Zwei-Sternekoch im PorträtDaniel Gottschlich verrät Haus-Rezept zum Nachkochen
- In unserer Corona-Serie stellen wir statt Restaurants interessante „Kölner Köche" vor.
- Heute gibt es ein Porträt, Interview und Lieblingsrezept zum Nachkochen von Zwei-Sternekoch Daniel Gottschlich vom „Ox & Klee".
- Warum er erstmal eine Ausbildung zum Energie-Anlagen-Elektroniker machte und was seine Musik mit dem Kochen zu tun hat, erfahren Sie hier.
Köln – Im nächsten Frühjahr erscheint das Debüt-Album der Band „The Filles“ – und am Schlagzeug sitzt der Kölner Zwei-Sternekoch Daniel Gottschlich vom „Ox & Klee“. „Mit 16 bekam ich ein Schlagzeug und hab mir alles selbst beigebracht.“ Die Indie-Rock-Pop-Band ist kein Hobby, sie hat bei der renommierten Konzertagentur Karsten Jahnke unterschrieben.
Müssen die Kölner jetzt Sorge haben, dass das „Ox & Klee“ bald Geschichte ist? „Nein, die Sachen schließen sich nicht gegenseitig aus. Es gibt Köche, die dafür leben 14 Stunden am Tag am Pass zu stehen. Und dann gibt es solche, die noch andere Unternehmungen gerne machen.“ Daniel Gottschlich sieht sich als einer davon.
Gottschlichs Küche so kraftvoll und auf den Punkt wie sein Schlagzeugspiel
Er gibt im Restaurant die Philosophie vor, ist Arbeitgeber und Teamleiter von 20 Mitarbeitern, aber er entfaltet seine Kreativität auch anderweitig. Und kreativ ist der 1982 in Troisdorf Geborene, der das „Experience Taste“-Konzept mit Betonung der sechs Geschmacksqualitäten (süß, sauer, salzig, bitter, fettig, umami) in seinem Restaurant entwickelt hat. Seit Oktober gibt es sogar entsprechend designtes Geschirr und Speise-Infos die es ebenso klug wie spielerisch umsetzen.
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Aufgewachsen ist Daniel Gottschlich in Hennef, seine Eltern drängten auf eine ordentliche Ausbildung, die der seines Vaters ähnelte. Also wurde er Energie-Anlagen-Elektroniker – arbeitete aber nicht einen einzigen Tag im Beruf. „Schon bevor ich die Lehre abgeschlossen hatte, war mir klar, dass ich Koch werde. Sechs Wochen nach dem Ende fing ich meine Ausbildung auf dem Petersberg an.“
Eltern waren früher wenig mit ihm essen
Das war 2003, es folgten Adolphs Gasthaus, die Hofbräustuben vom Früh – und schon 2010 das eigene Restaurant. „Ich wollte nicht mehr für irgendjemanden arbeiten, sondern alles allein machen.“
Dabei war es nie Gottschlichs Ziel irgendwann einmal ein berühmter Sternekoch zu werden. „Meine Eltern waren früher ja sehr wenig mit mir in Restaurants essen. Und wenn, dann waren das keine Top-Restaurants, da war ich ein Universum weit von entfernt.“
Wie beim Schlagzeug brachte sich Daniel Gottschlich fast alles selbst bei. 2015 holte er dann seinen ersten Stern, 2016 folgte der Umzug ins Kranhaus 1, und 2019 der zweite Stern. To be continued!
Geschmacksfragen:
Was haben Sie als Kind am liebsten gegessen?
Es gab ein Gericht von meiner Oma, das war mein absolutes Highlight. Das war natürlich ganz, ganz simpel. Sauce aus Rindfleischgehacktem aber ohne Tomate, mit Mehlschwitze und Lorbeer. Das hat Ewigkeiten gekocht, so vier bis fünf Stunden. Sie hatte damals sogar einen Holzofen, so richtig urig. Die Beilagen waren Nudeln, Kartoffeln und Apfelmus! Das war das Verrückte, das Nudeln und Kartoffeln zusammen gegessen wurden, richtige Arbeiter-Hausmannskost. Da habe ich meine Affinität für das Herzhaft-Süße entwickelt. Es war ein Mega-Impact die vier verschieden schmeckenden Sachen zusammen zu essen. Ich habe die Idee, das im Restaurant wieder aufleben zu lassen, aber es ist nicht so einfach, das kann ganz schnell profan schmecken.
Was hat Sie bewogen, Koch zu werden?
Mir ist das immer noch ein großes Rätsel, woher die starke Affinität dazu kam. Gerne essen ist auf jeden Fall ein Riesenpunkt. Es gibt Kinder und Menschen, für die ist Essen nicht essenziell. Ich hab mich immer super extrem aufs Essen an sich gefreut. Es fing damit an, dass ich meiner Mutter in der Küche geholfen habe zu kochen, irgendwann bin ich selbst zum Bauern gefahren und habe da eingekauft, so mit 12, 13 Jahren. Und habe dann auch selbst zu Hause gekocht, das sah dann immer aus wie ein Schlachtfeld!
Welches Produkt finden Sie zurzeit besonders spannend?
Schweinekinn ist unglaublich toll, das ist im Endeffekt ja auch der „Nose to tail“-Ansatz alles vom Tier zu verwerten. Es muss nicht immer nur der edelste Steinbutt oder Kaviar sein – es kann, aber Gerichte funktionieren auch super ohne. Am Schweinekinn des „Ox & Klee“ ist alles besonders: Wir garen es ganz lange sous-vide, bis es so richtig schön mürbe wird und dann frittieren wir es. Das macht es unglaublich knusprig, innen ist es aber saftig. Einfach nur der Hammer!
Welche Zutaten oder Techniken sind zu Unrecht in Vergessenheit geraten?
In der Top-Gastronomie haben wir so viele Techniken, dass man kaum sagen kann was noch fehlt. Wir machen mehr oder weniger alles. Von Grillen bis Beizen. Auch Techniken, die in den letzten 20 Jahren entstanden sind, da machen wir unglaublich viel. Früher ist die Brauhausküche in der Spitzengastronomie vergessen worden. Wir haben unsere eigene Interpretation des Halven Hahn, wir sind natürlich nicht die einzigen, die das machen. Das kommt auch international gut an, ist ein witziges Highlight. Mit kleinem Kölsch vom Fass. Das Fässchen steht im Gastraum – und den Rest saufen die Köche nach Dienstschluss.
Was ist ein unvergessliches Missgeschick am Herd?
Damals auf dem Petersberg, es war Weihnachtszeit, und mir ist gesagt worden: Nimm alles, was im Kühlhaus ist und mach draus geklärte Butter. Da waren aber auch 40 Kilo dabei, die der Pâtissier brauchte, um die berühmten Stollen in Butter zu tunken. Der ist dann komplett ausgeflippt. Alle Mitarbeiter mussten ausfliegen in verschiedene Supermärkte und haben da alles an Butter aufgekauft, damit wir die Menge zusammenbekamen. Ich konnte Stollen ja noch nie leiden. Wer mag das denn wirklich gerne? Außer man haut ein Kilo Sahne darauf. Dann ist es aber immer noch trocken. Und das ganze Gedöns darin. Bah.
Welches Gericht wollten Sie schon lange mal wieder kochen und warum?
Rinderhochrippe! So richtig schön im Ganzen im Ofen, so ein fünf Kilo Stück, und dann mit Freunden vom Knochen schneiden. Dazu nix Kompliziertes, also einen Salat und ein paar leckere Bratkartoffeln. Hab ich das letzte Mal vor vier Jahren Weihnachten für die Familie gemacht. Jetzt wird es wieder Zeit dafür!
Ihr Haus-Rezept für unsere Leser?
Es ist das erste Gericht, das ich im „Ox & Klee“ im Kranhaus gemacht habe. Das ist richtig spannend, aber nicht zu kompliziert und gut kochbar. Das war ein komplettes Experiment am Anfang. Eine exorbitant krasse Kombination. Das Rindfleisch ist ziemlich roh, quasi bleu, die Jakobsmuschel ist auch roh. Die Kombination aus trocken gereiftem Rindfleisch und frischer Jakobsmuschel ist einfach Wahnsinn.
Jakobsmuschel & Dry-Aged-Beef mit Dill und Beef-Tea
(Rezept für 4 Personen)
Jakobsmuschel
Vier frische Jakobsmuscheln, aus der Schale brechen, in Eiswasser tauchen und auf einem Küchentuch abtropfen lassen, bis sie ganz trocken sind. Direkt längs in drei Scheiben aufschneiden und mit grobem Salz und Piment d’espelette würzen.
Dry-Aged-BeefEine Hochrippe ca. 5 Kg
Den Rinderrücken aus der Hochrippe mit Knochen auslösen und Fett, Sehnen und überschüssiges Fleisch abparieren. Ganz kurz anbraten, so dass das Fleisch von innen noch komplett roh ist. In dünne Scheiben schneiden und mit grobem Salz würzen. Die Knochen und alle Abschnitte beiseitestellen und das restliche Fleisch z.B. einfrieren, um es für einen anderen Tag zu benutzen.
Dry-Aged-Beef-TeaWurzelgemüse:200g Zwiebel, 100g Karotten100g Sellerie, 5 Knoblauch Zehen100g Haselnüsse5 Lorbeerblätter, 5 Wacholderbeeren5 Pimentkörner, 10 schwarze Pfefferkörner5 Nelken , 1 EL Xanthan
Die Knochen bei ca. 190 °C im Ofen abschieben bis sie Farbe bekommen. In einem Topf grobgewürfeltes Wurzelgemüse anschwitzen. Mit fünf Litern Wasser ablöschen und die gerösteten Knochen hineingeben. Alle Gewürze und eine Prise Salz dazu geben und alles auf ca. 2,5 Liter reduzieren. Zwischenzeitlich die Haselnüsse goldgelb im Ofen rösten.
Alles abpassieren und kalt stellen. Das überschüssige Fett abschöpfen und mit dem restlichen Fleisch, welches vorher durch einen Fleischwolf gedreht wurde, kalt verrühren. Jetzt noch die abgekühlten, zerstoßenen Haselnüsse dazugeben und langsam aufwallen lassen. Hierdurch bekommt der Beef-Tea Kraft und wird gleichzeitig klar.Sobald alles aufgewallt ist, nicht weiter kochen, sondern sofort vom Herd nehmen und für 30 Minuten stehen lassen. Den sogenannten Klärkuchen vorsichtig abschöpfen und alles ganz vorsichtig durch ein feines Tuch passieren. Die restliche Brühe auf ca. 1 Liter reduzieren. Nochmals mit Salz abschmecken und leicht mit Xanthan binden. Warm stellen.
Dillpüree:500g Dill, 100g geklärte Butter50g Kartoffel, Salz, Pfeffer, Muskat
Die Kartoffel weichkochen. Den Dill von den groben Strünken entfernen und in kochendem Salzwasser kurz blanchieren, dann direkt in einen Mixer geben. Extrem fein pürieren und die Kartoffel zur Bindung dazu geben, weiter mixen und mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen, sowie die geklärte Butter in die Masse einlaufen lassen. Wenn alles ganz frei und geschmeidig ist, durch ein Sieb streichen und in einen Spritzbeutel füllen.