In dieser Folge der Serie „Wandertag Extra“ zeigen wir „Hopfenhöhlen“ und Entdeckungen am Bierweg – Bierwandertag an diesem Sonntag (22.9.)
Wo Kölsch im Boden schlummertTour zum Nachwandern im oberbergischen Brauereiort Wiehl-Bielstein
Nicht nur die jungen Wanderer staunen, als sich Papa neben der Bank bückt – und eine Nummer in das Zahlschloss an einem Deckel im Boden eingibt. Gleich darauf springt das Schloss auf, der Vater nimmt den Deckel ab und hebt einen mehrstöckigen Träger mit Getränkeflaschen von der alkoholfreien Brause bis zum bergischen Bier aus dem kühlen Boden. Die Überraschung ist gelungen. „Hopfenhöhlen“ heißen die Erdkühlschränke entlang des Bergischen Streifzugs Nummer 17, die auf dem Bierweg des Bergischen Wanderlands für besondere Überraschungsmomente sorgen. Denn auf Vorbestellung füllt ein örtlicher Gastronom die Höhlen mit kühlen Getränken und gibt dem Buchenden die Zahlenkombination für das Hopfenhöhlenschloss mit auf die 13,4 Kilometer lange Rundtour (siehe unten „Start, Ziel und Informationen“).
Und die Hopfenhöhlen sind nicht das einzige Spannende, das sich am Wegesrand entdecken lässt. „Man könnte froh sein, wenn die Luft so rein wäre wie das Bier“, soll der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker einmal gesagt haben und damit auf das Lebensmittel angespielt haben, für das bereits seit mehr als 500 Jahren strenge Qualitätsvorgaben existieren. In Zeiten sensiblen Verbraucherschutzes kommt das Reinheitsgebot, demzufolge Bier ausschließlich mit Gerste, Hopfen und Wasser hergestellt werden darf, als wahre Pionierleistung daher. In Bielstein wird seit mehr als hundert Jahren Bier gebraut. Auch die Gründung der örtlichen Brauerei war eine Pionierleistung. Schließlich ging Ernst Kind ein ordentliches Risiko ein, als er die 1871 mit seinem Schwager Karl Kattwinkel gegründete Spinnerei und Lumpenreißerei Ende des 19. Jahrhunderts in eine Brauerei umbaute und sich in der bayerischen Brauerschule Weihenstephan in der Kunst des Brauens ausbilden ließ.
Am 5. September 1900 verließ das erste in Bielstein hergestellte Bier die neue „Adler Brauerei GmbH“. Heute heißt das Familienunternehmen „Erzquell Brauerei“ und wird uns am Ende der Tour wieder begegnen. Denn zunächst machen wir uns auf die Spurensuche nach den Rohstoffen des Getränks, das heute weit über die Ortsgrenzen hinaus in vieler Munde ist. Für den Einen macht der Hopfen die Seele des Biers, aus, für einen Anderen das Malz, und für den Dritten die Hefe. Rechnerisch den größten Anteil aber hat eine ganz andere Zutat: Mehr als 90 Prozent jeder Biersorte besteht aus Wasser.
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Die Bielsteiner Brauer sicherten sich daher schon früh eine eigene Quelle beim Örtchen Linden. Von dort führt eine eigene Wasserleitung zur Brauerei. Auf dem Weg nach Linden wandern wir bald auf einer alten Bahntrasse das Bechtal hinauf. Bis Ende der 1950er Jahre verkehrte hier der „Rasende Homburger“ als Kleinbahn Richtung Waldbröl. Malerisch ist der Weg, der am Bechbach entlang führt. Bald steigen wir links in Richtung einer Bergkuppe hinauf, auf der sich einst eine frühzeitliche Fliehburg befand. Ausblicke ins Tal wechseln mit Waldpassagen ab. Ganz anders sieht die Landschaft dort aus, wo das Bier seine Wurzeln hat. Erste Vorläufer des uns geläufigen Gerstensaftes wurden wahrscheinlich bereits vor 10 000 Jahren im Norden der Arabischen Halbinsel und im Westen des heutigen Iran gebraut. Wohl durch Zufall hatten die Menschen dort herausgefunden, dass Getreidebrei nach einigen Tagen zu gären beginnt. Getreide lagerten sie nämlich häufig in unterirdischen Speichern, die selten vollkommen wasserdicht waren.
In Ägypten ließen findige „Brau-Pioniere“ halbfertig gebackenes Brot absichtlich mit Wasser vergären. So avancierte Bier zum Grundnahrungsmittel: Arbeiter, die beim Pyramidenbau beschäftigt waren, erhielten täglich zwei Krüge Bier und dazu drei bis vier Brote. Eine Brotzeit mit einem kühlen Getränk käme auch uns gelegen, nachdem wir von der Brauerei-Quelle nach Hengstenberg hinaufgestiegen sind. Bis zur ersten Einkehr allerdings dauert es noch eine Weile – es sei denn wir sind am Brauereiwandertag unterwegs (siehe „Informationen). Bei Hengstenberg erfahren die Wanderer nicht nur, wie aus Gerste Malz hergestellt wird, sondern auch, dass Kölsch und Altbier mehr gemein haben, als der Laie vermutet: Die Hauptgetränke in Köln wie in Düsseldorf sind beide obergärige Biersorten. Die Tradition des Kölschs lässt sich bis ins frühe Mittelalter zurückverfolgen. Seit dem Jahr 874 wird in der Domstadt das hellgelbfarbene, hopfenbetonte Bier gebraut, das bei Temperaturen zwischen 15 und 25 Grad Celsius vergoren wird. Dabei steigt die Hefe an die Oberfläche. Kölsch zählt deshalb wie Alt- und Weizenbier zu den obergärigen Bieren.
Die von 24 Brauereien unterzeichnete „Kölsch-Konvention“ aus dem Jahr 1985 schließt auch Wiehl-Bielstein in den „Herkunftsbereich“ ein, in dem ein „nach dem Reinheitsgebot hergestelltes helles, hochvergorenes, hopfenbetontes, blankes obergäriges Vollbier“ den Namen „Kölsch“ tragen darf. Beim Brauen werden je nach Bierart unterschiedliche Hefen verwendet. Dies sind mikroskopisch kleine Einzeller, die fast überall in der Natur vorkommen und nicht nur die alkoholische Gärung durchführen, indem sie den in der Bierwürze enthaltenen Zucker zu Alkohol und Kohlendioxid umwandeln, sondern die auch einen erheblichen Einfluss auf den Geschmack des Bieres haben. Im Gegensatz zu Kölsch ist Pils ein untergäriges Bier.
Für diese Art der Gärung werden neben anderen Hefearten auch niedrigere Temperaturen zwischen vier und neun Grad Celsius benötigt. Daher fand diese Brauart erst seit der Erfindung der ersten Kältemaschine durch Carl von Linde im Jahr 1873 eine größere Verbreitung. Zu den untergärigen Bieren zählen auch „Lager“ und „Export“, die allerdings weniger stark „gehopft“ sind. Wie Hopfen aussieht, können wir auf einem eigens angelegten Feld in Gassenhagen sehen. Die Kletterpflanze gilt auch als „Seele des Bieres“, weil sie dem Bier sein spezifisches Aroma verleiht. Zum Bierbrauen werden die weiblichen Blüten, die sogenannten Dolden, der Hopfenpflanze verwendet.
Entscheidend für den Brauvorgang sind die darin enthaltenen Bitterstoffe und ätherischen Öle. Die Bitterstoffe sorgen übrigens auch für die Haltbarkeit der Schaumkrone auf dem Bier. Diese entsteht beim Eingießen, wenn sich die im Gärprozess entstandene Kohlensäure mit dem Eiweiß aus der Gerste zu kleinen Blasen verbindet. Da bekommt man ja richtig Durst. Ein Glück, dass es bis zu den Einkehrmöglichkeiten am Weg nun nicht mehr weit ist, bevor wir wieder hinunter nach Bielstein steigen, wo weitere Gastronomie zu finden ist und zum Abschluss in jedem Fall ein Blick durch ein Brauerei-Fenster auf die Kupferkessel der Erzquell Brauerei lockt. Ein Getränk – gerne auch alkoholfrei – bildet freilich erst das wirklich krönende Finale der Tour.
Start, Ziel und Informationen
Start/Ziel: Bahnhofsplatz Schlanderser Straße, 51647 Wiehl-Bielstein Länge/Dauer: 13,4 km, ca. 4. Std. Karte/GPS-Daten: Wanderkarte Bergisches Land, Karte 4, hg. v. Das Bergische; GPS-Daten unter dem Suchbegriff Bierweg (Bergischer Streifzug Nr. 17) auf der Internetseite des Bergischen Wanderlands: www.bergisches-wanderland.de Profil: Die Route verläuft über verkehrsarme Sträßchen und zahlreiche gut ausgebaute Wald- und Wirtschaftswege. Dabei geht es bis zur Hälfte mehr bergauf, im zweiten Teil mehr bergab.
Anfahrt: Mit Pkw: Von Köln A 4 Richtung Olpe bis Ausfahrt Bielstein. Auf der Querstraße (L 302) ins Tal fahren. Dort an der Kreuzung rechts abbiegen und nach 1,3 km rechts in die Bielsteiner Straße abbiegen. Nach 600 m links auf den Bahnhofsplatz, links davon befindet sich der Parkplatz Dreibholzer Straße (nur im hinteren Bereich ohne Parkscheibe). Mit ÖPNV: Von Köln mit der RB 25 bis Dieringhausen und weiter mit Bus Linie 302 und 304 Richtung Waldbröl bis Bielstein Busbahnhof.
Einkehrmöglichkeiten: Haus Kranenberg, Bielsteiner Straße 92, 51674 Wiehl-Bielstein, Tel. 02262/ 7 97 65 98, geöffnet Mi 11-14 Uhr/17-22 Uhr, Do-Sa 17-22 Uhr, So/feiertags 11-21 Uhr. www.haus-kranenberg.de Krahmer Scheune, Krahm 9, 51588 Nümbrecht, Tel. 02262/62 20 oder 0151/40 33 14 00, geöffnet Mai- Sept. alle zwei Wochen Fr-Sa 17–23 Uhr, So 14–18 Uhr, feiertags 12-23 Uhr krahmer-scheune.de.tl
Brauereiwandertag: Am Sonntag, 22. September, veranstaltet die Erzquell Brauerei ab 10 Uhr einen Wandertag mit Touren auf dem Bierweg, Verpflegungsstationen unterwegs und Programm auf dem Brauereihof in Wiehl-Bielstein. Dort starten auch um 10.30 Uhr und 11.30 Uhr geführte Touren. Diese und weitere Termine in den Bergischen Wanderwochen: www.bergische-wanderwochen.de Extra-Tipp: Vor einer Wanderung kann die Füllung eines Erdkühlschranks mit Getränken gebucht werden, die sich dann per Zahlencode unterwegs entnehmen lassen. 30 Euro für 15 Flaschen, Buchung über: www.bergischer -bierwerg.de
Buchtipp: „Die Bergischen Streifzüge“, Bachem-Verlag, 2. Auflage 2021, 192 Seiten, 14,95 Euro
Die Tour
1) Auf dieser Tour immer der weißen „17“ auf rotem Grund des Bergischen Streifzugs Bierweg folgen. Vom Busbahnhof Bielstein der Schlanderser Straße parallel zur Wiehltalbahn folgen. Auf der Querstraße am Bahnübergang rechts gehen, dann links in die Straße „An der Mühle“, an der Kreuzung links in die Jahnstraße, dann rechts auf einen Weg, der zu einer ehemaligen Bahntrasse führt. Dieser nach rechts bergan folgen, bis die Trasse einen Pfad quert. Diesem nach links ins Tal folgen, um dort auf dem Weg rechts bald an einem Bach entlang talauf zu wandern. Nach gut 300 m an einer Kreuzung scharf links abbiegen, bergauf und durch eine Rechtskehre wandern, dann am Hang entlang über eine Wiese und am Waldrand entlang. Einen Abzweig links liegen lassen und bis in eine Wohnsiedlung gehen. Dort geht es rechts hinunter zur Lindener Straße, auf dieser rechts bis zur Brauerei-Quelle.
2) An der Brauerei-Quelle links in die Straße „Auf der Brache“, ihr durch eine Linkskurve und über eine Querstraße folgen, bevor wir bald rechts auf einen Pfad wechseln. Die Lindenbergstraße überqueren, hinaufsteigen zu Querweg und auf diesem links nach Hengstenberg wandern. Der Straße nach rechts wieder vom Ort weg folgen und dann links auf einen Wiesenweg. Immer geradeaus, bald an einem Waldrand entlang und über eine Wiese bis zu Querstraße und dieser rechts bergab nach Faulmert folgen. Im Ort auf einem Wirtschaftsweg geradeaus gehen und dann der Straße geradeaus folgen. Am Friedhof entlang zur Mühlener Straße, diese überqueren und geradeaus in die Nebenstraße und dieser nach Niederbellinghausen folgen. Am Ortsende rechts auf die ehemalige Bahntrasse wechseln, diese nach 470 m nach links verlassen, um hinauf nach Gassenhagen zu wandern. Dort der Straße durch eine Rechtskurve folgen und gegenüber dem Hopfenfeld scharf rechts abbiegen.
3) Auf der Höhe dem Weg über Kreuzungen hinweg folgen, bis er an einer T-Kreuzung auf einen Querweg stößt. Hier geht es nach rechts und bei nächster Gelegenheit links hinunter nach Nallingen, dort auf der Querstraße rechts, durch Krahm und auf Straße hinauf in den Wald. Nach 130 m rechts auf einen Weg wechseln.
4) An einer Kreuzung dem breiten Weg scharf nach links folgen, bald die Kreisstraße überqueren und nach 420 m an einer T-Kreuzung links gehen.
5) Am Ortsrand von Damte hinter dem letzten Grundstück rechts und im Ort der Straße links bergab folgen. Nach 310 m links auf einen Wiesenweg, auf dem Querweg hinter den Grundstücken rechts, nach wenigen Metern nach links in spitzem Winkel kehren und hinunter ins Tal steigen. Auf der Uelpestraße kurz links, um dann rechts in die Brindöpkestraße abzubiegen. Bald geradeaus gehend der Straße Kirberg folgen, dann auf der Burgstraße nach rechts hinunter zur Bielsteiner Straße. An dieser rechts, an der Brauerei vorbei, dann bald nach links in die Bahnhofstraße zum Ausgangspunkt.
Weitere Folgen der „Wandertag-Extra“-Serie
Weitere Folgen der „Wandertag Extra“-Serie sind auf dem Bauernhofweg bei Lohmar, dem Kräuterweg in Neunkirchen-Seelscheid und dem Mühlenweg in Kürten erschienen.