Wie schmeckt's und was ist der Unterschied?Wie die Pinsa der Pizza Konkurrenz macht
Pinsa und Pizza: Auf den ersten Blick scheint es kaum Unterschiede zwischen beiden Speisen zu geben. Beide sind Teigfladen, mit Soße bestrichen, nach Belieben belegt und gebacken. Wer in eine Pinsa beißt, merkt jedoch schnell, was sie so besonders macht: „Sie ist innen sehr fluffig, während sie außen herrlich knusprig bleibt“, beschreibt Davy Mazzuca, der eine Pinseria in Saarlouis (Saarland) betreibt.
Gleich zwei Kniffe sorgen für diese besondere Beschaffenheit - und grenzen die Pinsa von der Pizza ab. Erster Trick: Anders als die Pizza, gibt sich die Pinsa nicht mit nur einer einzigen Mehlsorte zufrieden. „Der Teig basiert auf einer Mischung verschiedener Mehle“, erklärt die Food-Bloggerin Kathrina Rüttger (kuechentraumundpurzelbaum.de). „Im Wesentlichen sind das Reismehl, Weizenmehl, Sojamehl und Sauerteig.“
Reismehl bringt Fluff, Sauerteig Bekömmlichkeit
Dabei hat jede Zutat ihre eigene Aufgabe: Das Sojamehl sorgt für Stabilität, das Reismehl für Leichtigkeit und Fluff, der Sauerteig für Bekömmlichkeit. Der Pinsa-Teig ist dabei recht durstig: Auf ein Kilo Mehl kommen 800 bis 900 Milliliter Wasser, deutlich mehr als bei der klassischen Pizza.
Der zweite Kniff ist die lange Gehzeit. Wenn der Ofen angeheizt wird, hat der Pinsa-Teig schon einen Kühlschrank-Aufenthalt von bis zu fünf Tagen hinter sich - genug Zeit, um große Luftblasen zu schlagen. „Da der Teig so lange ruht, ist die Pinsa leichter verdaulich als eine Pizza“, erklärt Mazzuca, „schließlich gärt sie im Magen nicht weiter.“
Mythos aus Römerzeit oder Flunkerei?
Die Pinsa hat eine jahrhundertelange Tradition - so scheint es zumindest auf den ersten Blick. Schon die alten Römer sollen den fluffig-knusprigen Fladen geliebt haben, so sehr, dass sie die Pinsa als Opfergabe für die Götter einsetzten. Auch der Name der Speise wurzelt Erzählungen zufolge in der Antike. Das lateinische Wort „pinsere“ bedeutet so viel wie „zerdrücken“ und beschreibt die Herstellung von Mehl.
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Doch der traditionsreiche Schein trügt: „All das ist ein frei erfundener Mythos“, klärt Bessem Lamari von der „Pinsa Manufaktur“ in Stuttgart auf. Tatsächlich ist die Pinsa eine Erfindung aus dem Jahr 2001, entwickelt vom italienischen Familienunternehmen Di Marco, das sich auf Backwaren spezialisiert hat. „Diese Geschichte wurde erfunden, um die Pinsa interessanter zu machen“, sagt Lamari, der auch als deutscher Handelsvertreter für Di Marco tätig ist.
Rot, weiß oder süß? Man hat die Qual der Pinsa-Wahl
Doch es gibt gute Gründe, über diese Flunkerei hinwegzusehen. Denn: Die Pinsa ist fast noch vielseitiger als die klassische Pizza. Dadurch, dass der Fladen im Geschmack eher neutral daherkommt, verträgt er sich mit herzhaften und süßen Toppings gleichermaßen. „Insgesamt gibt es drei Arten, die Pinsa zu belegen: rot, weiß und süß“, beschreibt Pinsa-Bäcker Mazzuca.
Die rote Pinsa, zubereitet mit einem Tomatensugo und Zutaten nach Wahl, erinnert dabei am stärksten an die klassische Pizza. „Allerdings kommt der Geschmack des Teiglings besser zur Geltung, wenn man die Pinsa ohne Tomatensoße serviert, sie also bianca oder weiß isst“, wendet Bessem Lamari ein.
Bei dieser Variante der Pinsa sorgen helle Cremes - etwa auf Basis von Pesto, Lachs oder Pistazien - dafür, dass der Teigfladen nicht zu trocken wird. Auch hier gilt: Drauf darf alles, was gefällt. Lamari hat dabei einen klaren Favoriten: „Sehr lecker ist die Kombination aus Parmaschinken, Büffelmozzarella, Kirschtomaten und Rucola.“ Wer den Kontrast aus crunchy und weich mag, toppt die Pinsa mit Ricotta, Birne, Walnüssen und Honig.
Zum Dessert wird die Pinsa, wenn man sie dick mit Nuss-Nougat-Creme bestreicht und nach Belieben mit zerstoßenen Keksen, Bananenscheiben, Erdbeeren oder bunten Schoko-Linsen belegt. Wer sich vegan ernährt, greift zum Apfelmus-Glas und bestreut die Pinsa anschließend mit einer kräftigen Menge Zimt und Zucker.
Topping-Zutaten sowohl vor als auch nach dem Backen
„Klassischerweise wird die Pinsa sowohl vor als auch nach dem Backen belegt“, erklärt Mazzuca. Die Soßen oder Cremes werden in der Regel auf den Teigling aufgetragen, bevor es für ihn in den Ofen geht. Andere Toppings - etwa Mortadella, Rucola, Früchte - kommen dazu, wenn die Pinsa bereits gebacken ist. Wer eine Pinsa testen will, kann schauen, ob es eine Pinseria in der Nähe gibt. Vor allem im Süden Deutschlands haben mittlerweile einige Restaurants entsprechende Angebote im Programm.
„Die Pinsa lässt sich aber auch gut zu Hause zubereiten“, weiß Food-Bloggerin Rüttger aus eigener Erfahrung. „Ist der Teig erst einmal geknetet, kann man ihn durch die lange Gehzeit getrost für ein paar Tage im Kühlschrank vergessen.“ Einige Stunden, bevor der Teig gebacken wird, formt man ihn zu Kugeln.
Pinsa-Teig auf keinen Fall kräftig durchkneten
Bei der Verarbeitung des Teigs zählt vor allem eines: eine große Portion Fingerspitzengefühl. Denn der Pinsa-Teigling mit seinen großen Luftblasen mag es gar nicht, kräftig durchgeknetet oder mit dem Nudelholz ausgerollt zu werden. „Besser ist es, den Teig vorsichtig mit den Fingern auseinanderzuziehen - so bleiben die Bläschen erhalten“, erklärt Rüttger.
Bislang ist die Pinsa in Deutschland noch recht unbekannt. Wird sich das in der nächsten Zeit ändern? Die Gastronomen sind sich sicher: Die Pinsa kommt. „Jeder, der Pizza mag, wird die Pinsa lieben. Und: In Italien boomt die Pinsa bereits“, beobachtet Bessem Lamari. Gut möglich also, dass der Begriff Pinsa bald kein neugieriges „Was ist denn das?“ mehr auslöst. (Ricarda Dieckmann, dpa/tmn)