WeinempfehlungWarum es sich lohnt, Schweizer Weine auszuprobieren
- Romana Echensperger gibt in ihrer Kolumne Tipps und Empfehlungen rund um den Wein.
- Dieses Mal geht die Genuss-Reise in die Schweiz, die trotz ihrer kleinen Größe ein beachtliches Wein-Repertoire zu bieten hat.
- Ein Schweizer Wein hat es Frau Echensperger besonders angetan.
Wenn es um ihre Weine geht, sind die Schweizer geizig. Nicht einmal ein Prozent der Erzeugung wird exportiert. Das kann man jedoch gut verstehen, wenn man ein paar dieser Raritäten verkosten kann. Die Schweiz mag mit 15.000 Hektar Rebflächen vielleicht ein Zwerg in der Weinwelt sein. In Sachen Qualität und vor allem Vielfalt können sie anderen großen Weinbaunationen locker das Glas reichen.
Die Schweiz hat sechs Anbaugebiete und weißt über 60 verschiedene Herkünfte aus. Diese Auffächerung macht Sinn. Denn das kleine Land ist wie kein Zweites von den Alpen geprägt. Zerklüftete Landschaften, dicke Moränenschichten aus der letzten Eiszeit sowie Flüsse und malerische Seen prägen Landschaft und unterschiedlichste Weinbaubedingungen. Viele eigenständige Rebsorten haben sich hier herausgebildet. Mit der Reblauskatastrophe im 19. Jahrhundert sind diese mengenmäßig ins Hintertreffen geraten.
Rückbesinnung auf die heimischen Sorten
Heute wird auf den größten Flächen Chasselas kultiviert, den man im Markgräflerland als Gutedel kennt. Ebenso findet man viel Merlot oder Müller-Thurgau. In den letzten Jahren gibt es allerdings eine große Rückbesinnung auf die heimischen Sorten mit Namen wie Cornalin, Heida oder Amigne. Insgesamt finden sich hier über 250 verschiedene Rebsorten. Bedenkt man, dass es schätzungsweise 10.000 Rebsorten weltweit gibt, ist das für so ein kleines Land mehr als beachtlich.
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Die hier beschriebene Humagne Blanche hat ihre Heimat im Wallis. Am Oberlauf des Flusses Rhône können die Reben ihre Wurzeln in spektakuläre, terrassierte Weinberge graben. Das Klima ist trocken und sonnig. Im Herbst sorgt Föhnwetter für heiße Winde und ermöglicht die Ausreifung besonders spätreifender Sorten. Die Humagne Blanche galt früher als „Wöchnerinnenwein“, weil man ihm einen hohen Eisengehalt und damit einen stärkenden Einfluss nach der Geburt zu schrieb. In alten Schriften wird die Zuteilung von täglich einem knappen Liter Humagne Blanche an diese Frauen dokumentiert. Leicht erwärmt verabreicht und vermischt mit Honig und Gewürzen. Im Walliser Museum kann man noch einige Exemplare der Holz geschnitzten Hebammenbecher bewundern.
Alpines Weinvergnügen zu Käse oder Risotto
Tatsächlich hat der Wein keinen erhöhten Eisengehalt, schmeckt aber trotzdem eigenständig und sollte aus einem großen Glas genossen werden. In der Nase zeigen sich frische Aromen von Wiesenkräutern, Fichtensprossen, Aprikosen und Meersalz. Der Wein ist zwar sanft in der Säure und cremig in der Textur, wirkt aber durch seine kräutrigen und salzigen Aromen auch am Gaumen erstaunlich frisch. Noch lange wirkt ein zart nussiger wie harziger Ton nach. Mit 13 % Alkohol hat man ein mittelkräftiges alpines Weinvergnügen vor sich, das man zu Bergkäse genießen kann, welches aber auch zu Risotto, Pilz- oder kräftigeren Fischgerichten passt.
2019 Humagne Blanche Collection Chandra Kurt / Provins Sion / Wallis – 26,50 Euro