Lieblingsorte Kölner SüdstadtVon wegen Hipster-Alarm im Sabor ’Ermoso
Köln – Ladenlokal in bester Lage, dunkles Holz, knautschige Ledersofas, bisschen Industrie-Optik, dazu ein Haufen Surfbretter und der obligatorische Siebdruck. Mein verschrobenes Unterbewusstsein sammelt sofort „Hipstercafé“-Indizien.
Ein erstes Urteil
Am Nebentisch löffelt eine Blondine mit Batikturban Granola mit frischem Obst und Chiasamen. Autsch. Ihre Begleiterin bestellt den Smoothie mit Grünkohl. Doppelautsch. Auf dem Sofa zu meiner linken sitzen drei Menschen Anfang, Mitte zwanzig. Es geht um Instagram, Baristakurs, Bouldern und Parkour. Mein Unterbewusstsein klatscht freudig in die Hände. Ein Bekannter kann sogar 200 Liegestütze. Das ist wahlweise krass, mega oder megakrass. Urteil gefällt – Hipsterorkus.
Urlaubsflair im Sabor 'Ermoso
Die Karte möchte höchstens teilweise in mein schönes Klischee passen, der Service überhaupt nicht. Das Alleinstellungsmerkmal besagter und verhasster Hipstercafés ist miserables Personal: unfreundlich, unaufmerksam, inkompetent, selbstbezogen. Dreckiges Geschirr, das vor sich hin gammelt; Gäste, die partout nicht beachtet werden, weil der Servicemitarbeiter zu sehr mit sich, dem letzten Post des Verflossenen oder (mein Favorit) dem Besuch der Mitbewohnerin beschäftigt ist.
Im Sabor ’Ermoso fehlen diese Indizien gänzlich. Der Service ist freundlich und gewissenhaft. Der köstliche Scone wird wunderbar warm serviert, der Cappuccino ist perfekt und so langsam wirkt das Urlaubsflair. Das Unterbewusstsein hat Sendepause.
Tiefenentspannte Wohnzimmer-Atmosphäre
Sandra und Ethem, das Gründerpaar, sind so herzlich und lebensbejahend, dass man schreien möchte. Ihre Geschichte klingt wie der kitschigste Imagefilm aller Zeiten: Die zwei haben auf ihren Reisen nach Südamerika und Nordspanien kulinarische und kulturelle Eigenarten lieben gelernt und wollten einen Raum mit all diesen wunderbaren Dingen schaffen.
Weißer Thunfisch mit eingelegter Paprika, Tomate y Aceite, Surfbretter, Zeichnungen der Künstlerin Pau, hervorragender Kaffee und vor allem diese tiefenentspannte Wohnzimmer-Atmosphäre. Das Personal wurde im Freundeskreis generiert und kümmert sich selbstständig um die hervorragende Kuchenauswahl. Das ist alles andere als chaotische Kommunen-Gastro ohne Qualitätsstandard, sondern da hat jemand in der New-Economy-Vorlesung sehr gut aufgepasst. Sandra und Ethem machen alles richtig und haben eindeutig einen Lieblingsort geschaffen.
Sabor ’Ermoso, Kurfürstenstraße 1, 50678 KölnÖffnungszeiten: Di bis Fr 8 bis 18 Uhr, Sa+So 10 bis 17 Uhrwww.saborermoso.de
Von der Speisekarte
Smoothie Verde aus Matcha, Mango, Banane, Grapefruit,Spinat/Feldsalat oder Grünkohl (je nach Saison) für 4,20 Euro
Scone mit Himbeeren, weißer Schokolade und Pekannüssen für 2 Euro
Marokkanischer Orangenkuchen für 3,20 Euro
Tomate y Aceite, Andalusisches Frühstück für 2,80 Euro
Bocadillo Don Corleone, Weizenbrötchen mit Bresaola, Rucola und Parmesan für 4,80 Euro
Cappuccino für 2,60 Euro