Green Fashion aus Köln mit AirpaqWie aus Airbags vom Schrottplatz Rucksäcke werden
Einen authentischeren Platz, um Adrian Goosses und Michael Widmann zu treffen, hätten wir nicht finden können: Köln Wesseling, Schrottplatz Fiebelkorn. Denn hier, beim Metall- und Autoverwerter, beginnt die ganze Rucksack-Geschichte. „Ein Auto macht einen Rucksack, so einfach ist die Rechnung“, sagt der 27-jährige Goosses.
Zwischen ausrangierten Nähmaschinen, Ofenrohren und Baucontainern stapeln sich die Autowracks, aus denen sich die zwei Jung-Unternehmer anfangs bedienten, nachdem ihre Idee im September 2015 geboren war: Rucksäcke aus Airbags herzustellen: Zwei Airbags, vier Sicherheitsgurte und ein Gurtschloss sind notwendig, um die praktischen Taschen in vier verschiedenen Farben herzustellen. „Das einzig Neue, was für die Herstellung eines Airpaq-Rucksacks verbraucht wird, sind Nähgarn, Reißverschluss, Farbe und Futter“, sagt der aus Südtirol stammende Widmann. Ansonsten arbeiten sie mit den Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen. Heute noch genauso, wie es in der Aufgabenstellung für ihre Studienarbeit vor zwei Jahren verlangt wurde.
Keine Ahnung von Design
Goosses und Widmann lernten sich während ihres Masterstudiums in Rotterdam kennen. Beide hatten schon einen Bachelor in BWL und entschieden sich für den Masterstudiengang Entrepreneurship: Das Handwerkszeug für erfolgreiche Unternehmensgründung. Aus dem Studienprojekt wurde ein Semesterprojekt und als sie merkten, dass ihre Idee von den Recycling-Rucksäcken gut ankam, entstand daraus ein Start-up-Unternehmen mit Vollzeiteinsatz.
Goosses, der aus Köln stammt, und der 26-jährige Widmann, gewannen einen Wettbewerb, die ersten Modelle bestellten ihre Kommilitonen und Professoren. „Dabei hatten wir wirklich keine Ahnung von Design, geschweige denn vom Nähen. Den ersten Prototyp haben wir von Hand genäht, den Umgang mit der Maschine zeigte mir eine Freundin abends“, erinnert sich Goosses. Der erste Erfolg, mit einem nachhaltigen Produkt den Nerv zu treffen, „hat uns darin bestätigt, weiterzumachen“, sagt Widmann aus Bozen. Sie schlossen ihr Studium ab und gründeten Airpaq im Herbst 2016. Es folgte eine intensive Entwicklungsphase.
Nachdem sie die erste Serie von 100 Rucksäcken im Freundeskreis verteilt und das Produkt nachgerüstet hatten, etwa mit Taschen für Handy, Schlüssel, Laptop, musste eine Lösung für die Finanzierung gefunden werden. Es sollte eine Crowdfunding- Kampagne auf der Plattform Kickstarter werden. „So hatten wir wenig Risiko und sofort einen Schätzwert, ob unsere Idee funktioniert“, erinnert sich Goosses. Durch ihren überzeugenden Auftritt hatten sie im Nu 800 Bestellungen und mehr als 70 000 Euro auf dem Konto.
Produktion in Rumänien
Die Idee, Gepäck aus recyceltem Material herzustellen, ist nicht neu. Der Marktführer, die Schweizer Firma Freitag, macht seit 1993 Taschen aus ausgedienten Lkw-Planen. Deshalb war es für die beiden sicher von Vorteil, auch ihr Kapital auf kreative Art zu beschaffen – und nicht die Ochsentour beim Kreditinstitut anzugehen. „Wir hatten ja nichts außer unserer Idee. Jedenfalls war kein Kapital vorhanden“, sagt Widmann, der den ganzen Sommer zwischen Köln, Bozen und dem rumänischen Temeschwar pendelte.
Denn dort haben sie ihre Produktionsstätte gefunden. Aus dem Familienkreis wurde ihnen die Firma empfohlen. „Uns war wichtig, dass, wenn wir Material schon recyceln, auch der Rest sauber läuft“, sagt Widmann. In der ausgewählten Näherei und Färberei, die ihren Ansprüchen genügte, „geht die Farbe sicher nicht ungefiltert ins Abwasser. Das Wasser wird zu 80 Prozent wieder benutzt.“ Gerade erwarten die Jungunternehmer die erste Lieferung mit 800 Rucksäcken. Die verschicken sie dann nach Kanada, Japan, in die USA... Wie das so ist, wenn man das Business direkt international startet.
Airpaqshttps://deutsch.airpaq.de
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