPNV: Die Anfahrt mit Bahn und Bus ist etwas langwierig und dauert mehr als zweieinhalb Stunden. Eine Möglichkeit: Von Köln Hauptbahnhof bis Bahnhof Remagen. Dort in einen Zug nach Ahrbrück einsteigen. In Ahrbrück den Bus der Linie 863 nach Dümpelfeld nehmen. Dort weiter mit Linie 864, die bis zum Dorfplatz nach Wershofen fährt.
Start/Ziel: Kirche St. Vinzencius in Wershofen.
Länge/Dauer: Gut fünf Kilometer, etwa eine Stunde. Variationsmöglichkeiten sind vorhanden. Eine Ausdehnung bis auf zehn Kilometer Wanderweg ist möglich.
Profil: Die Strecke führt fast ausschließlich über Feld- und Waldwege, ganzjährig begehbar, aber mit anspruchsvollem Gefälle: Bergab Richtung Dreisbach, der in einer Senke plätschert. Der Rückweg führt weiter durch den Wald in Serpentinen hinauf auf die Höhe von Wershofen. Der Anstieg umfasst gut einen Kilometer und erfordert gute Kondition.
Einkehr: Landgasthaus Pfahl, Hauptstraße 76, 53520 Wershofen. Telefon 0 26 94 / 232
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