Obwohl das Urteil erst kommende Woche erwartet wird, wurde einer der beiden Angeklagten aus der U-Haft entlassen.
Angeklagter verpasst Geburt seines SohnesNizza-Krawalle: Kölner Gewalttäter weint im Prozess
Die Szenen könnten gegensätzlicher kaum sein: Auf einer Leinwand hinter dem Richtertisch laufen Videobilder der Ausschreitungen von Nizza. Französische und deutsche Gewalttäter bewerfen sich im Stadion mit Absperrpollern und Bengalo-Fackeln, wie entfesselt, völlig außer Kontrolle.
Auch der 30-jährige Lagerist auf der Anklagebank ist auf den Bildern zu sehen. Er räumt ein, eine brennende Fackel sowie eine laut Staatsanwaltschaft „runde Metallplatte“, die zuvor auf die Kölner Gewalttäter geschleudert worden waren, aufgehoben und zurückgeworfen zu haben.
Kurz nach dem Videostudium schießen dem Mann im Gerichtssaal die Tränen in die Augen. Er holt ein Taschentuch hervor und schnäuzt sich, während sein Anwalt Dietmar Bonn das Gericht bittet, seinen Mandanten nach vier Monaten Untersuchungshaft wenigstens bis zum nächsten Prozesstag in der kommenden Woche von der weiteren U-Haft zu verschonen. Es bestehe keine Wiederholungsgefahr mehr. Sein Mandant sei Vater geworden, während er im Gefängnis saß. Er habe viel reflektiert und werde den weiteren Kontakt zu Spielen des 1. FC Köln meiden.
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30-jähriger Lagerist legt Geständnis ab und bekundet Reue
Der Angeklagte selbst zeigt Einsicht: „Ich bereue zutiefst, was ich getan habe. Ich habe mir, meiner Familie und dem FC Schaden zugefügt, ich möchte mich in aller Form entschuldigen.“ Das Gericht lässt ihn am Ende des ersten Verhandlungstages nach kurzer Beratung vorerst frei.
Im zweiten Gerichtsprozess gegen Beteiligte der Randale von Nizza beim Europapokalsiel des 1. FC Köln im September vorigen Jahres ist am Dienstag noch kein Urteil gefallen. Angeklagt sind die beiden Kölner wegen gefährlicher Körperverletzung, versuchter gefährlicher Körperverletzung und besonders schweren Landfriedensbruchs. Vor einer Woche war in Bergisch Gladbach ein Gerüstbauer wegen seiner Beteiligung an den Krawallen zu 18 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt worden. Er hat Berufung eingelegt.
Randale in Nizza: Angeklagter Maler bestreitet Vorwürfe teilweise
Den beiden Männern in Köln wird außerdem zur Last gelegt, sich als Spieler an der Prügelei nach einem Amateurfußballspiel vor einem Jahr beteiligt zu haben. Der Lagerist bestritt diese Vorwürfe, der zweite Angeklagte will sich nicht zu dem Vorfall äußern.
Der 31-jährige selbstständige Maler und Lackierer räumte ein, in Nizza einen Absperrpoller in Richtung von Ordnern und Polizisten geworfen zu haben, bestritt aber, einen Ordner geschubst und einen am Boden liegenden französischen Ultra-Fan getreten zu haben. Die Videoaufnahmen des angeblichen Tritts sind nicht eindeutig, Staatsanwaltschaft und Gericht haben sie am ersten Verhandlungstag noch nicht bewertet.
Der 31-Jährige, ebenfalls Vater eines wenige Monate alten Sohnes, habe sich seit den Vorfällen in Nizza von der aktiven Kölner Fanszene gelöst, in der er seit mehr als zehn Jahren verkehre, sagte er – nicht aber von guten Freunden aus der Szene, mit denen er weiterhin Kontakt habe. Zum Fußball gehe er nicht mehr mit, das ekele ihn an.
Kölner Polizist berichtet von Sicherheitsmängeln beim Spiel des 1. FC Köln in Nizza
Habe er früher als Ultra-Anhänger mit Gewalt beim Fußball den „Kick am Wochenende“ gesucht, hole er sich diesen Kick nun eher beim Angeln mit Freunden oder beim Spielen mit seinem Sohn, sagte der 31-Jährige, flankiert von seinem Anwalt Tobias Westkamp.
Ein Kölner Polizist, der als „szenekundiger Beamter“ in Nizza war, berichtete als Zeuge vor Gericht von erheblichen Sicherheitsmängeln im Stadion, fehlender Sektorentrennung und zu wenig Ordnerpersonal. Der Verein und die französische Polizei hätten die Sicherheitshinweise der Kölner Beamten und des 1. FC Köln am Tag vor dem Spiel aber nicht befolgt.
Der Prozess wird am kommenden Dienstag fortgesetzt, dann ist auch mit einem Urteil zu rechnen.