Henns RestaurantkritikIn Hirschfelds „Prunier Cologne“ speist man im geheimen Separée
Köln – Der Name ist ja schon eine Ansage: Nicht Prunier Köln, erst recht nicht Prunier Kölle, sondern Prunier Cologne, französisch, also Kolonje ausgesprochen. Man versteht sich als Dependance französischer Lebensart. Auch vom Interieur her, das mit seinem Art-Deco-Stil an das Restaurant Prunier in der Pariser Avenue Victor Hugo erinnert. Willkommen im mondänen Paris – und das in der Kölner Altstadt! Im Vorderraum findet sich eine kleine Feinkost-Boutique, in der man unter anderem den aus Frankreich stammenden Prunier-Kaviar und den aus der Schweiz kommenden Balik-Lachs erwerben kann, die beiden zentralen Produkte des Hauses. Der Gastraum liegt dahinter, nur wenige Plätze, fensterlos, wie ein geheimes Separée.
Zutaten aus vielen Landesküchen
Da kann einen als Gast schon mal Schwellenangst überkommen, aber das freundliche Serviceteam um Restaurantleiterin und Sommelière Ronja Morgenstern sorgt dafür, dass man sich auf Anhieb willkommen fühlt. Es braucht auch niemand Sorge zu haben, das Portemonnaie hier bei jedem Besuch weit aufmachen zu müssen. Neben dem großen Abend-Menü gibt es mittags ein kleines für 32 Euro, und à la carte zum Beispiel ein köstliches Schaumsüppchen von Esskastanien für 13 Euro oder einen Pasta-Gang für 19 Euro. Dasselbe gilt für die sehr frankophile Weinkarte.
Natürlich kreisen viele Gerichte, vor allem à la carte, um Kaviar und Lachs, aber gerade in den Menüs finden auch andere Zutaten ihren Platz. Die große Überraschung ist, dass die Menüs keineswegs klassisch-französisch ausgerichtet sind. Enrico „Enno“ Hirschfeld kombiniert Zutaten aus vielen Landesküchen, orientiert seinen Stil dabei an der Harmonie und Eleganz, für die viele Klassiker der Grande Nation bekannt sind. Das Lachs-Sashimi serviert er zur Blüte gerollt auf einer feinwürzigen Rauchmandel-Pannacotta, der Kaviar und kleine Gurkenwürfel Salzigkeit und Frische verleihen.
Handwerkliches Können im Prunier
Pochierten Skrei begleitet er – neben Lauchpüree – überraschend mit Entenbrühe und ein wenig rosa Ingwer, was ein ebenso komplexes wie fein süßliches Ganzes ergibt. Rosa gegarte Bresse-Taube findet sich mit Kerbelwurzel, Shiitake und Crue de Cacao (geröstete und fein zerstoßene Kakaobohnen) auf dem Teller, wodurch ein sehr subtiles Spiel der Aromen entsteht, das die Taube niemals überdeckt. Das Dessert mit gebrannter Schokolade, Orangen-Chicoree und Zitrone ist in seiner zurückhaltenden Süße und aufgrund der feinen Bitternoten sehr modern und überhaupt nicht ermüdend.
Bei allen Gerichten achtet Enrico Hirschfeld auf die Eatability und richtet häufig mittig an, so dass alle Komponenten ihren Weg automatisch auf die Gabel finden. Insgesamt: sehr gute Produkte, handwerkliches Können, individueller Stil. Beim Abschied summe ich „Fronkreisch, Fronkreisch“.
Fazit: Unsere „Neueröffnung des Jahres 2021“ entwickelt sich prächtig!Bewertung: Fünf von sechs Sternen
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Probiertes
Abend-Menü: Fünf Gänge 115 / 4 Gänge 99 € (vegetarisch 89 / 79 €)
Mittags-Menü: Zwei Gänge 32 € / Drei Gänge 39 €
Am Hof 48, 50667 Köln, Tel. 0221-71 59 55 20Öffnungszeiten: Di-Sa 11-23 Uhr, Küche 12-21.30 Uhr